I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 109

Gust
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10. Leutnant
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Serin N. 24.
Velephon: IIl, 3051.

Ausschnitt aus
Vossische Zeitung, Berlis
22 DEZ. 1903
Theater und Musik.
Im Rathaussaale sprach gestern Dr. Ludwig Bauer (der
Wiener Gast des Vereins zur Förderung der Kunst) vor ansehn¬
lichem Publikum über den Dichter Arthur Schnitzler, den der
Redner

wohl in Übereinstimmung mit den Berliner
Literaturfreunden — für den ernstesten und wirksamsten Ver¬
treter der neuen Wiener Literaturbewegung hält.
Der
Vortrag bildete eine dankenswerte Ergänzung zu den mehr
allgemein gehaltenen Ausführungen über Jung -Wien
Dr. Bauer jüngst geboten hat. Eine individuell erfaßte lebendige
Gestalt sagt uns mehr als ein leicht hingeworfener, verschwimmen¬
der Gestaltenzug. Von dem Hintergrunde der politisch=kulturellen
Verhältnisse Österreichs, an dem allerdings hie und da ein Strich
zu robust geriet, hob sich in dem gestrigen Vortrage das Bild
Schnitzlers in festen Umrissen und mit bestimmtem Ausdrucke ab.
Der Redner erledigte zunächst den Anteil des Milieus an der Ent¬
wickelung des Dichters, um die Natur ohne Beimischung den
Fremden und die im gesamten Wienertum mitwirkenden Elemente
herauszugestalten. Er zeigie wie der dichterische Charakter in dem
sich die Neigung zu leichtem, anmutigem Spiele mit Nachdenklich¬
keit und Forschertrieb vermischt, sich halb unbewußt von „literari¬
schen Walzern“ zu ernsten Gestaltungen erhob. So sehr sich die
Begabung vertiefte, blieb ste in einer gewissen Enge: das Ideal des
kraftvollen Mannes mit großen Zielen ist dem Dichter bis
heute nicht aufgegangen. Aber erst in der Variation des Ver¬
hältnisses der Liebe zum Leben, denn in der Dichtung, die von
der Beziehung der Liebe zum Tode handelt, hat er Wesentliches
und Eigenartiges hervorgebracht, das Echteste in seinem Drama:
„Der Schleier der Beatrice“, das in seiner dichterischen Schön¬
heit noch nicht voll erkannt ist. An diese interessanten Aus¬
führungen schloß sich eine Reihe von Vorträgen aus Schnitzlers
Werken. Dem Refecenten, der dem zweiten Teil des Abends
nicht beiwohnte, wird mitgeteilt, daß Herr Giampietro mit dem
Vortrag der Novelle „Leutnant Gustl“ die durch ihre feine
Kunstform, ine Kusturfarbe und ihr Schicksal weithin bekannt ge¬
worden, den stärksten Eindruck machte. A. K.
Dr. Max Goldschmidt
# Bureau für
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eisene Korrespondenten.
Telephon: Ill, 3051.
Berlin N. 24.

Ausschnitt aus
Nationalzeituog. Berin
22 UEZ. 903
Kleines Feuilleton.
2 Arthur Schnitzler=Abend im Rathanse. Der Verein zur
Förderung der Kunst veranstaltete gestern einen Arthur Schnitzler¬
Abend. Wieder war Dr. Ludwig Bauer aus Wien gekommen,
um dem Sänger des „sußen Mädels“ selbst ein Hohelied
zu singen. Um sich in der Li##eraten=Weltstadt Berlin zur
Geltung zu bringen, muß man schon einen bekannten Namen
auf der Flagge tragen und Schnitzlers Name klingt gut für
einen Vorleseabend über Jung=Wien. Nur schade, daß die andern
Wiener um dieses einen willen zu kurz kommen, daß vor allem der
Conférencier selbst, Ludwig Bauen, der als Dichter viel bedeutender,
denn als Vortragender ist, sich bl. z zum Bannerträger macht, wo sein
Fähnlein selbst stark genug wäre, in der Literatur=Schlacht auf¬
gepflanzt zu werden. Dr. Bauer hielt einen längeren Vortrag über
Schnitzler; von Anatol über „Märchen“, „Liebelei“, „Reigen“, „Frei¬
wild“, „Vermächtnis“, „Lebendige Stunden“. Grünen Kakadu“ bis zum
„Schleier der Beatrice“ den vor drei Jahren das Wiener Burg¬
theater zurückgewiesen hatte, worüber ein gar heftiger Streit
zwischen Wiener Kritik und Direktor Schlenther entbrannt war.
Der einsame Weg“, Schnitzlers neuestes Werk, das zu Beginn des
nächsten Jahres im Schauspielhause zur Aufführung kommt, blieb gestern
noch unerschlossen, dagegen las Josef Giampietro vom „Neuen
Theater“ die bekannte Geschichte Schnitzlers „Lientenant Gustl“ vor,
jene Satire über die gerettete Offiziers=Ehre, deretwegen Schnitzler
seinerzeit seinen Reservelentnant=Rang verlor. Dr. Gustav Manz
und Friederike Stritt rezitierten Szenen aus dem „Schleier
der Beatrice“ in angenehmer Art und Weise und versetzten
das Publikum in jene Stimmung, die nötig ist, einen Vorlese¬
Abend zu keinem verlorenen zu machen. Daß Giampietro seine
Wirkung hatte, ist kaum nötig zu erwähnen. Auch das Verdienst
von Dr. Bauer, Wien in Berlin so eifrig zur Geltung zu bringen
verlangt Anerkennung.