I, Erzählende Schriften 8, Die Toten schweigen, Seite 1

8. Di
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de an der Abendtafel, da der Gatte aus der Sitzung
isionirt wurde und
hefmkehrt und sie mit gewohnter schlichter Zärtlichkeit
Der Verblichene, der sich um dit Entfaltung des Hau¬ begrüßt. Sie ist geborgen, bei Mann und Kind —
bels und Industrie der Schwesterstädte Bielitz = Biala was kann ihr nach widerfahren? Mit Selbstbeherr¬
durch vielsache Erleichterungen im Credu= und Es¬schung hört sie die Erzählungen des Mannes an, der
compte=Verkehr große Verdienste erworben, trat vor
die kkeinen Vorfällz der Sitzung berichtet — aber
einigen Jahren aus dem Verbaude des vorgenaunten
zwischendurch weiit sie mit den Gedanken braußen auf
Institutes, welches er leitete, aus und lebte nunmehr
der fürchterlichen Landstraße, und die Vorstellung, daß
im Rubestande für die humanitären und gemeinnützigen
sie keinen Tovten, sondern einen schwer Verwundeten
Interessen der genannten Gemeinde wirkend.
verlassen habe, bemächtigt sich ihres schwärmenden
x. Leichenbegängniß. Gestern um 10 Uhr Vor¬
Geistes. Er wird zu sich kommen, er wird sich rächen,
mittags wurde der verstorbene Verlagsbuchhändler
er wirb reden — tönt es in ihrem Innern. Dann
Herr Jakob Pascheles vom isr. Badhofe aus zu
wiederum ringt sie diese Befürchtungen nieder, hält sie
Grabe getragen. Zu der Leichenfeier hatten sich außer¬
sich das Bild des Erstarrten vor Augen, und unwill¬
n
ordentlich zablreiche Trauergäste eingesunden. Der
kürlich treten ihr die Worte „Die Todten schweigen“
Herr Oberrabbiner Dr. Ehrenfeld, die übrigen Rab¬
auf die Lippen. Der Gatte hört die seltsame Rede. ge¬
biner Prags, Vertreter der isr. Cultusgemeindereprä¬
wahrt ihren furchtbaren Zustand, hißt sie das Kind
sentanz, der Vorstand der isr. Beerdigungsbruderschaft,
zur Rube bringen und fordert Aufklärung — sie klam¬
Abordnungen mehrer Wohitbätigkeitsvereine waren an¬
mert sich an diese Forderung wie an einen letzten Halt
wesend. Die Beisetzung erfolgte auf dem neuen isr.
und wird gestehen, wac zu gestehen ist. Die in Wiener
Friedhof.
Localfarbe getauchte Geschichte hat ein prächtiges Co¬
Personaländerungen im k. k. Post¬
lerit, sie erinnert in der Darstellung des Unheimlichen
dienste. Uibersetzt wurden: der Posteontrolor Wenzel
mit###ter an Edgar Poe, aber sie geht nicht auf ame¬
Albrecht aus Dux, der Postassistent Max Sagner
rikanische Seusation aus, sondern auf einen portischen
9 aus Königgrät und der Postamtspraktikant Franz
Eindruck, der das Feld bebauptet. Die Motivirung
Spaty aus Pardudit, sämmtlich nach Reichenau
ist ungemein fein. Die Feigheit der Liebelei, die gleich
a. d. Ku.
in den ersten Gesprächen an der durch und durch un¬
*
Vorlesung Schusyler. Vom Verein zus treun Frau hervortritt, bereitet auf den gemeinen
Unterstätzung hilfsbedürftiger Taubstummen berufen. Egoismus vor, der sie in die rücksichtssose Verbrecher¬
hielt Dr. Arthur Schuihzler, der Verfasser der
flucht bineintreibt, die Schwäche, die sie schon während
Dramen „Liebelei" und „Freiwild“ und der Anatol¬
der Flucht nbtdigt, einzelne Worte aus dem Bereich
gespräche im Sviegelsaale des Deutschen Hauses eine
ihrer bastenden Vorstellungen vor sich hinzusprechen,
Vorlesung, zu der sich ein ansehntiches Publicum von
auf die Stimmung, die gegen die Selbstbeherrschung
Litera urfreunden und Literaten eingefunden hatte.
reagirt und den Selbstverrath herverdrängt. Das Ende
Schnitzler brachte zwei Stucke, die für seine schlicht
aber, das dem robstoff ichen Interesse soffene Fragen
bedeutsante Eigenart und für seine Kunst, aus der
läßt, ist eine echte innerliche Lösung, ein Abschluß voll
Wirklichkeitsmalerei und aus dem wohlgetroffenen
tragischer Ironie, in dem der Tod, auf dessen Schweigen
Locatton die Hoctische Wirkung hervorwachsen zu lassen,
die sündige Seele baut, mit der Zunge des eigenen
ungemein charakteristisch sind. Zunächst eine Novelle „Die! Gewissens zu reden beginnt. Die zweite Gabe Schnitz¬
Todien schweigen“, die Geschichte eines Stelldiwein, lers war jenes Anatolgespräch, in dem eine kolette
aus dessen bedrückender Heimlichkeit die jähe Gefahr! Frau aus der Gesellschaft dem Anbeter, der am Weih¬
vervorsp ingt. Es handelt sich um eine Professorsfrau, nachtsabende eine passende Gabe für sein „süßes Mädel“
die während der Collegiumesitzung ihres Mannes am in der Vorstadt sucht, erst mit spöttischer Ulberhebung,
Abend mit ihrem Geliebten zusammenkommt. Die dann mit Eisersucht und zuletzt mit Demuth ihren