31. Im Spiel der Sonnerluefte box 34/4
Die schöne Literatur Heft 2 ]Februar 1930
dem unter eigenartigen Umständen gebote¬
einzige klare Figur in dem Stück ist der
nen unreifen Gegenwartsschauspiel sehr
Nachtwächter, dessen jahrelange Liebe
Alfred Mayerhofer.
schlecht.
zu der Frau seine Handlungen einiger¬
Schnitzler, Arthur: Im Spiel der
maßen motiviert. — Die an sich schon
Sommerlüfte. (Wien, 21. Dez.)
nicht leichte gedankliche Erfassung der
Man steht dieser Dichtung gegenüber,
Brustschen Vorstellungswelt wurde
wie einer Vergangenheit, die man einmal
durch das manierierte Spiel der Haupt¬
sehr geliebt und von der man sich später los¬
darstellerin noch erschwert, die Stärke
gelöst hat: voll Rührung mit einer Messer¬
der Aufführung (Regie: G. R. Sellner)
spitze unbehaglichen Gefühls. Bekannte
lag in der packenden Milieuzeichnung.
Gestalten sieht man wieder: Leutnants,
Das durch einen Vortrag mit Brust
süße Mädels, Jünglinge, die im Cottage
vertraut gemachte Publikum sah über die
wachsen und in der Pubertät sind, Gatten,
Schwächen des Stückes hinweg und ap¬
Gattinnen und Liebhaber; man ist also
plaudierte lebhaft. W. K. Geyger.
bei Schnitzler und hört von altvertrauten
Ortner, Eugen: Fackelträger in Pa¬
Dingen sprechen, vom Sterben, von der
ris. (München, 16. Dez.)
Liebe, der Liebelei. Der Gustl hat sogar
An dem Erlebnis eines jungen Pa¬
wieder ein Duell. Der Wortreigen und
riser Mädchens von 1926, das als Ge¬
die Ereignisse drehen sich auch diesmal
sellschafterin einer Revuediva durch die
nur um den Sinn solcher Leben. Wäh¬
Hände eines Amerikaners und eines sat¬
rend aber in der Welt des jungen Dich¬
ten französischen Lebemanns geht, schlie߬
ters die Konflikte unrettbar zu tragischer
lich von den zukunftsträchtigen „Ec¬
Lösung drängten, bricht in diesem Kam¬
claireurs“, den Fackelträgern, als Jeanne
merspiel das Gewitter schon vor Stück¬
d'Arc auf die Schultern gehoben wird,
schluß, mitten im zweiten Akt aus: und
demonstriert Ortner das Schicksal des
der Dichter malt nun einen versöhn¬
jungen Menschen unserer Tage: dieser,
lichen Abschluß mit blauem Himmel.
eingekeilt zwischen ein untergehendes und
„Im Spiel der Sommerlüfte“, der erste
ein neu anbrechendes Zeitalter, reißt sich,
dramatische Epilog Schnitzlers, ist also
wenn auch unter Schmerzen, von der
eine uns allen bekannte Dichtung, im
traditionsbelasteten alten Gesellschaft
Atmosphärischen, durch die Gestalten
los und betritt den Weg einer jungen
sehr von anno dazumal, eine Kopie in
Wahrheit. Stellenweise verrät die Ge¬
Pastellfarben: aber da sie gegenüber den
staltung dieses nicht sehr originellen Vor¬
früheren Dramen durch ein Wichtigstes,
wurfs Funken dichterischer Begeisterung,
nämlich durch die abschließende Einsicht
im ganzen aber bleibt das Stück an der
eines ganzen, voll erlittenen Lebens im
Oberfläche haften: die Hauptperson wie
Farbton verändert wurde, kommt sie an
ihre Gegenspieler lassen die innere Wahr¬
manchen Stellen der Unmittelbarkeit
heit vermissen, banale Dialoge streifen
der ersten reifen Werke nahe. Zum Bei¬
die Grenze des Lächerlichen. Ein Ver¬
spiel in jener echten Szene in der Mitte
gleich mit dem bisher bekannten Schaffen
des Stücks, in der zwei Menschen, deren
des Autors, wie mit dem „Meier Helm¬
brecht“ oder der „Insulinde“, bekommt, Leben falsch festgefahren ist, um Herzens¬
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Die schöne Literatur Heft 2 ]Februar 1930
dem unter eigenartigen Umständen gebote¬
einzige klare Figur in dem Stück ist der
nen unreifen Gegenwartsschauspiel sehr
Nachtwächter, dessen jahrelange Liebe
Alfred Mayerhofer.
