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30 DerGangzum Neiler
77
U
Nr. 48
Wien, Dienstag
sich im Mondenschein in jenem Weiher abspielt. Immer
volkstümlich
noch kreisen dieses gealterten Mannes Gedanken am leb¬
triumphalen
haftesten um erotische „Probleine“ wie einst in den Tagen
ordentlich se
einzigen Gi
der Jugend und er. der gerade in diesem seinem letzten
Werke so manches tiefsinnige Wort über die Melancholie
Zusammenh
d#e# Alterns findet, hat den Sinn des Alters: Klarer¬
kennen kön
werden Reiferwerden, Reinerwerden, Weiserwerden immer
mächtiger S
noch nicht erfaßt. Und so muß er es sich gefallen lassen,
Tantamschle
daß man, den Respekt beiseitesetzend, den man dem Alter
der Orgel
entgegenzubringen gewohnt ist, auch diese seine letzte
satz von
Dichtung mit der gleichen heftigen Entschiedenheit ablehnt,
Reiter se
wie man die meisten seiner früheren abgelehnt hat. Kein
daß der Se
weifel: Es gibt wunderbare Stellen darin. Jene von
In
Melancholie getrankte Stimmung zu erzeugen, in der die
Gastdiriger
Menschen traumhaft und wie in einem Nebel dahin¬
prachtvolle
schreiten, darin ist Schnitzler immer noch Meister. Aber
aus dem
von dieser Melancholie zum Leichtsinn, zu einer unglaub¬
Orchester
lich frivolen Lebensauffassung ist bei Schnitzler immer nur
so das S
ein kleiner Schritt. Und vor Begriffen wie Frauenehre,
gesangver¬
reine Liebe, Jungfräulichkeit haben ihn die fortschreitenden
Siege fül
Jahre immer noch nicht größere Achtung zu hegen gelehrt.
Meister 1
Prunkvoll rauscht die jambische Verssprache dieser
dem sie d
Dichtung einher, mit Bildern reich beladen, oftmals über¬
laden. Lang und gescheit und schön reden die Leute alle,
am liebsten über sich selber. Jeder „erklärt“ sich selbst,
Abonneme¬
breitet sein Inneres aus, statt, wie es im richtigen Drama
Ch. Goun
geschieht, seine Handlungen, seine Taten für sich sprechen
Helletsgir¬
Wiedeman
#n lassen. Dieses viele und lange, wenngleich schöne Reden
Anfang 7
übt schließlich eine eintönige, ja einschläfernde Wirkung.
die Worte legen sich wie ein zäher Brei um die Handlung,
aufführur
verkleben ihre Räder, daß sie nur schleppend vorwärts¬
Deval, de
kommt. Das ist auch der Grund. aus dem das Interesse des
Beer, m
Publikums immer mehr abflaut, je länger der Abend
Emmy Fl¬
daueri, und er dauert reichlich lange.
Ehmann,
Das Burgtheater hat sich wieder mit großer Liebe in
mann sta
den Dienst eines Dichters gestellt, dem es so oft schon
aufführns
diente. Heines Regie bannt alle Reize der Stimmung,
drei Akte
die ihn aus dem Buche ansprachen, meisterhaft auf die
der Woch
Bühne. Herr Balser, den man endlich, endlich wieder
wunde
sieht, spielt den Freiherrn v. Mayenau und man freut sich
Dreher z
über seine edle Haltung, die klare Gliederung und
Deutlichkeit seiner Sprache. Nicht das gleiche kann man
Abraham
diesmal Herrn Onno nachrühmen, dem Darsteller des
Rita Ge¬
Fritz St
Sylvester Thorn. Seine explosive Art zu sprechen zer¬
mann i
sprenat die Verse, manche Stellen werden im allzu
wird au
stürmischen Tempo der Rede unverständlich. In Verlegen¬
ermäßig
heit allerdings geriete man, wenn man für diese zwie¬
spältige Rolle einen anderen Darsteller vorschlagen sellte
als Herrn Onno, der ihr durch die Vornehmheit seines
Wesens immer noch einen romantischen Glanz gibt. Ganz
im richtigen Fahrwasser ist Herr Hennings wie
immer, wenn er das frische Drauflos der Jugend spielen
Ur
darf. Frau Wohlgemuth, nach langer Zeit wieder
Pova
mit einer neuen Rolle bedacht, wandelt in ziemlich unter¬
geordneter dramatischer Funktion, nämlich als Anselma, Pressee
schön, melancholisch, gar nicht wohlgemus, eine erhabene meister
der „T
Dienerin am Worte durch den Abend. Die Leonilda ist
den N.
ganz offenkundig nicht die Rolle der Frau Johannsen,
Artikel
die sie leider spielen muß. Zuviel herbe, scheue Fraulichkeit
dem 2
und Anmut bringt diese kostbare Künstlerin mit, als daß
bezeick
sie uns ein von erotischen Träumen belästigtes Mädchen
betont
Schnitzlerscher Fasson vorsvielen könnte. Vortrefflich hin¬
haupt:
gegen Heine als phantastisch verschrobener Sekretär.
der u
Ein Achtungserfolg. Gewann er nach dem dritten
fortge.
