I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 194


10. Leutnant Gustl
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Breis fürauswärte 10

Grater
=Schriftleitung:
Borngs-Preiso:
Tbrechtgasse Nr. 5.
Für Graze
Fernsprechstelle Nr. 806.
„Grazer Volksblatt“ mit „Sonntags
lechstunden der Schriftleitung von
bote“ monatl. K1·80, viertelj. K 5“
—6 Uhr nachmittegs.
halbj. K 10·80, ganzi. K 21·60.
Für Zustellung ins Haus mona##
Verwaltung
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Albrechtgasse Nr. 6.
Für Österreich=Augarn:
Fernsprechstelle Nr. 868.
Grazer Volksblatt“ mit „Sonntage
bote“ monatl. K2·40, viertelj. K 7“-
Das „Grazer Volksblatt“ erscheint
halbj. K 14——, ganzi. K 28-—
täglich als Morgenblatt um
8 Uhr früh; an den auf Sonn= und
Feiertage folgenden Tagen aber als
214
Die Sonntagsnummer
A
Abendblatt um 2 Uhr nachmittags.
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dostet für sich allein: viertelj. K 1·25
Ankündigungen werden in der
halbj. K 2·50, ganzi. K 5—.
Verwaltung sowie in sämmtlichen
auswärtigen Ankündigungsanstakten
Fernsprechstelle der Druckerei
Tagblatt für das christliche Volk.
angenommen.
Nr. 698.
Nr. 170.
Sonntag den 23. Juni 1901.
34. Jahrgang.
geh'n m'r hinein — schaden kann's ja nicht! ...
Rechenschaft zu geben. Im übrigen stehe er aber
„Lieutenant Gustl“,
Orgel — Gesang — hm! — Was ist denn das?
da er nunmehr seinen principiellen Standpunk
Mir ist ganz schwindlig . . . o Gottt o Gott, o Gott!
Die „Neue Freie Presse' hatte in ihrer Weih¬
gewahrt habe, keinen Moment lang an, zu sagen
ich möchte einen Menschen haben, der Pfaff', wenn ich
dass er der Autor des „Lieutenant Gustl“ se
nachtsnummer die Novelle „Lieutenant Gust!“
zum Schluss sagen möcht': Habe die Ehre, Hochwürden
aus der Feder des Arthur Schnitzler veröffent¬
Bald darauf erhielt Dr. Schnitzler schriftlich de
jetzt geh' ich mich umbringen
„ * „
Am liebsten
Auftrag, zu einer Voruntersuchung des Ehren
licht, welcher die Tendenz zugrunde liegt, den
läg' ich da auf dem Steinboden und thät' heulen ...
für den Officiersstand exclusiven Ehrbegriff lä¬
rathes zu erscheinen. Er lehnte jedoch diese Zu
Nein, das darf man nicht thun! Aber Weinen thut
muthung mit der Begründung ab, er habe seinen
cherlich zu machen, und das Absurde an einem
manchmal so gut .. . —
Die Leut', die eine Religion
haben, sind doch besser dran.“ Natürlich bleibt er nicht
„Lieutenant Gustl“ nichts hinzuzufügen, und se
Typus des Officiersstandes zu zeigen. Der In
in der Kirche, noch weniger beichtet er, — er geht ins
halt der Novelle ist folgender:
auch nicht in der Lage, das geringste von dem, wa
Stamm=Kaffeehaus entschlossen, in ein paar Stunden
er geschrieben, wegzunehmen. In der Folge erhiel
Bei der Garserobe nach Schluss eines Concertes
sein Leben zu enden. So verlangt es die Officiersehre.
Dr. Schnitzler mehrere Vorladungen vor da
kommt Lieutenant Gustl mit einem riesig starken, ihm
Da erfährt er vom Piccolo, dass der Bäckermeister
Ehrengericht. Er leistete jedoch aus den angeführ
vom Café her bekannten Bäckermeister in einen Wort¬
heute nachts am Schlagflusse gestorben ist. Nun ist
ten principiellen Gründen keiner Vorladun
wechsel. Der Bäckermeister ruft dem Officier zu: „Herr
die Officiersehre gerettet, denn niemand wird etwas
Folge. Nunmehr wurde Dr. Schnitzler durch da
Lieutenant, wenn Sie das geringste Aufsehen machen,
erfahren, Lieutenant Gustl braucht sich nicht selbst
so zieh' ich den Säbel aus der Scheide, zerbrech' ihn
Votum des Ehrenrathes seiner Officierscharg
das Leben zu nehmen. „Am End' ist das alles, weil ich
und schick' die Stück an Ihr Regiments=Commando.
verlustig erklärt.
in der Kirche g’wesen bin.“ Am Nachmittag kann er
Verstehen Sie mich, Sie dummer Bub?“ Und dabei
Natürlich sind die Judenblätter darüber gan
ich mit dem Advocaten duellieren, der ihm jüngst bei
hielt er den Säbel so fest, dass Lieutenant Gustl die
einer Gesellschaft unmanierlich begegnet war, und er
wüthend, und wenn man sich vergegenwärtig
Beleidigung einstecken muss, und Aufsehen darf er
will ihn „zu Krennfleisch hauen“. Mit diesem Vor¬
dass Schnitzler ein Jude ist, so wird man de
auch nicht machen, sonst sieht alle Welt seine Schwäche.
