I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 193


n.
10. Leutnant Gustl
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Morgens bei Kroll.
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in Berlin in den Zelten auch — auf Flaschen gefüllt
So eine Saison strengt an. Wenn man sich so
und Anlagen, wer weiß ob die Zelte, der Tiergarten,
redlich durch unzählige Diners und Soupers hindurch¬
er
Krolls, der Grunewald nicht beinahe eben so schön
gegessen oder durch viele „Weißen“ hindurchgetrunken
1
sind wie die seit Schillers Räuber anrüchigen
hat, so merkt man plötzlich mit Unbehagen, daß die
Böhmischen Wälder. Und so gebt es von nun an
weiße Weste zu eng wird oder der Gehrock zu
früh hinaus zu Kroll, allwo alle Heilquellen in
spannien anfängt. Unangenehme Symptome zeigen
Is
Kruken und Büchsen und Flaschen zu haben sind. Zu¬
sich an der Leber, und als der Besitzer des viel¬
erst fällt ju das Frühaufstehen recht schwer, ist aber
strapazierten Organs einmal sich bewegen ließ, auf
erst einmal die angeborene und anerzogene Faulheit
eine automatische Wage zu treten, da wär' er vor
en
überwunden, dann sieht man, wie schön es an einem
Schreck beinahe wieder heruntergefallen, zwanzig Pfund
13,
Sommermorgen draußen im Grünen ist, dann begreift
hatte er zugenommen. Und nicht ihm allein war
man gar nicht, wie man die schönsten Tagesstunden im
dieser Zuwachs beschieden, sondern auch ihr,
dunstigen Schlafzimmer zubringen konnte. Und wenn
Was war da zu
der getreuen Ehehälfte.
in
der Brunnen und das Salz nicht hilft, die vernünf¬
machen? Karlsbad er, Marienbad sie. Aber
tige Lebensweise, die Bewegung im Freien hilft. Das
die Sache hat einen Haken. Badereisen kosten
überflüssige Fett verschwindet, die hißlichen Symptome
de
Geld und zwar recht viel, zudem ist sie keine Freundin
2.
an der Leber lassen nach — und im nächsten Winter
von langen Eisenbahnfahrten und er mag das Geschäft
kommen sie wieder.
nicht ohne Aufsicht lassen. Zum Glück gab es in
de
diesem Dilemma einen Ausweg. Brunnen giebt es
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der
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Us
Wiener militärischen Ehrenrats sehr hart, aber, wie
he¬
die Dinge liegen, genügt's auch fernerhin ganz einfach:
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220
Arthur Schnitzler.
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Besehen wir uns vorweg das Verbrechen. Das
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blanke, der Poesie entkleidete Verbrechen.
Ein Leutnant, der den Kameradennamen Gustl
6 S
Kanf
.
Erste Beilage.
und zwar in einem Augenblick der Betäubung. Später
ordnet er seine Gedanken und kommt zu dem Resultat:
Du bist ehrlos, denn Du durftest Dir so was nicht
gefallen lassen. Er ist namenlos traurig, daß er sein
schönes, weiberreiches Leutnantsleben so früh lassen
soll, und er jubelt auf, wie er den Gegenstand be¬
seitigt sieht, der auf ihm liegt wie ein Grabstein. Das
gerade ist Schnitzler ausgezeichnet gelungen. Das selbst¬
verständliche Unterordnen unter das harte Ehrengesetz,
die Weichmütigkeit, die Resignation, und dann das
helle Aufleuchten der Lebenssonne. Ueberhaupt ist
diese Novelle in ihrer Art außerordentlich. Schon in
der Technik. Das Ganze, in wenig Stunden Ge¬
schehene, wird nicht erzählt, sondern vo Gustl in
Gedanken, Gefühlen und Selbstgesprächeneniht. Es
ist ein einziger Monolog. Kein wirklich gesprochener,
sondern ein gedachter, empfundener und vom Dichter
wie ein Stenogramm notierter. Die einzelnen Stimmungen,
die im Konzertsaal, das Rencontre in der Garderobe,
dann die Nacht im Prater und der Morgen im Café
sind ausgezeichnet in ihrer echten wienerischen Boden¬
ständigkeit.
Doch nach dem Wert der Dichtung hat der Ehren¬
rat nicht gefragt. Er hat einfach den Dichter aus
der Armee ausgeschieden, ins „Civil“ gestoßen. Der
Ehrenrat der meist dem Civilstande angehörenden
Kritik — nicht der Manöver=Kritik — hat ihn schon
lange willkommen geheißen.
Norbert Falk,
Tilly Waldegg als Zwillingsschwester.
Man soll die Woche nicht vor dem Sonnabend loben!
Kaum hatten wir uns gefreut, daß Neumann=Hofer
in seinem Sommertheater in der Schumannstraße
allerlei des Berliner Ruhmes bedürftige Schau¬
spielerinnen ganz im Geheimen gastieren lasse und
der Kritik Ruhe gebe, so kam schon die Einladung,
sich ins Deutsche Theater gefälligst zu bemühen.
Fräulein Tilly Waldegg spiele die Giuditta in Fuldas
„Zwillingsschwester“. Nach der Sorma und der Groß.
Sowohl diese wie jene war nach Vorschrift der Rolle
Ich
graziös, schelmisch, kekett, gefühlvoll gewesen.
glaube, eine halbwegs begabte (m
kann die Rolle nicht umbring so
73,
auch Tilly Waldegg sehr nett #
sehr schelmisch, sehr kokett und sehr gefühl¬
voll. Da sie obendrein jünger und schöner ist
als die Sorma und die Groß, so sah ..
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verschiedenen Situationen der artigen Pu#¬
10
8
de
ausgezeichnet aus und gefiel darum. Sie
Verslein sehr munter und niedlich. Da Fräulein
Waldegg ans „Neue Theater“ engagiert ist, so wollte
uns Neumann=Hofer wohl nur zeigen, was für eine
talentierte und brauchbare Schauspielerin er verliert.
N. F.
Stilles Beileid.
Die Uebersee=Bühne. Vor kurzem ist die
Nachricht aufgetaucht, daß ein New=Yorker Impresario
auf deutschen Ozeandampfern Schauspielvorstellungen