ins Freie
23. Der We
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diese ersten, flüchtigen Eindrulle werden dann durch die geschlossen
ektüre des Buches so ziemlich bestätigt. Die Favel des Romanes und
eine beiden Hauptgestalten verblassen und verschwinden einigermaßen
neben den übrigen, viel kräftiger ausgeführten Partien, und das ist
entlich sehr schade, denn es ist eine überaus dichterische Fabel, die
in dem komplizierten Buch wie eine schlichte Novelle eingekonselt ist,
nd es sind zwei überau seine Gestalten, dieser Georg v. Wergenthil
und diese Pu## Rosner, der durch spielerischen L##ensgenuß und
Träumerei ins Dilettierende geratene Komponist, und die Klavier¬
ehrerin, die beinahe Opernjängerin##orden wäre. Beide empfinden
das Dasein im oberen Kreise ung und unbehaglich, ohne Sinn und
iel, und das treibt sie instinktiv zusammen, sie fangen ein Ver¬
Liebe und Zärtlichkeit eine so wunderbare, bei aller Aufrichtigkeit reine
dkeusche Schilderung gefunden. Wie in beiden das Elternbewußtsein
rwacht, wie die Sehnsucht nach dem Kinde sie in ner inniger zu¬
ammenhält, das hat Schnitzler mit künstlerisch taktvoller Verwertung
sychologischer und pbysiologischer Kenntnisse dargestellt. Und dan
#.s das Kind tot zur Welt kommt, was für Georg das Ende aller
bürgerlichen und verliebten Pläne und den Anfang einer ernsten,
trengen Künstlerschaft bedeutet, da erhebt sich diese simple Wiener
Liebesgeschichte zu erstaunlicher und ergreifender Größe. So schlicht
und innig die Gestaltung dieser Fabel ist so kompliziert und subtil
ist alles übrige im Roman. Die Ausschnitte aus den aristokratischen
und jüdischen, aus den literarischen und politischen Kreisen des Wien
von heute sind durchsetzt mit verblüffend scharfen Beobachtungen, mit
einer kostbaren und weisen Nachdenklichkeit, die den ganzen edeln,
ittlichen Ernst zeigt, mit dem Artur Schnitzler an diesem Buch ge¬
arbeitet hat. Aber so wertvoll und charakteristisch dies alles auch ist,
r und künstlerischer Hinsicht wird das Buch durch diese
in techt
Fülle von Nebenfiguren und Nebenproblemen zweifelsohne beein¬
trächtigt. Die reife, ruhige Erzählungskunst, die das Buch von der
rsten bis zur letzten Seite erfüllt, verliert durch diesen unökonomischen
Hang zum Breiten und Schleppenden. Aber das ist schließlich alles
belanglos im Vergleich mit der allgemeinen größeren Bedeutung, die
dieser Roman hat. Für die Wiener Literatur vor allem, für die
Jüngeren und Jüngsten, die von Schnißler manches profitieren
können. Und dann für den Dichter selbst, der ja in diesem Buche
strenge Abrechnung hält, mit sich und mit seiner ganzen Zeit. Das
ganze ist ein Werk, das den Menschen vielleicht noch mehr ehrt als
den Dichter, ein Roman, dessen künstlerische Schwächen lauter
nenschliche Vorzüge sind, und der nur deshalb nicht die höchste Voll¬
endung erlangen konnte, weil er mit vollem, mit übervollem Herzen
schrieben wurde
Ludwia Hirschfeld (Wien).
23. Der We
—
diese ersten, flüchtigen Eindrulle werden dann durch die geschlossen
ektüre des Buches so ziemlich bestätigt. Die Favel des Romanes und
eine beiden Hauptgestalten verblassen und verschwinden einigermaßen
neben den übrigen, viel kräftiger ausgeführten Partien, und das ist
entlich sehr schade, denn es ist eine überaus dichterische Fabel, die
in dem komplizierten Buch wie eine schlichte Novelle eingekonselt ist,
nd es sind zwei überau seine Gestalten, dieser Georg v. Wergenthil
und diese Pu## Rosner, der durch spielerischen L##ensgenuß und
Träumerei ins Dilettierende geratene Komponist, und die Klavier¬
ehrerin, die beinahe Opernjängerin##orden wäre. Beide empfinden
das Dasein im oberen Kreise ung und unbehaglich, ohne Sinn und
iel, und das treibt sie instinktiv zusammen, sie fangen ein Ver¬
Liebe und Zärtlichkeit eine so wunderbare, bei aller Aufrichtigkeit reine
dkeusche Schilderung gefunden. Wie in beiden das Elternbewußtsein
rwacht, wie die Sehnsucht nach dem Kinde sie in ner inniger zu¬
ammenhält, das hat Schnitzler mit künstlerisch taktvoller Verwertung
sychologischer und pbysiologischer Kenntnisse dargestellt. Und dan
#.s das Kind tot zur Welt kommt, was für Georg das Ende aller
bürgerlichen und verliebten Pläne und den Anfang einer ernsten,
trengen Künstlerschaft bedeutet, da erhebt sich diese simple Wiener
Liebesgeschichte zu erstaunlicher und ergreifender Größe. So schlicht
und innig die Gestaltung dieser Fabel ist so kompliziert und subtil
ist alles übrige im Roman. Die Ausschnitte aus den aristokratischen
und jüdischen, aus den literarischen und politischen Kreisen des Wien
von heute sind durchsetzt mit verblüffend scharfen Beobachtungen, mit
einer kostbaren und weisen Nachdenklichkeit, die den ganzen edeln,
ittlichen Ernst zeigt, mit dem Artur Schnitzler an diesem Buch ge¬
arbeitet hat. Aber so wertvoll und charakteristisch dies alles auch ist,
r und künstlerischer Hinsicht wird das Buch durch diese
in techt
Fülle von Nebenfiguren und Nebenproblemen zweifelsohne beein¬
trächtigt. Die reife, ruhige Erzählungskunst, die das Buch von der
rsten bis zur letzten Seite erfüllt, verliert durch diesen unökonomischen
Hang zum Breiten und Schleppenden. Aber das ist schließlich alles
belanglos im Vergleich mit der allgemeinen größeren Bedeutung, die
dieser Roman hat. Für die Wiener Literatur vor allem, für die
Jüngeren und Jüngsten, die von Schnißler manches profitieren
können. Und dann für den Dichter selbst, der ja in diesem Buche
strenge Abrechnung hält, mit sich und mit seiner ganzen Zeit. Das
ganze ist ein Werk, das den Menschen vielleicht noch mehr ehrt als
den Dichter, ein Roman, dessen künstlerische Schwächen lauter
nenschliche Vorzüge sind, und der nur deshalb nicht die höchste Voll¬
endung erlangen konnte, weil er mit vollem, mit übervollem Herzen
schrieben wurde
Ludwia Hirschfeld (Wien).