I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 47

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10. Leutnant Gustl
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(Früher: „Deutsches Volksblatt.“
Fränumerations-Preis:
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Für Wr.=Nenstabt sammt Zustellung in das Haus, und für
A. Klinger's Buchdrucker. „Wr.=Neustadt, Neunkirchnerstraße
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in Wr.-Neustadt.




Nr. Z.
Jahrg. 33.
We.-Neustadt, 8. Juli 1901.
der Einschränkung, dass sich die früheren rück¬
der Reserve oder in der Landwehr Officiers¬
Literarische Martialgerichte.
charkter haben.
ständigen Anschauungen soweit modernisiert
haben, dass es selbst den activen Officieren ge¬
Diese stehen selbst in Fällen, wo die
Der heute fast ganz Europa beherrschende
stattet ist, unter die Journalisten zu gehen,
militärische Jurisdiction keine Macht mehr
Militarismus ist eine Entartung des von
wenn sie mit der Feder für ihren Beruf. die
über sie hat, doch unter dem Drucke einer mili¬
Preußen, in der Zeit der höchsten nationalen
herrschende Macht eintreten oder die Maßnah¬
tärischen Einrichtung, dem Officiers=Ehrenrathe,
Noth und Drangsal, in der Zeit der deutschen
men ihrer Vorgesetzten vertheidigen. Aber eine
dessen Entscheidungen inappellable sind. Diese
Befreiungskämpfe gegen den corsischen Cäsaren
gegentheilige journalistische Thätigkeit oder gar
Institution, nur aus activen Officieren beste¬
Napoleon ins Leben gerufenen Volksheeres,
eine Kritik militärischer Institutionen oder Per¬
hend, denen, durch ihre exclusine Stellung im
das als allgemeine Wehrpflicht die bleibende
sönlichkeiten ist ihnen strenge verboten.
Staate und in der Gesellschaft, für so viele
Heeresinstitution Preußens blieb. Die sieg¬
Aber auf dem Gebiete, wo die Phan¬
politische und sociale Erscheinungen und Vor¬
reichen Kämpfe Preußens gegen Oesterreich
tasie Herrscherin ist, auf dem Gebiete der
kommnisse wie Berufsanforderungen sehr oft die
1866 und der große deutsch=französische Krieg
schönen Literatur, war es keinem verwehrt,
vollständige Kenntnis und daher zumeist die
1870 bis 1871, welcher Frankreichs Macht
sich auch Lorbeeren zu pflücken, wenn auch
Urtheilsfähigkeit fehlt, greift dennoch sehr oft
zerschmetterte und eine allgemeine Verschie¬
entscheidend und verderblich in das Leben so
unblutige.
bung der europäischen Machtverhältnisse ver¬
Aber plötzlich — über Nacht — ist das
manchen Mannes ein. Fast täglich bringen die
ursachte, wie die infolgedessen entstandene
anders geworden. Ein Officiers Ehrenrath hat
Zeitungen — bald da, bald dort — Mitthei¬
Friedensunsicherheit, ließen alle Großmächte
sich plötzlich auch auf diesem Gebiete als zu¬
lungen von solchen gewältsamen Eingreifen oder
Europas ebenfalls ihre Heere auf der Grund¬
ständiges Forum erklärt, ein Martialgericht
von Geschehnissen und Vorkommnissen, welche
lage der allgemeinen Wehrpflicht reformieren
aus eigener Machtvollkommenheit constituiert
nur eine Folge des moralischen Zwanges sind,
und regenerieren und gleichzeitig die Stärke
und ist über einen Dichter und über das, was
welchen die ehrenräthlichen Anschauungen und
ihrer Heere zu exorbitanten Ziffern erhöhen.
er gedichtet, was seine freie, zügellose Phantasie
Entscheidungen auch auf diejenigen Officiere
Aber von Volksheeren kann nicht mehr die
erfunden, erdacht und zu Papier gebracht und
ausüben, die nicht dem activen Armeestande an¬
Rede sein, weil selbst in Friedenszeiten die An¬
sogar drucken hat lassen, — zu Gericht
gehören. Dieses Eingreifen in alle Sphären
gehörigen dieser Riesenarmeen, die tauglich Be¬
gesessen und hat seine Dichtung verurtheilt und
des bürgerlichen Lebens ist das markanteste
fundenen, meist vom 20. bis zum 60. Lebens¬
ihn in contumaciam des Officierscharakters
Merkmal des überall herrschenden Militarismus
jahre, wenn sie auch längst nicht mehr im
verlustig erklärt. So geschehen anno domini
und der unbestreitbaren Thatsache, dass seit
Frieden dem Activstande angehören, dennoch der
1901 im Juni dem Maleficanten Arthur
der Einführung der allgemeinen Wehrmacht die
militärischen Gerichtsbarkeit unterstehen. Nicht
Schnitzler. Dieses Vorkommnis ist bisher
Freiheit des Bürgers, seines Willens und seiner
nur in der Reserve, sondern auch noch die der
Handlungen, wesentlichen Einschränkungen unter¬
beispiellos. Wir wollen ganz absehen davon,
Landwehr Zugehörigen, die nur mehr im
dass das Object dieses Urtheils, ein Feuilleton
worfen ist. Diese, Einschränkung ist aber gleich¬
Kriegsfalle zur activen Dienstleistung heran¬
zeitig auch eine wesentliche Verletzung der con¬
in der Weihnachtsnummer der „Neuen Freien
gezogen werden können, außer den gesetzlich
stitutionellen Rechte der Staatsbürger. Nur
Presse“, „Lieutenant Gustl“ nicht das geringste
bestimmten Fällen, wo sie auch während des
eine Sphäre gab es bisher, die nicht dem Fo¬
enthält, was den österreichischen Officiersstand
Friedens zu militärischen Uebungen einberufen
rum des Officier=Ehrenrathes unterworfen war,
beleidigen oder verunglimpfen würde, dass es
werden, sind noch immer dem Einflusse der
das war die Literatur mit Ausschlufs der
nur eine psychologische Studie ist, in welcher
militärischen Einrichtungen und Gesetze unter¬
Journalistik. Diese gilt und galt seit langem
der Autor den Pflichtenconflict eines jungen
worfen. Namentlich aber jene, welche in
Menschen schildert, der durch einen unglücklichen
als ein verfehmtes Territorium, das heißt mit
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