I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 25

10. Leutnant Gustl

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Ausschnitt aus:
Jeslerr. Volkspresse, Wien
vom 1076 770—7
Chronik.
Officiersaffairen und Hetzpresse.
Ueber die jüngst in Bozen stattgefundene
Säbelaffaire geben die „Neuen Tiroler Stimmen“
folgende Darstellung:
Die „Bozener Zeitung“ brachte einen Artikel,

in welchem das Civil beinahe aufgefordert wurde,
dem Uebermuth der Officiere durch Selbsthilfe zu
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begegnen. Veranlasst war dieser Artikel durch
einen ganz geringfügigen Spectakel, den einige
Lieutenants während der letzten Nacht verübt hatten.
Abor
Dieser Artikel, als dessen Verfasser allgemein
Dr. Rudolf Rudolph betrachtet wurde, scheint im
Officierscorps gewaltigen Aerger hervorgerufen zu
Inh
haben. Als Dr. Rudolph am 18. d. M., um
b1ä
Uhr abends, über den Johannesplatz gieng,
wod
wurde er vom Oberlieutenant Repaszky ange¬
wer
halten und gefragt, ob er wirklich der Verfasser
des besagten Artikel in der „Bozener Zeitung“ sei.
Dr. Rudolph bejahte dies, worauf eine heftige
Controverse entstand, infolge deren der Officier
dem Doctor eine Ohrfeige gab. Nun setzte sich
Dr. Rudolph mit seinem Schirm zur Wehre, der
Officier aber zog den Säbel und brachte seinem
Gegner zwei Wunden bei, eine schwere am Hals
und eine leichte an der Hand. Kaum war das
geschehen, so eilten zahlreiche Leute herbei und
giengen auf den Oberlieutenant los. Dieser rief
einem Einjährigen, der sich in der Nähe befand.
zu: „Holen Sie sofort die Bereitschaft!“ und suchte
dann mit der Waffe in der Hand die Kaserne zu
erreichen. Hiebei wurde der Officier von einem
Lackierergehilfen namens Forster, der ihm nach¬
setzte, am Kragen gepackt und beschimpft. Ober¬
lieutenant Repaszky riss sich los und versetzte
dem Angreifer einen Säbelhieb über den Kopf.
Während man den bedeutend Verwundeten in das
Spital überführte, gelangte der Officier in die
Kaserne. Nun sammelte sich vor derselben auf dem
Dominicanerplatz ein etwa hundertköpfiges Publi¬
cum an, das in gellende Pfiffe, Pfui=Rufe und
Schimpfworte ausbrach, als etwa acht Officiere
aus der Kaserne traten. Die Officiere blieben
stehen, betrachteten ruhig den johlenden Haufen,
und giengen dann, ohne verfolgt zu werden, durch
die Spitalgasse in die Neustadt. Unterdessen wuchs
die Menge trotz des strömenden Regens unter fort¬
gesetztem Pfeifen und Schreien immer mehr an.
Gegen 8 Uhr ertönte plötzlich, unbekannt von wem,
das Commando: „Zurück, zurück!“ worauf sich die
Leute in die Dominicanergasse und Poststraße
zogen. Als aber zwei Minuten später zwei Offi¬
eiere die Kaserne verließen und sich der Post zu¬
wandten, da rief dieselbe Stimme: „Vorwärts,
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inclusive
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Wiener Zeitung)
Schaftliche Leben
vorwärts!“ was die Menge veranlasste, den
Officieren, Beschimpfungen ausstoßend, entgegen zu
wogen. Die Officiere bahnten sich, mit der Hand am
Säbel den Weg durch die Poststraße, als sie aber
förmlich umzingelt wurden, kam aus der Kaserne ein
mit Gewehr versehener Infanterist ihnen zu Hilfe,
bei dessen Anblick die Menge auseinandergieng,
sich aber bald wieder auf dem Dominiconerplatz
sammelte. Jetzt endlich erschien die Stadtpolizei,
doch trat deshalb durchaus nicht Ruhe ein. Um
¼9 Uhr standen vor dem Café Schgraffer etwa
12 Herren, welche laut nach der Wohnung des
Oberlieutenants Repaszky fragten. Endlich um
9 Uhr, als der Scandal auf dem Dominicaner
platz seinen Höhepunkt erreicht hatte, erschien der
Bürgermeister und forderte die Leute unter be¬
schwichtigenden Worten auf, sich zu zerstreuen. Es
geschah, aber nun zog ein Haufen vor das Café
Kusseth und begann die dort befindlichen Officiere
zu beschimpfen. Die Herren giengen auf wieder¬
holtes Ersuchen des Wirtes in den ersten Stock
hinauf. Unten dauerte das Gejohlt fort. Als ein
Civilist die Leute zu beruhigen suchte, indem er
darauf hinwies, dass man niemals einen ganzen
Stand beschimpfen dürfe, da gerieth er durch den
gereizten Pöbel in die ärgste Gefahr. In einem
Hause, wo zwei Officiere wohnten, wurden Fenster
eingeschlagen. Die ganze Civilbevölkerung Bozens
war in der höchsten Aufregung. Um 11 Uhr
giengen Patrouillen ab, um einzelne Officiere von
da und dort abzuholen. Die Poststraße und der
Johannesplatz wurden um Mitternacht mit gefälltem
Bajonnet geräumt.
Diese Affaire war den Judenblättern und den
mit Ihnen, was Lüge und Verleumdung anbelangt,
gleichstehenden alldeutschen Hetzblättern willkommener
Anlass, wieder einmal recht gründlich gegen Armee
und Officiere zu hetzen.
Was aber von dieser faulen Lügenpresse ver¬
schwiegen wird, ist der Umstand, dafs der Officier
heute, speciell in Tirol, den impertinentesten
Krakehlereien der Bevölkerung ausgesetzt ist. Auf
der einen S#ite die alldeutschen Buben, die überall
sind, wo Gemeinheiten aufgeführt werden, und in
Südtirol noch die Italiener, denen der österreichi¬
sche Offieier von jeher ein Dorn im Auge ist.
Aber ganz besonders erregt sind bei dieser
Affaire die Wiener Judenblätter, und da in erster
Linie wieder das Rothschildorgan. Freilich spielt
da auch gleich ein anderer Fall mit:
Ein Jude ist der Ehre unwürdig befunden
worden, dem Officierscorps unserer Armee fürber¬
hin anzugehören. Wir sagen: „Unsere Ar##