schlecht.
zu der Frau seine Handlungen einiger¬
Schnitzler, Arthur: Im Spiel der
maßen motiviert. — Die an sich schon
Sommerlüfte. (Wien, 21. Dez.)
nicht leichte gedankliche Erfassung der
Man steht dieser Dichtung gegenüber,
Brustschen Vorstellungswelt wurde
wie einer Vergangenheit, die man einmal
durch das manierierte Spiel der Haupt¬
sehr geliebt und von der man sich später los¬
darstellerin noch erschwert, die Stärke
gelöst hat: voll Rührung mit einer Messer¬
der Aufführung (Regie: G. R. Sellner)
spitze unbehaglichen Gefühls. Bekannte
lag in der packenden Milieuzeichnung.
Gestalten sieht man wieder: Leutnants,
Das durch einen Vortrag mit Brust
süße Mädels, Jünglinge, die im Cottage
vertraut gemachte Publikum sah über die
wachsen und in der Pubertät sind, Gatten,
Schwächen des Stückes hinweg und ap¬
Gattinnen und Liebhaber; man ist also
plaudierte lebhaft. W. K. Geyger.
bei Schnitzler und hört von altvertrauten
Ortner, Eugen: Fackelträger in Pa¬
Dingen sprechen, vom Sterben, von der
ris. (München, 16. Dez.)
Liebe, der Liebelei. Der Gustl hat sogar
An dem Erlebnis eines jungen Pa¬
wieder ein Duell. Der Wortreigen und
riser Mädchens von 1926, das als Ge¬
die Ereignisse drehen sich auch diesmal
sellschafterin einer Revuediva durch die
nur um den Sinn solcher Leben. Wäh¬
Hände eines Amerikaners und eines sat¬
rend aber in der Welt des jungen Dich¬
ten französischen Lebemanns geht, schlie߬
ters die Konflikte unrettbar zu tragischer
lich von den zukunftsträchtigen „Ec¬
Lösung drängten, bricht in diesem Kam¬
claireurs“, den Fackelträgern, als Jeanne
merspiel das Gewitter schon vor Stück¬
d'Arc auf die Schultern gehoben wird,
schluß, mitten im zweiten Akt aus: und
demonstriert Ortner das Schicksal des
der Dichter malt nun einen versöhn¬
jungen Menschen unserer Tage: dieser,
lichen Abschluß mit blauem Himmel.
eingekeilt zwischen ein untergehendes und
„Im Spiel der Sommerlüfte“, der erste
ein neu anbrechendes Zeitalter, reißt sich,
dramatische Epilog Schnitzlers, ist also
wenn auch unter Schmerzen, von der
eine uns allen bekannte Dichtung, im
traditionsbelasteten alten Gesellschaft
Atmosphärischen, durch die Gestalten
los und betritt den Weg einer jungen
sehr von anno dazumal, eine Kopie in
Wahrheit. Stellenweise verrät die Ge¬
Pastellfarben: aber da sie gegenüber den
staltung dieses nicht sehr originellen Vor¬
früheren Dramen durch ein Wichtigstes,
wurfs Funken dichterischer Begeisterung,
nämlich durch die abschließende Einsicht
im ganzen aber bleibt das Stück an der
eines ganzen, voll erlittenen Lebens im
Oberfläche haften: die Hauptperson wie
Farbton verändert wurde, kommt sie an
ihre Gegenspieler lassen die innere Wahr¬
manchen Stellen der Unmittelbarkeit
heit vermissen, banale Dialoge streifen
der ersten reifen Werke nahe. Zum Bei¬
die Grenze des Lächerlichen. Ein Ver¬
spiel in jener echten Szene in der Mitte
gleich mit dem bisher bekannten Schaffen
des Stücks, in der zwei Menschen, deren
des Autors, wie mit dem „Meier Helm¬
brecht“ oder der „Insulinde“, bekommt, Leben falsch festgefahren ist, um Herzens¬
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