I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 18

ins Freie
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23. Der Nei
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Die 3. Fortsetzung der Novelle „Ein unpersönlicher
kannten „Wiener Note“ stammen alle aus dieser Zeit. Schnitzler h
Meusch“ von Paul Heyse befindet sich auf Seite 27.
Heute freilich sind das nur noch dürre Banalitäten; in¬
Weg stellten
dessen, daß im Herbst die Blätter welken, beweist nichts
Reife, inde
gegen den Frühling ...
VFeuilleton.
bis die fehl
#
geht und d
Eine ganze Saat ist seither in die Halme geschossen;
Der Weg ins Freie.
selber kam.
Novellen, Stücke und Gedichte, die alle dem Wiener
zu warten,
Boden entsprossen, die Wiener Marke trugen. Der literar¬
Selten noch ist ein Buch freudiger erwartet worden.
es geben kor
historische Schnitter mäht's und bemerkt dazu: Jung¬
als dieser neue Roman von Arthur Schnitzler— und
Früchte reif
Wien. Nur gerade der Roman wollte nicht wachsen.
das nicht nur um des heute schon illustren Namens
nicht sich sel
Wir haben zwanzig Dramen, die man mit hinreichender
seines Autors willen, sondern vor allem, weil mit dem
andere Hem
Erscheinen dieses Werkes eine lang gehegte österreichische
Berechtigung als „Wiener Komödien“ bezeichnen kann,
schaftl
und nicht einen Roman, in dem sich das Leben
Hoffnung in Erfüllung geht. Keine ganz junge Hoff¬
beseitig
nung mehr; sie stammt aus dem Beginn der Neunziger¬
unserer Stadt in seiner Totalität zeitgemäß spiegeln
einheitli
jahre, ist also immerhin schon anderthalb oder zwei Jahr¬
würde. Woran liegt das? Zunächst wohl daran, daß jene
argume
jungen Wiener, die damals, in den Neunzigerjahren, das
zehnte alt, und das ist etwas viel für eine Hoffnung, denn
schwieg;
neue literarische Programm aufstellten, durchwegs jung
Hoffnungen und Träume altern rasch. Ja, so lange
aber war da
waren. Die Jugend aber disponiert nicht zu Romanen
etwa ist es her, seitdem das literarische Selbstbewußtsein
einfach um
— wenigstens nicht zu geschriebenen. Die Jugend ist
unserer Stadt erwacht ist und die Sehnsucht nach einer
Tatsache,
ach! eine dramatische Zeit. Der alternde Literat Nürn¬
„Wiener Komödie“ einem Wiener Roman“ zum ersten¬
Waru#
mal laut wurde. Nicht als ob nicht auch schon früher
berger, eine der Nebenfiguren des Schnitzlerischen Werkes,
vielleicht,
sagt ein gar feines und nachdenkliches Wort. „Ueberall,“
Stücke, die in Wien spielten, und Romane, die hier zu
diesen
Hause waren, geschrieben worden wären. Aber es ge¬
meint er, „darf man gerecht sein, nur nicht im Drama.“
heißt: Der
schah gleichsam hinter dem Rücken der Literatur, der
Ja, und eben darum schreiben alle jungen Dichter
Georg
großen nämlich, die zu jener Zeit sich noch kosmopolitisch
Dramen. Weil die Jugend ungerecht ist.... Insoweit
geht ihn,
schminkte und über alle Grenzen schielte. „Das Allge¬
also lag es an den Schriftstellern, wenn wir bislang hindurch
meinmenschliche“ sagten die Dichter damals, warfen sich in
keinen Wiener Roman hatten. Zur anderen Hälfte aber
wie der K
die Brust und schauten schwärmerisch und unbestimmt
lag es an Wien. Der Roman nämlich setzt, ähnlich dem
wie so viel
Lustspiel, eine Gesellschaft voraus. Das macht ja beispiels¬
ins Weite. Dabei verloren sie allgemach den Boden
inft, K
unter den Füßen. Dann aber kamen die Jungen und
weise gerade den Reiz der guten Pariser Romane aus,
Lieder
stellten eine neue Theorie auf. Sie sagten: Das Allge¬
daß sich in ihnen alle Stände, Klassen und Berufe
, da
meinmenschliche kann sich nur aus dem Besonderen ent¬
mischen, wie in einem guten Pariser Salon. Wir aber,
Absicht traß
wickeln, und das Besondere muß naturgemäß irgend¬
in unserem vom Parteihader zerklüfteten, von Vorurteilen
keinesweg
wo wurzeln: man muß mit dem Nächstliegenden an¬
umschränkten, vom konfessionellen Haß unterwühlten
der Gese
fangen. Sie ließen die Luft und betrachteten lieber den
Wien haben seit langem schon keinen repräsentativen
bei all dem
Boden; sie gaben ihren jungen Werken eine heimatliche
Salon mehr. Darum haben wir auch kein Lustspiel und
nähert, der
keinen Roman.
Färbung, ihren Menschen vertraute Namen, und sie hörten
an der ang
der Natur ohne Unwillen zu, auch wenn sie einen leisen
Oder richtiger: Wir hatten keinen. Denn der „Weg
Ziel und
Dialekt sprach.
Die lieben
alten Schlagworte vom
ins Freie“ ist ein Wiener Roman, nicht nur eln Roman,
päck deklarier
„Erdgeruch“ der „Bodenständigkeit“ und der sattsam be¬ der in Wien spielt, und das ist seine Bedeutung. Situation au
Hochschule überhaupt unmöglicheu#
machen.
Prinz Aloig Liechtenstein über-Professor
Dr. Adolf Harnack.
Wien, 2. Juni.
Von einem Wiener Hochschuldozenten, der ein Schüler
Adolf Harnacks in Berlin ist und dem berühmten
Gelehrten auch persönlich nahesteht, erhalten wir ein
Schreiben, dem wir folgendes entnehmen:
„Von den, was Prinz Liechtenstein gestern im Ab¬
geordnetenhause über Professor Harnack sagte, beruht nicht
ein Wort auf Richtigkeit. Es ist unrichtig, daß Harnack
vom Lehramte entfernt wurde; vielmehr liest er wie
immer noch seine grundlegenden und stark besuchten
Kollegien über Kirchengeschichte und Dogmengeschichte an
der theolovischen Fakultät der Berliner Universität. Von einer