I, Erzählende Schriften 10, Lieutet Gustl. Novelle, Seite 208

10. Leutnant
Gust
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Oesterreich=Ungarn.
Wilitär=Affairen.
tz Wien, 24. Juni. Von Zeit zu Zeit ergeben sich auch
bei uns zu Lande Zwischenfälle, die niemals aufhören werden,
solange das unnütze Säbeltragen im Frieden den Offizier, der
an überspannten Ehrbegriffen klebt, zu rascher Waffenthat reizt.
Dem Bozener Fall, der jetzt die Oeffentlichkeit erregt, fehlt
sogar das mildernde Moment augenblicklicher Aufwallung.
Der Oberleutnant Repaszky, der den harmlos seines Weges
gehenden Magistratsbeamten Rudolf mit dem Säbel atta¬

kirte, hat sich mit kaltem Blute wegen einer Affaire aus der

Lökalchronik revanchirt, in der etliche Bozener Offiziere eine

keineswegs erhebende Rolle spielten. Ehre war dobei nicht auf¬
zuheben, auch nicht zu schützen. Das Corpskommando soll eine
Abo
strenge Untersuchung zugesichert haben und der Tiroler Landtag
Abo
hat sich zur Dringlichkeit einer solchen gemeldet; erfahren wird
man darüber, wie das bei solchen geheimen Untersuch
ungen gewöhnlich ist, wohl nichts.
Neben dieser Militär¬
In
affaire aus dem Süden hat in Wien selbst das ehren
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räthliche Urtheil gegen den Regimentsarzt und Dich'r Arthur
Wo
Schnitzler viel von sich reden gemacht. Die militärische
Maßregelung eines anerkannten Schriftstellers, der einmal ein
we
den Offizierskreisen unangenehmes Sujet gewählt hat, kann
man nur kleinlich nennen. Ernster ist die Sache darum nicht
gezu nehmen, weil sie der davon Betroffene selbst nicht ernst ge¬
nommen zu haben scheint. Denn wäre dem Autor des „Leut¬
nant Gust!“ an der Offizierscharge gelegen gewesen, dann hätte
er dem Rufe vor den Ehrenrath Folge geleistet. Im Uebrigen
dürfte wohl Schnitzler darin Recht haben, daß nicht er bei diesem
Urtheil der Blamirte ist. Das hai man auch in unseren Militär¬
kreisen empfunden, und kein Geringerer als der Chef des Gene¬
ralstabs Baron Beck war es, der die Entscheidung des Ehren¬
rathes zu verhindern bestrebt war, weil er mit rich¬
tigem Takte erkannte, daß der Ehrenrath hierdurch nur
sich selbst kompromittire. Schnitzler ist eigentlich nur der
Rivalität zwischen Heer und Landwehr zum Opfer ge¬
fallen. Er war Regimentsarzt der Landwehr, und
der Ehrenrath der Landwehr hat an diesem Exempel zeigen
wollen, daß er in Bezug auf rigorose Auffassung der Offiziers¬
ehre nicht hinter dem Ehrenrath der Armee zurückstehe. Kleine
Ursachen, kleinliche Wirkungen. — Eine viel einstere Ehren¬
affaire beschäftigt gegenwärtig die österreichischen Offizierskreise.
Dem Herrn v. Krieghamme; ist es nach glorreicher Be¬
iegung der gehorsamen Delegation n gelungen, seine Position
beim allerhöchsten Kriegsherrn von Neuem zu festigen. In
seinem gehobenen Selbstgefühl hat er gegen den Präsidenten des
Offiziers=Pensionisten=Vereins, mit dem die Kriegsverwaltung
bekanntlich in Fehde liegt, den F3M. Kober, die Offensive
ergriffen. Einstweilen ist die Voruntersuchung gegen
den General eingeleitet, weil er es wagte, auf die von Herrn
v. Krieghammer erhobenen, durch nichts begründeten Anklagen

nicht zu schweigen. Die Sache macht böses Blut in
Offizierskreisen. Man munkelt sogar, der greise, obendrein
herzkranke General solle in der That seiner Charge verlustig
erklärt werden. Das wäre eine Kraftprdde,die Herr v. Krieg¬
hammer unmöglich lange überdauern könnte.
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Ausschnitt aus:
vom
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n Das „Berliner Tageblatt“ erhält zum „Fall
Schnitzker“ aus Wien eine Mittheilung, die die Sache denn doch in
einem ganz anderen Lichte als bisher erscheinen läßt. Danach hat
Schnitzler der Vorladung des militärischen Ehrengerichts einfach keine
Folge geleistet, da er sich in der Freiheit seines künstlerischen
Schaffens in keiner Weise behindern lasse. „Wenn man aber einer
achtenswerthen Körperschaft angehört, die sich durch irgend eine Handlung
Mitglied moralisch wohl verpflichtet, ihr Rede zu stehen. Und wenn
Dr. Schnitzler vor dem Ehrenrathe erschienen und die Versicherung
abgegeben hätte, daß es ihm nicht im Traume eingefallen sei, das
Offizierskorps als solches zu beleidigen, wenn er eine andere Auf¬
fassung entkräftet und mt seinen guten Gründen widerlegt hätte, so
Für
würde das Urtheil wohl nicht gefällt worden sein. Seine Haltung

mußte zu Mißdeutungen Anlaß geben. Als Schriftsteller, der die

Freihe# seines Schaffens hochhält, hat er wohl niemand Rede zu stehen
Wohl ##r als Offizier einem Ehrenrathe, der alle Kameraden vertritt
1
die sich in ihrer Ehre verletzt fühleht. Nach dieser Richtung hin kan
das
man sein Vorgehen nicht billigen“
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