I, Erzählende Schriften 3, Sterben. Novelle, Seite 2

3. Sterben

box 1/2
re AueG IheA #euNAS 4
außerdem noch zwei Apotbeker, zahlreiche Lazarethgehilfen
und sonstiges Personal. Die Zohl der Zahlmeister und Ver¬
waltungsoffiziere ist in jedem Regiment, in jedem Bezirks¬
kommando eine überftüssig große; ihre Beschäftigung geht
aus der Bemerlung eines im Hauptmannsrang stehenden
Regimentszahlmeisters hervor, der sich darüber beklagte, daß
man ihm zu seinen beiden Gehilfen mit Premierlientenahts¬
Rang noch einen dritten gegeben habe, dessen einzige Aufgabe
nur die sei, „das Nichtsthun und die Langeweile der Anderen
zu theilen.“ Dies nur einige Beispiele. Man sieht daraus,
wie viel an der itmienischen Militärverwaltung noch verein¬
facht und gespart werden konnte und wie wenig tief die er¬
#
Feuilleton.
¼
*
7 Belletristische Rundschan.
Von J. Schworz
(Fri drich Spielhagen: „Stumme ds Himmeld“. — Kostrab Telmann:
Auf eigener Scholle", — J. Niemann: „Die Geschichteeiner Treanung“.
— Marie Janitschek: Pfadsucher“. — Gusten Schwarzkopf:
Schlimme Geschichten". — Arthur Schnitzler: „Sterben“. — P. K.
Rosegger: „Als ich jung noch war“. — Mina Kautsko; „Helene“.
Dora Duncker: „Soldfliege“. — Juvenalis Minor: Zweierlei Hoheit“.
Zur Herbstzeit regen die Druckmaschinen die Zehntausend
ihrer Räder und Hebel mit gesteigerter Hast, und in wirrem Ge¬
dränge springen die Gestalten und Gedanken heraus, die das
Kirn der Dichter, Träumer und Erzähler geboren. Ein ver¬
heißendes Ziel winkt ihnen allen: Weihnachten mit seinem be¬
rühmten grecen „Tisch“, auf den beredte Anpreiser jahraus,
jahrein die merkwürdigsten Festgeschenke hinzuwünschen pflegen.
Wem aus der Fülle der literarischen Erscheinungen, die jeder
Tag jetzt aufhäuft, der Name Friedrich Spiethagen auf
einem Buchtitel entgegenblickt, der wird nach solcher Neuheit
gewiß gern zuerst greifen und einem der Senioren unter den
deutschen Fabulisten den Vortritt einräumen. Spielhagen's
Roman betitelt sich: „Stumme des Himmels“ (L. Staack¬
mann in Leipzig). Wie in seinem ersten und erfolgreichsten Buche
„Probiematische Naturen“ ein Wort Gocthe's, ist hier eine Jean
Paul'sche Sentenz als Motto gewählt. „Stumme des Himmels“
das sind Solche, „denen kein Gott gab, zu sagen, was sie leiden
a, die nicht einmal für ihre Freude zur rechten Zeit den rechten
Ausdruck finden.“ Wir können uns leider nicht verhehlen, daß
Spielhagen in dieser Arbeit hiester den Erwartungen, die er rege
macht, zurückbleibt. Er ist nicht mehr der Alte, das will heißen
en ist nicht mehr der Junge. Nichts ist begreiflicher, als diese
Erscheinung, nichts natürlicher und nichts zugleich doch schmerz¬
licher. Wo eine reiche und arbeitsfrohe Manneszeit vorauf¬
gegangen, wie hier, wirkt es doppelt trübe, wenn das Alter sich
meldet. Und das ist in dem vorliegenden Buche der Fall. Was
ihm fehlt, sind Frische und Jugend, die kühne, aus dem Vollen
schöpfende Gestaltungskraft, jene Kraft, die dem Verfesser früher
in so hohem Maße eiger gewesen. Wie lag da Alles fest und
stark und sicher gefügt, und wie klar und bestimm, traten Per¬
sonen und Handlungen bei ihm aus dem Rahmen! Nun sind die
Striche ein wenig unsicher geworden, das Gefüge ein wenig
locker, die Zeichnung ein wenig hickenhaft, die Farben ein wenig
Betrieb des Privateigenthums vernichten und Sipilien außer¬
halb des gemeinen Rechis siellen; die Latifundien seien eine
klimatische und tellurische Nothwendigkeit, an der kein meusch
