I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 233

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Sapkt und Brillanten, wird auch bei einer Brosche verwendet. Das
alles ist natürlich nur für Leute geschaffen, die etwas verstehen. In
einer Zeit, welche im Zeichen der Perle steht, werden blitzende Effekte
gemieden. Es gibt nur einen Effekt: äußerste Zurückhaltung, sich nicht
merken lassen, wie lostbar etwas ist. Den Gipfelpunkt dieses Prinzips
bedeutet wohl eine Brosche in Maschensorm, die man aus einiger Ent¬
fernung für Silberfiligranarbeit halten könnte. Es sind aber lauter
Brillanten.
Fast nicht minder kostbar sind die Erzeugnisse des Kunstgewerbes,
die auch am Kohlmarkt zu sehen sind. Da sind Vasen, die der inzwischen
bereits verstorbene Meister Gallé noch mit eigener Hand modelte und
malte und die im Preise entsprechend boch stehev. Unerklärlich bleibt
es dem Laien, wie dem sprödesten aller Materialien diese feinsten plasti¬
schen Dekors abgewonnen, wie diese subtilsten Farbenunterschiede ge¬
geben werden konnten. Marmorstatuetten des Kaisers und der Kaiserin,
die für Wien neu sind, fesseln den Blick. Das Abbild weiland der
Kaiserin ist dem Monument in der Budapester Elisabethkirche nach¬
gebildet. Als Pendant dazu wurde vom Bildhauer Klotz eine Statuette
Sr. Majestät des Kaisers angefertigt. Se. Majestät erfuhr durch einen
Zufall von dem Entstehen dieses neuen Kunstwerkes und ließ sich das¬
selbe von Bildhauer Klotz zeigen. Bei diesem Anlasse hatte der Künstler
Gelegenheit, an seinem Werke noch einige Korrekturen vorzunehmen,
so
bezüglich der Sr. Maiestät eigenen typischen Körperhaltung — stärker
aufs rechte Bein gestützt, den Kopf ein wenig zur Seite — dann be¬
züglich der Ringe, die der Monarch zu tragen pflegt. — Der Geist der
Noblesse ersinnt auf allen Gebieten Neues. So werden jetzt aus Japan
Tisch= und Menükarten mit ungewöhnlich seinen Lackzeichnungen im¬
portiert, meist dasselbe Motiv, ein Berg und die aufgehende Sonne, in
verschiedenen Varianten. Die Sachen sind im Preise ganz billig.
Was man natürlich von den Bronzen französischer Meister
nach wie vor eines der vornehmsten und kostbarsten Geschenke — nicht
behaupten lönnte. Mercier und Raoul Larche stehen an der Spitze. Voll
herber Schönheit ist dieses Künstlers „Zwölfjähriger Christus im Tempel
predigend. In den verschiedensten Stellungen kehren zwei Kinder mit
einem Korbe wieder; der Korb als Blumenbehältnis gedacht. Einem
französischen Atelier entstammt auch ein reizendes Paar, Pierrot und
krette, aus Goldbronze und Elfenbein. Man wandert durch d
mne weiter und glaubt mitunter eine dieser bizarren Beschreibungen
wleiten zu durchwandern wie Oskar Wilde sie liebt. Schalen
Stein geschnitten mit byzantinischen Umrahmungen, in welche farbige
lbedelsteige eingesetzt sind; ein Lampenschirm von Tiffany aus
ufenden von kleinen bunten Glasstücken zusammengesetzt, der ebenso
e Kronen kosten dürfte. Man braucht natürlich nicht zu befürchten,
daß das die einzigen Geschenle sind, die man anständiger Weise machen
darf. Sehr beliebt sind Miniaturen in den verschiedensten Umrahmungen
und Fassungen. Dann findet man auch hier Damentäschchen in ver¬
schiedenen Fassons. Selbstverständlich nicht diese unmögliche „Indianer¬
tasche“, die besonders in Deutschland so beliebt ist, sondern
alles glatt, ohne Dekors, nur durch die Fläche des
schönen Leders wirkend, mit einem schmalen gegliederten Goldrand.
Doch nun in die Welt der Geister: zu den Büchern. Ein Seufzer
der Erleichterung: Es gibt kein Saisonbuch, das einem „aus allen Ecken
allen Flecken entgegengrinsen würde. Man wird das höflich=wütende
Lächeln, mit der man sonst der liebenswürdigen Tischdame zu erklären
pflegte, daß man auch dieses Buch nicht gelesen habe, schon deshalb
nicht, weil man nicht jeden Abend über dasselbe Buch zu reden geneigt
e man wird also dieses Lächeln auf ein Jahr in die Requisiten¬
kammer zurückstellen können. Vielleicht auch nicht einmal auf ein ganzes
Jahr. Der Buchhändler der Intellektualität — in einem rückwärtigen
Raum seines Geschäftes werden an schönen Abenden die jungen Dichter
Freiheit vorgeführt — erklärt, daß es jetzt überhaupt keine eigentliche
Buchsaison mehr gebe. Im Frühsommer und im Frühberbst erscheinen
die meisten Bücher, jene, die interessieren, werden mit sturmartiger
Aebemenz gekauft, dann tritt naturgemäß Ruhe ein. So wird jetzt vor
hnachten „Der Weg ins Freie“ nur ganz wenig verlangt, aus dem
ichten Grunde, weil ihn jeder (bitte: jeder) mit aufs Land ge¬
men hatte. Aehnlich geht es mit den Essays von Johannes
Jensen. Dagegen werden jetzt die jüngst erschienene „Rahl“
Hermann Bahr und die beiden Romane von Bartsch
gelesen. Bezeichnend für die Geschmacksrichtung des
kums sind vor allem drei Beobachtungen: daß es Neuerscheinungen
isch gegenübersteht (arme junge, in Freiheit vorgeführte Dichter);
önen bibliophilen Neuausgaben alter Werke — wie „Don
in der „Insel“=Ausgabe, dann die neue schöne Vpitaire¬
sehr wohlgeneigt, aber auch Werken jüngsten Datums mit
Ausgabe
el###ösmpstischem Einschlag nicht abgeneigt ist. Dann aber ist einer,
er noch immer in jeglicher Gestalt sein reichliches Publikum findet:
Als seltsamer Gegensatz dazu mutet die etwas spielerische
bethe.
Neigung des Publikums an, Werke mit guten künstlerischen Illustrationen
stark zu bevorzugen. So Leischings „Aus dem Tagebuch eines alten
eners“, „Das Buch der Mode im 20. Jahrhundert“ usw. Man wird
ins Freie
Neo
23. Der
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