F
10. Leutnant
Gustl
box 1/9
eeten enteneite eiereterteteneletereene
70770
vom
„& Wiener Schriftsteller Dr. Arthur Schnitzler,
der öst. ia lscher Regimentsarzt in der Reserve war, ist,
wie wi seits gemeldet haben, von einem militärischen
Ehrenratl,
einer Offizierscharge verlustig
erklärt worden. Veranlassung dieser Maßregel ist eine
kleine Erzählung unter dem Titel „Leutnant Gustl“.
Der Ehrenrath hat befunden, daß der Schriftsteller in dieser
Studie der Ehre des österreichischen Offizierskorps nahege¬
treten sei. Als ein weiterer Grund wird angegeben, daß
Dr. Schnitzler auf eine diese Arbeit betreffende Kritik in
der „Reichswehr“ reagirt habe.
Die Handlung der Novelle ist folgende: Leut¬
nant Gustl langweilt sich im Konzert, bei einem Oratorium.
Er denkt dabei an alle möglichen Sachen, Militär, Familie,
Weiber; seine Gedanken kommen mitunter recht weit ab
vom Kunstgenuß. Er ist eigentlich sehr froh, wie das Konzert
ein Ende hat, und eilt in die Garderobe, um dann endlich
wieder an die frische Luft zu kommen. In der Garderobe
genirt ihn ein dicker Mensch, der ihm den Wege verstellt.
Er erkennt in ihm einen Bäckermeister, den er oft im Café
gesehen hat. Leutnant Gustl fordert ihn unwirsch auf, aus
dem Wege zu gehen, und erhält eine sehr resolute Antwort,
worauf er mit seiner Grobheit replicirt.
Daraufhin hält der Bäcker den Säbelgriff des Leutnants
mit eiserner Kraft fest und sagt seinem Gegner, daß er die
Waffe zerbrechen und die Stücke ans Regimentskommando
schicken werde, wenn der Herr Leutnant noch ein unziemliches
Wort zu sprechen wage. Das hat der Bäcker in einem nichts
weniger als schmeichelhaften Tone, aber so leise, daß es
kein dritter hören konnte, dem Offizier auseinandergesetzt.
Dann geht er ruhig weg. Nach der ersten sprachlosen Ver¬
wirrung wird dem Leutnant klar, daß durch das Vorgehen
n des Bäckers seine Offiziersehre einen unverwischbaren
Flecken erhalten habe. Es giebt keine Wiederherstellung
für ihn. Mit Schimpf und Schande quittiren, oder sich
erschießen, eine andere Wahl hat er nicht.
Von diesem Gedanken getrieben, geht er die ganze Nacht
in den Straßen der Stadt und im Prater herum. Sein
ganzes Leben, sein ganzer, nicht sehr weiter Interessenkreis
mit allen Personen und Verhaltnissen kommt ihm nach und
nach in den Sinn, eine Vorstellung bringt ihn auf die nächste.
in abgerissenen Bildern malt sich ihm sein ganzes inneres
und äußeres Leben und dazwischen kehrt immer wieder
der verzweifelte Gedanke: Du mußt aber jetzt sterben.
So
kommt er gegen Morgen zu seinem Stammcafé, und da er
übernächtig und sehr hungrig ist, entschließt er sich, zu früh¬
stücken. Der Marqueur theilt ihm die Neuigkeite mit, daß
der Bäcker, der immer ins Café kommt, in dieser Nacht ge¬
storben ist. Es ist der Mann, der seine Ehre angetastet, der
ihn in den Tod getrieben hat. Es ist aber auch der einzige,
der um diese unselige Affäre gewußt hat. Leutnant Gustl
ist anfangs ganz konsternirt. Dann atmet er auf.
Jetzt
— jetzt ist ja der ganze Selbstmord nicht mehr nothwendig.
Ist denn seine Ehre befleckt, wenn niemand auf der Welt
von der Schmach weiß, die ihm angethan worden ist? Nein.
Er ist wieder was er früher war. Am selben Nachmchittag
soll er mit ihem Doktor, mit dem er ein Rekontre gehabt
hat, zu Quell antreten. Er ist gerade in der rechten
Stimn Sein Gegner sol sich nur freuen. Den wird
er „zu dirennfleisch“ haudn!
inclusive
Porto
Zahlbar
te ist das
cht es den
altend die
Torgen¬
Zeitung“)
iche Leben
ttheilungen
Telefon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Assschaltt
„OBSERVER“
Nr. 47
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/. Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyels“-
4
Vertretuffgen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
vom 1%/8 90 Ader Tagplatt
Wien, 22. Juni. Wie die gestrige „All
gemeine Zeitung“ meldet, ist der jüdisch
Schriftsteller Dr. Arthur Schnitzler, der
Regimentsarzt in der Reserve war, von einem mili¬
tärischen Ehrengerichte seiner Offiziers¬
chargeverlustig erkärt worden. Als
Gründe dieses ehrenräthlichen Richterspruches wird
angegeben, daß Schnitzler durch seine kürzlich
veröffentlichte novellistische Studie „Lieutenant
Gustl“ der Ehre des österreichischen Offiziers¬
corps nahegetreten sei und daß er auf eine in
heftigem und persönlichem Tone geschriebene
Kritik dieser schriftstellerischen Arbeit — welche
Für
Kritik in einem Wiener Tagesblatt zu lesen war
Porto.
nicht regairt habe.