liches Gesetz rütteln könne u. s. w. Hiernach sind alse die
sizilianischen Latifundien eine Ari Nuurgesetz, gegen das nur
Thoren ankämpfen können, und da die sizilianischen Gro
grundbesitzer im Parkament sehr ei#slaßreich sind und selbst
die Mittel haben, sich im Nothfalleeine Majorität zu erkau¬
fen, so werden sie Herrn Erispi. De Naturgesetzlichkeit der
Latifundien wohl auch auf dem parlamentarischen Boden
beweisen. Es wird dem Premier hier also höchst wahr¬
scheinlich ergehen, wie es ihm schon bei seinem Plaue betref¬
end die Vereinfachung der Staatsverwaltung gegangen ist
WIEETPTER
verschwommen. Statt der fließenden Handlung erhalten wir um¬
ständliche Beschreibungen; die glänzsde Lompösition hat einer
etwas erkünstelten Kombination das Feld geräumt.
Der Inhalt des Romaus ist kurz folgender: Ein junger
Gutsbesitzer lernt in Norderney ein junges asleinsiehendes Mäd¬
chen kennen. Die Gelegenheit führt sie zusammen, und die
Liebe bleibt nicht aus. Eine große und starke Liebe, obgleich
der Mann verheirathet ist und Eleonore dies weiß. Doch an
dem Tage nach der Erklärung verläßt sie plötzlich den Schau¬
platz. Wohin geht sie? Niemand weiß e3. Ihre Abschieds¬
worte an den Geliebten sind Worte voll bitterer Entsagung.
Verzweifelt kehrt Utrich zu seiner Familie zurück. Eleonore eis#
nach Berlin und bringt sich bei einer Tanté unter, die eine
Familienpension hält. Auf der Eisenbahn hat sie die Bekannt¬
schaft eines Grafen gemacht, der unter Anderem Ulrich's als
seines intimen Freudes erwähnt und dessen Frau als „die
beste der Frauen“ bezeichnet. Nach 1 Tagen besucht sie dieser
Graf und — stellt ihr einen Heirathsantrag. Sie lehnt ab,
sie lehnt alle Anträge ab, die an sie gelangen. Das ganze
Familienpensionat (wörtlich zu nehmen!) bewirbt sich um sie, — sie
wird nicht müde, abzulehnen. Endlich beschließt sie, wieder Ge¬
sellschafterin zu werden — sie war aus dem Hause eines eng¬
lischen Lords nach Norderney gekommen — und tritt bei einer
Generalin in Stellung. Man empfängt sie liebenswürdig, und
mit der jüngeren, etwas zurückgesetzten Tochter des Hauses, auch
einer „Stummen des Himmels“ tritt sie sogleich in ein ver¬
trautes Freundschaftsverhältniß. Dabei erfährt sie, daß
Ulrich der Schwiegersohn des Hauses ist und ihr Graf, der
abgewiesene Graf die Neigung der älteren Tochter besitze. So
steht sie wieder zwischen den beiden Mätmern. Sie begegnet ihnen
in der Gesellschaft. Ulrich liebtsie glühender als je und will sie nicht
aufgeben. Die Mutter des Grafen faßt Neigung zu Eleonyren.
Sie ahnt ihr Leid und erzählt ihr die eigene wenig tröstliche Lebens¬
geschichte, die im Entsagen gipfelt. Und Eleonore entsagt ebenfalls,
chon um der Frau willen, die sie kennen gelernt hat und die den
Gatten liebt. Und hier ist einer der Punkte, auf dem wir uns
mit dem Autor ganz und gar nicht verstehen wollen. Wie?
Eleonore, die Welt= und Menschenkennerin, entsagt wirklich?
ind das zu Gunsten einer Frau, die der Antor nun einmal, er
mag wollen oder nicht, als eine alberne, verständnißlose und bis
zu einem gewissen Grade sogar gemeine Person dargestellt hat
Zu Gunsten einer Frau, der absolut das fehlt, was man Herz
oder auch nur Gefühl zu nennen gewohnt ist? Zu Gunsten
dieser Frau entsagt Eleonore, ein Mädchen, das, man be¬
denke, ohne religiöse Skrupel und frei und hochdenkend ist?
Nein, das glauben wir nicht, da versteckt sich irgendwo eine Un¬
1
9
un
I1
h
su
10
de
9
Ne.
Hali
beih:
Held
gesp
perr
Im

zu
V
th
lei
r