10. Leutnant Gustl
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verkettet hätten. Ja, würde sich Herr Schnitzler nicht
zuweilen freiwillig in ein verrufenes Milieu begeben, so
könnte es dem objectiven Urtheiler segar erwünscht
sein, ihn gegen die Flegeleien eines bornierten Rassen¬
schriftthums, dessen Talente das seine zehnmal auf¬
wiegt, ebenso in Schutz zu nehmen wie gegen die be¬
leidigenden Verhimmelungen der Wiener Clique.
Und hätte Herr Schnitzler als ein still schaffender
Künstler, als der er doch bis zum Beatrice-Scandal und
bis zum -Lieutenant Gustle gelten wollte, diese No¬
velle in einem literarischen Organ oder sogleich in
Buchform veröffentlicht, kein Officiersehrenrath hätte
sich bewogen gefühlt, ihn um einer militärfeindlichen
Tendenz willen seiner militärischen Würde zu entkleiden.
Aber die Officiere, die durch die Zeichnung eines be¬
stimmten Typus von österreichischem Lieutenant den
Stand beleidigt g’aubten, durften hinter der Benützung
eines Blattes, dessen Armeehass trotz gelegentlicher An¬
biederung notorisel und dessen Friedensbedürfnis nichts
als die rituelle Scheu vor einem Stahlbad ist, eine agita¬
torische Tendenz wittern. Ueber diesen Eindruck hilft die
Versicherung, dass Herr Schnitzler eine -psychologische
Studies schreiben, einen =interessanten Einzelfalle be¬
handeln wollte, nicht hinweg, und gegen den feigen Rein¬
waschungsversuch, den seine publicistischen Helfer
unternehmen, wird sich nur der Autor selbst verwahren
müssen. Die „Neue Freie Presse“ nat — und das ist
die höchste Ehre, die einem Irdischen widerfahren
kann — der Angelegenheit des Herrn Schnitzler einen
Leitartikel gewidmet. Liberale Entrüstung und Devotion
hat sie darin anmuthig zu mischen verstanden. Aber
der Ehrenmann, der ihn geschrieben und der den
Lieutenant Gustl den zürnenden Herren Officieren als
sympathische Figure wiederempfehlen möchte, hat
entweder den Inhalt der Schnitzler'schen Novelle plump
gefälscht, oder er hat sie bloß in jener Fassung gelesen,
die ihr im größten Theile der Weihnachtsauflage der
„Neuen Freien Presse“ gegeben war. Durch mindere
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verkettet hätten. Ja, würde sich Herr Schnitzler nicht
zuweilen freiwillig in ein verrufenes Milieu begeben, so
könnte es dem objectiven Urtheiler segar erwünscht
sein, ihn gegen die Flegeleien eines bornierten Rassen¬
schriftthums, dessen Talente das seine zehnmal auf¬
wiegt, ebenso in Schutz zu nehmen wie gegen die be¬
leidigenden Verhimmelungen der Wiener Clique.
Und hätte Herr Schnitzler als ein still schaffender
Künstler, als der er doch bis zum Beatrice-Scandal und
bis zum -Lieutenant Gustle gelten wollte, diese No¬
velle in einem literarischen Organ oder sogleich in
Buchform veröffentlicht, kein Officiersehrenrath hätte
sich bewogen gefühlt, ihn um einer militärfeindlichen
Tendenz willen seiner militärischen Würde zu entkleiden.
Aber die Officiere, die durch die Zeichnung eines be¬
stimmten Typus von österreichischem Lieutenant den
Stand beleidigt g’aubten, durften hinter der Benützung
eines Blattes, dessen Armeehass trotz gelegentlicher An¬
biederung notorisel und dessen Friedensbedürfnis nichts
als die rituelle Scheu vor einem Stahlbad ist, eine agita¬
torische Tendenz wittern. Ueber diesen Eindruck hilft die
Versicherung, dass Herr Schnitzler eine -psychologische
Studies schreiben, einen =interessanten Einzelfalle be¬
handeln wollte, nicht hinweg, und gegen den feigen Rein¬
waschungsversuch, den seine publicistischen Helfer
unternehmen, wird sich nur der Autor selbst verwahren
müssen. Die „Neue Freie Presse“ nat — und das ist
die höchste Ehre, die einem Irdischen widerfahren
kann — der Angelegenheit des Herrn Schnitzler einen
Leitartikel gewidmet. Liberale Entrüstung und Devotion
hat sie darin anmuthig zu mischen verstanden. Aber
der Ehrenmann, der ihn geschrieben und der den
Lieutenant Gustl den zürnenden Herren Officieren als
sympathische Figure wiederempfehlen möchte, hat
entweder den Inhalt der Schnitzler'schen Novelle plump
gefälscht, oder er hat sie bloß in jener Fassung gelesen,
die ihr im größten Theile der Weihnachtsauflage der
„Neuen Freien Presse“ gegeben war. Durch mindere