Akte. als sich Schnitzler mehrmals vor dem Vorhange
geschei
zeigen mußte an Wärme, so galt sie mehr seiner Person
daß d
als seinem letzten Werke. Nach Schluß aber meldete sich
und i
auf der Galerie sehr vernehmlicher Widerspruch: Die
Dr. (
neue Jugend hat dieser Dichter nicht mehr für sich.
ehelid
B.
Erfin
Bürg
Resters „Gaethe=Iinkonse“
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30 DerGangzum Neiler
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Nr. 48
Wien, Dienstag
sich im Mondenschein in jenem Weiher abspielt. Immer
volkstümlich
noch kreisen dieses gealterten Mannes Gedanken am leb¬
triumphalen
haftesten um erotische „Probleine“ wie einst in den Tagen
ordentlich se
einzigen Gi
der Jugend und er. der gerade in diesem seinem letzten
Werke so manches tiefsinnige Wort über die Melancholie
Zusammenh
d#e# Alterns findet, hat den Sinn des Alters: Klarer¬
kennen kön
werden Reiferwerden, Reinerwerden, Weiserwerden immer
mächtiger S
noch nicht erfaßt. Und so muß er es sich gefallen lassen,
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daß man, den Respekt beiseitesetzend, den man dem Alter
der Orgel
entgegenzubringen gewohnt ist, auch diese seine letzte
satz von
Dichtung mit der gleichen heftigen Entschiedenheit ablehnt,
Reiter se
wie man die meisten seiner früheren abgelehnt hat. Kein
daß der Se
weifel: Es gibt wunderbare Stellen darin. Jene von
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Melancholie getrankte Stimmung zu erzeugen, in der die
Gastdiriger
Menschen traumhaft und wie in einem Nebel dahin¬
prachtvolle
schreiten, darin ist Schnitzler immer noch Meister. Aber
aus dem
von dieser Melancholie zum Leichtsinn, zu einer unglaub¬
Orchester
lich frivolen Lebensauffassung ist bei Schnitzler immer nur
so das S
ein kleiner Schritt. Und vor Begriffen wie Frauenehre,
gesangver¬
reine Liebe, Jungfräulichkeit haben ihn die fortschreitenden
Siege fül
Jahre immer noch nicht größere Achtung zu hegen gelehrt.
Meister 1
Prunkvoll rauscht die jambische Verssprache dieser
dem sie d
Dichtung einher, mit Bildern reich beladen, oftmals über¬
laden. Lang und gescheit und schön reden die Leute alle,
am liebsten über sich selber. Jeder „erklärt“ sich selbst,
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breitet sein Inneres aus, statt, wie es im richtigen Drama
Ch. Goun
geschieht, seine Handlungen, seine Taten für sich sprechen
Helletsgir¬
Wiedeman
#n lassen. Dieses viele und lange, wenngleich schöne Reden
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übt schließlich eine eintönige, ja einschläfernde Wirkung.
die Worte legen sich wie ein zäher Brei um die Handlung,
aufführur
verkleben ihre Räder, daß sie nur schleppend vorwärts¬
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kommt. Das ist auch der Grund. aus dem das Interesse des
Beer, m
Publikums immer mehr abflaut, je länger der Abend
Emmy Fl¬
daueri, und er dauert reichlich lange.
Ehmann,
Das Burgtheater hat sich wieder mit großer Liebe in
mann sta
den Dienst eines Dichters gestellt, dem es so oft schon
aufführns
diente. Heines Regie bannt alle Reize der Stimmung,
drei Akte
die ihn aus dem Buche ansprachen, meisterhaft auf die
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sieht, spielt den Freiherrn v. Mayenau und man freut sich
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über seine edle Haltung, die klare Gliederung und
Deutlichkeit seiner Sprache. Nicht das gleiche kann man
Abraham
diesmal Herrn Onno nachrühmen, dem Darsteller des
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Fritz St
Sylvester Thorn. Seine explosive Art zu sprechen zer¬
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sprenat die Verse, manche Stellen werden im allzu
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stürmischen Tempo der Rede unverständlich. In Verlegen¬
ermäßig
heit allerdings geriete man, wenn man für diese zwie¬
spältige Rolle einen anderen Darsteller vorschlagen sellte
als Herrn Onno, der ihr durch die Vornehmheit seines
Wesens immer noch einen romantischen Glanz gibt. Ganz
im richtigen Fahrwasser ist Herr Hennings wie
immer, wenn er das frische Drauflos der Jugend spielen
Ur
darf. Frau Wohlgemuth, nach langer Zeit wieder
Pova
mit einer neuen Rolle bedacht, wandelt in ziemlich unter¬
geordneter dramatischer Funktion, nämlich als Anselma, Pressee
schön, melancholisch, gar nicht wohlgemus, eine erhabene meister
der „T
Dienerin am Worte durch den Abend. Die Leonilda ist
den N.
ganz offenkundig nicht die Rolle der Frau Johannsen,
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die sie leider spielen muß. Zuviel herbe, scheue Fraulichkeit
dem 2
und Anmut bringt diese kostbare Künstlerin mit, als daß
bezeick
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betont
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haupt:
gegen Heine als phantastisch verschrobener Sekretär.
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Akte. als sich Schnitzler mehrmals vor dem Vorhange
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auf der Galerie sehr vernehmlicher Widerspruch: Die
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neue Jugend hat dieser Dichter nicht mehr für sich.
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