I, Erzählende Schriften 23, Der Weg ins Freie. Roman (Die Entrüsteten), Seite 388

23. Der Neg ins Freie

BIL.DENDE KUNST / ANNA PLEHN
Wenn nur das Hervorragende genannt
wird und demzufolge die Ausbeute wenig
zahlreich erscheint, so kann man sich in
etwas mit dem Ausland trösten. Das
schwächlich empfundene und matt ge¬
sehene Frauenideal Aman-Jeans,
der oberflächliche, von einer Seite rosa,
von der anderen blau belichtete weib¬
liche Halbakt Besnards, die immer
greller werdenden Bilder Zorns zeigen
wie schnell es abwärts geht.
Der
Schwede sicht die Haut immer weisser,
das Grün und Rot greller, die Körper
sehr rund, aber wie von Glas, und bietet
so immer mehr das unerfreuliche Bild
einer durch ihre Geschicklichkeit ver¬
In der plastischen Abteilung findet sich
eine Reihe von Tierfiguren in Holz des
Osterreichers Franz Barwig. Breit¬
flächig, mit energischer Einfachkeit sind
kämpfende Stiere gegeneinunder gewor¬
fen. Die Köpfe an der Erde, die massi¬
gen Körper wie inemander gebohrt, 89
geht die Urkraft auf den Feind los. Eine
Katze von poliertem Ebenholz, gleic.
eindrucksvoll, zeigt spielend gerundeten,
Diese
geschmeidig bewegten Umriss.
Glättung der Oberflächen ist der direkte
Gegensatz von Rodins Licht- und
Schattenwirkung auf gebuckelter und ge¬
furchter Form, die durch den Torso eines
schreitenden Mannes mit ihrer ganzen
Lebendigkeit veranschaulicht wird.
X
X
Kurze Chronik
Ein Wettbewerb für ein
für Völker¬
kunde in Stuttgart ist vom
Württembergischen Verein für Handels¬
geographie ausgeschrieben worden. Es
scheint also, als ob man in Schwaben
eher ein solches Museum haben wird al
Berlin den notwendigen Neubau für die
ses so zeitgemässe Institut erhält.
X
Literatur
In Knackfuss' Künstler¬
monographieen Leipzig, Vel¬
hagen & Klasing“ erschien
Auguste Rodin von Otto Grautoff.
Das Verdienst dieser Ausgabe an der
Hand eines umfassenden Abbildungs¬
materials in das werdende Wesen, des
behandelten Künstlers einzuführen wird
durch Grautoffs gründlichen Text unter¬
stützt. Der Verfasser gibt zugleich einen
Uberblick über die Entwickelung franzö¬
sischer Plastik, zeigt, wie auch diese
scheinbar ausserordentliche Erscheinung
in die allgemeine Entwickelung hinein¬
gehört, und wie sie sich in den Nachfol:
gern umgestaltet.
Grangt worden und hat seither niemals
den ihm gebührenden hohen Platz ein¬
nehmen können. Auch das Musikdrama
Tgebill Friedrich Kloses wurde im Hof¬
heater als Festvorstellung dargeboten.
Klose ist ein in Süddeutschland hoch¬
angesehener Komponist, der in Noid¬
deutschland niemals hat festen Fuss
fassen können.
X
Kurze Chronik
In Berlin fand vom 8. bis
zum 1I. Juni unter Vorsitz
Xaver Scharwenkas de
box 3/5
ONCur 0
237
Dichtkunst 7 Max Hochdorf
Rassenromane Unabhängig
von wissen¬
schaftlicher Verständigkeit,
nur
einem
subjektiven
Drange folgend, versuchen einige Schrift¬
steller das Problem der Rasse künstlerisch
zu lösen; sie tun es vielleicht in polemi¬
scher Absicht, indem sie irgendwelche
Rassentheorie über den Haufen werfen
und an ihren Menschen, deren Schick¬
salsverkettungen und Charaktereigen¬
schaften zeigen wollen, welches ihre Mei¬
nung ist. Nun kommt es aber bei einem
Kunstwerk, einem Roman, nicht auf
die Meinung sondern auf das gestaltende
Talent des Schriftstellers an. Glauben
wir an die Menschen des Dichters, weil
er sie uns wahr machte, gut für ihn.
Versagen wir seinen Menschen die gläu¬
bige Gefolgschaft, weil er ihnen nicht das
Scheinleben der künstlerischen Lebens¬
wirklichkeit einhauchen konnte, so war
der prachtvolle Logiker ein miserabler
Poct. Rassenromane sind also nicht Bü¬
cher für oder gegen eine Theorie sondern
ins Spielende der Kunst emporgehobene
Beschreibungen von Menschengruppen,
deren Schicksale dem Autor ins Allge¬
meine zu wachsen scheinen.
Arthur Schnitzler ist der Ansicht,
dass jede fesrecorie ein vager
Begriff, dass die Empfindung des ein¬
zelnen für die Rasse mehr eine Konse¬
quenz seines Willens als eine seelische
Notwendigkeit seines Blutes sei. Sein
üngster Roman, nach den kleinen, no¬
vellenartigen Erzählungen eigentlich sein
erster, heisst Der Weg ins Freie /Berlin,
S. Fischer/. Wiener Gesellschaftsroman
würde über dieses Buch ein Autor ge¬
schrieben haben, der die präzisere Be¬
zeichnung liebt. Aber Schnitzler, der ins
Traumhafte und Schwebende dichtet, der
um keinen Preis reale Gestalten schaffen
möchte sondern nur leis angedeutete Cha¬
raktere, geht solcher realistischen Ge¬
wvissenhaftigkeit aus dem Wege. All das
Leben, das in seinem Romane spielt, soll
nicht Naturgesetze, soziale Bewegungen
und ideelle Strömungen abspiegeln; es soll
vielmehr zwischen diesen Elementen des
Daseins fortgleiten, so ctwa wie aus dem
Reden und dem Tun des kultivierten
Menschen nur sein Oberflächliches, me
sein Innerliches kund wird. Zwar wird
viel in dem Buch über Rasse und Ab¬
stammung gesprochen, aber keinem wird
das Wort zu einer endgültigen Erklärung
gegeben. Jeder äussert sich bloss nach
seiner momentanen Eingebung. Man
kann das auch anders ausdrücken, indem