denn diese, den Ehrbegriff und die Mannesvorzüge
verkörpernde Einrichtung, ist durch und durch eine
arische, daher dem jüdischen Wesen strict entgegen¬
gesetzte und von den Hebräern von Grund aus
erhafst.
Das Officiers=Ehrengericht hat in richtiger Er¬
kenntnis den Literaturjuden Schnitzler, dessen
Schundwerke wohl im k. k. Hof=Burgtheater auf¬
geführt werden, aus dem Officiersstande ausge¬
stoßen. Anlass hinzu gab das von diesem Juden
verfasste Schandstück „Lieutenant Gustl“ in welchem,
wie in allen anderen S##nderzeugnissen dieses
Juden, die Officiersehre in jüo chem Geiste behandelt
vird.
Was der Jude Schnitzler dem „Lieutenant
Gustl“ insinuiert, so denkt, so spricht, so handelt
ein Officier, ausgenommen, der betreffende Officier
st selbst Jude was leider auch schon vorkommt
Das ist jüdischer Geist, der so mit sich selbst um
die Selbsttödtung schachert, nicht Officiersgeist.
Und ebenso wie dieser Fall von den Juden¬
blättern in ausgiebiger Weise zur Hetze gegen den
Officiersstand ausgenützt wird, ebenso wurde der
eingangs erwähnte Bozener Vorfall entstellt und
illerlei Lügen zu Gunsten der alldeutschen und
üdischen Hetzer gegen die Officiere und zu Un¬
gunsten der letzeren in die Welt gesetzt.
Es mag ja vorkommen, dass sich hie und da
auch ein dem Officiersstande Angehöriger unge¬
ziemend benimmt. Das ist aber kein Grund,
jegen den ganzen Stand in so nichtswürdiger
Weise zu hetzen.
Zu verwundern ist nur, dass es noch Officiere
gibt, welche die Judenblätter lesen und unterstützen
nd somit die Schlange am eigenen Busen nähren.
Vielleicht dürfte doch die Erkenntnis in diesen
Kreisen sich Bahn brechen, dass des Officiersstandes
rößter Feind die vaterlandslose, prostituierte
Judenpresse ist, wozu es wohl keiner weiteren
Beweise bedarf.
P.