atze endet die realistische Geschichte von dem Liente¬
Zornesausbruch dieser Blätter, die vollständig ge
Der Bäcker will dem Officier auch die Carriere nicht
nant Gustl.“
schwiegen hatten, als Ledochowski seiner Charg
verderben, und flüstert ihm zu: „Also schön brav
Ganz kurze Zeit nach der ersten Veröffent¬
deshalb für verlustig erklärt wurde, weil er das
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sein, Herr Lieutenant, — haben S' keine Angst,
lichung wurde Dr. Arthur Schnitzler auch von
Vorgehen des Tacoli gebilligt hatte, auf da
hat niemand was g’hört, — es ist schon alles gut
Freunden und Bekannten prophezeit, diese Publi¬
o. Und damit keiner glaubt, dass wir uns gestritten
Conto ihrer Vorliebe für das Semitische schreiben
haben, werd' ich jetzt sehr freundlich mit Ihnen
sein.
cation werde für ihn als Angehörigen der Armee
müssen. Dass auch die „Ostdeutsche Rundschau
Habe die Ehre, Herr Lieutenant, hat mich
üble Folgen nach sich ziehen. Doch maß Dr.
ich dem allgemeinen Entrüstungssturme ange
gefreut — habe die Ehre!“ So giengen sie auseinander.
Schnitzler diesen Vorhersagungen keinen Glauben
chlossen hatte, ist wohl deshalb erfolgt, weil be
Der Officier sieht klar ein: die Officiersehre verlange
bei. War doch auch sein Schauspiel „Freiwild“
den Alldeutschen eine Hetze gegen das österreichi
es, dass er sich nun selbst tödten müsse, da er sonst
anfangs in militärischen Kreisen nicht ohne Wi¬
sche Militär immer willkommen ist, auch dann
rüh
ehrlos quittieren müsste. Morgen um 8 Uhr
derspruch ausgenommen worden, ohne dass jedoch
wenn es einem Juden an den Kragen geht
will er sich, muss er sich erschießen. Er geht in den
dieser Umstand zum Anlasse zu irgend welchem
Schnitzler hat jetzt an seinem eigenen Leibe di
Prater, abends spät überlegt er alles, bereitet alles
Vorgehen gegen ihn genommen worden war. Bald
Folgen der Officiersehre verspürt, und jene Blät
vor, nimmt im Geiste von allem Abschied, er denk
jedoch trafen die Vorhersagungen ein. Ungefähr
an seine Jugend, seine Carriere, an Vater, Mutter
ter, welche das Urtheil des Ehrenrathes in de
und Schwester, an seine Freunde im Regimente, vor
vier Wochen nach der Publication des Aufsatzes
Affaire Ledochowski für selbstverständlich gefun
allem aber und immer wieder an die — „Menscher“
erhielt Dr. Schnitzler von Seite eines militäri¬
den hatten, haben das Recht verwirkt, sich gegen
die verschiedenen Dirnen, die er abwechselnd „geliebt“
schen Comites eine Zuschrift, des Inhaltes, er
die Maßregelung Schnitzlers auszusprechen. Wen
hat, aber es bleibt ihm nihts anderes übrig, er muss
nöge sich äußern, ob er mit dem als Autor des
das Urtheil in den Augen dieser Leute in den
sich erschießen. Auf dem Alege aus dem Prater in die
„Lieutenant Gustl“, unterzeichneten Arthur
ersteren Falle gerechtfertigt war, so ist es un
Stadt hört er plötzlich — Orgeltöne — „Ah, aus der
Schnitzler identisch sei. Dr. Schnitzler antwortete
o eher in dem vorliegenden. Das Volk hat der
Kirche ... Frühmesse — bin schon lang bei keiner
auf diese Zuschrift in einem Schreiben, in welchem
Officiersstand immer in Ehren gehalten, aber der
gewesen . .. Also, was ist, soll ich hineingehen? —
er betonte, dass er sich niemandem gegenüber ver¬
Ehrenstandpunkt hat schon zu solchen trauriger
Ich glaub', der Mama wär's ein Trost, wenn sie das
pflichtet fühle, über seine literarische Thätigkeit
wüsst', — die Clara gibt weniger drauf . . . Na,
Erscheinungen geführt, welche imstande sind, die
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oder an ein kleines Gebet erinnert, das seine fromme
dann ernst darauf bestehen, dass Kinder und Dienst¬
Große und kleine Missionen.
Kindsfrau ihn gelehrt, und hat den Heimweg zu Gott
boten die Sonntagsheiligung halten, und endlich aus
und zur Rechtschaffenheit gefunden. So mancher über¬
Eine Mission, eine Aufgabe hat jeder Mensch, groß
eigenen Mitteln für eine katholische Zeitung, für re¬
müthige junge Mann wurde nachdenklich und ernster,
oder klein, schwer oder leicht.
ligiöse Bücher und Bilder sorgen.
wenn er auf Jagden oder Bergpartien im stunden¬
Die Vorsehung sendet die Menschen, die etwas Be¬
Welcher Mann wird einer sonst tadellosen, opfer¬
langen Zusammensein mit einfachen Landleuten deren
nderes zu erfüllen, zu erfinden
willigen, stets liebevollen Frau solche Dinae w###
Iin lornte. E