Zahlbar
500
„ 110.—
7
im Voraus
200.—
„ 1000
„
Im Gegensatze zu anderen Bureaux für Zeitungsansschnitte ist das
auch steht es den
Abonnement durch keine bestimmte Zeitdauer begrenzt; —
Abonnenten frei die aufgegebenen Themen zu ergänzen oder zu ändern.
Der „OBSERVER“ veranstaltet täglich einen Auszug enthaltend die
Inhaltsangabe aller wichtigen Mittheilungen der Wiener Morgen¬
blätter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und „Wiener Zeitung“
wollurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche Leben
des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mittheilungen
werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
Prospecte gratis und franco.
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der öst. ia lscher Regimentsarzt in der Reserve war, ist,
wie wi seits gemeldet haben, von einem militärischen
Ehrenratl,
einer Offizierscharge verlustig
erklärt worden. Veranlassung dieser Maßregel ist eine
kleine Erzählung unter dem Titel „Leutnant Gustl“.
Der Ehrenrath hat befunden, daß der Schriftsteller in dieser
Studie der Ehre des österreichischen Offizierskorps nahege¬
treten sei. Als ein weiterer Grund wird angegeben, daß
Dr. Schnitzler auf eine diese Arbeit betreffende Kritik in
der „Reichswehr“ reagirt habe.
Die Handlung der Novelle ist folgende: Leut¬
nant Gustl langweilt sich im Konzert, bei einem Oratorium.
Er denkt dabei an alle möglichen Sachen, Militär, Familie,
Weiber; seine Gedanken kommen mitunter recht weit ab
vom Kunstgenuß. Er ist eigentlich sehr froh, wie das Konzert
ein Ende hat, und eilt in die Garderobe, um dann endlich
wieder an die frische Luft zu kommen. In der Garderobe
genirt ihn ein dicker Mensch, der ihm den Wege verstellt.
Er erkennt in ihm einen Bäckermeister, den er oft im Café
gesehen hat. Leutnant Gustl fordert ihn unwirsch auf, aus
dem Wege zu gehen, und erhält eine sehr resolute Antwort,
worauf er mit seiner Grobheit replicirt.
Daraufhin hält der Bäcker den Säbelgriff des Leutnants
mit eiserner Kraft fest und sagt seinem Gegner, daß er die
Waffe zerbrechen und die Stücke ans Regimentskommando
schicken werde, wenn der Herr Leutnant noch ein unziemliches
Wort zu sprechen wage. Das hat der Bäcker in einem nichts
weniger als schmeichelhaften Tone, aber so leise, daß es
kein dritter hören konnte, dem Offizier auseinandergesetzt.
Dann geht er ruhig weg. Nach der ersten sprachlosen Ver¬
wirrung wird dem Leutnant klar, daß durch das Vorgehen
n des Bäckers seine Offiziersehre einen unverwischbaren
Flecken erhalten habe. Es giebt keine Wiederherstellung
für ihn. Mit Schimpf und Schande quittiren, oder sich
erschießen, eine andere Wahl hat er nicht.
Von diesem Gedanken getrieben, geht er die ganze Nacht
in den Straßen der Stadt und im Prater herum. Sein
ganzes Leben, sein ganzer, nicht sehr weiter Interessenkreis
mit allen Personen und Verhaltnissen kommt ihm nach und
nach in den Sinn, eine Vorstellung bringt ihn auf die nächste.
in abgerissenen Bildern malt sich ihm sein ganzes inneres
und äußeres Leben und dazwischen kehrt immer wieder
der verzweifelte Gedanke: Du mußt aber jetzt sterben.
So
kommt er gegen Morgen zu seinem Stammcafé, und da er
übernächtig und sehr hungrig ist, entschließt er sich, zu früh¬
stücken. Der Marqueur theilt ihm die Neuigkeite mit, daß
der Bäcker, der immer ins Café kommt, in dieser Nacht ge¬
storben ist. Es ist der Mann, der seine Ehre angetastet, der
ihn in den Tod getrieben hat. Es ist aber auch der einzige,
der um diese unselige Affäre gewußt hat. Leutnant Gustl
ist anfangs ganz konsternirt. Dann atmet er auf.
Jetzt
— jetzt ist ja der ganze Selbstmord nicht mehr nothwendig.
Ist denn seine Ehre befleckt, wenn niemand auf der Welt
von der Schmach weiß, die ihm angethan worden ist? Nein.
Er ist wieder was er früher war. Am selben Nachmchittag
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gemeine Zeitung“ meldet, ist der jüdisch
Schriftsteller Dr. Arthur Schnitzler, der
Regimentsarzt in der Reserve war, von einem mili¬
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chargeverlustig erkärt worden. Als
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angegeben, daß Schnitzler durch seine kürzlich
veröffentlichte novellistische Studie „Lieutenant
Gustl“ der Ehre des österreichischen Offiziers¬
corps nahegetreten sei und daß er auf eine in
heftigem und persönlichem Tone geschriebene
Kritik dieser schriftstellerischen Arbeit — welche
Für
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