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30 Der Gang zun Neiher
Der Gang zum Weiher
(Zur Uraufführung im Kleinen Haus)
Von Horst Hoffmann
im Mittelpunkt des Schauspielprogramms für die diesjährigen
Maifestspiele steht die reichsdeutsche Uraufführung eines Schnitz¬
lerschen Werkes, das bisher nur in des Dichters Heimatstadt Wien
(am Burgtheater) aufgeführt wurde. Schnitzler, der im Jahrzehnt vor
dem Kriege durchaus in die erste Reihe der deutschsprachigen
Dichter gehörte, ist der jungen Generation von heute so gut wie
unbekannt, der älteren nicht viel mehr als eine Erinnerung an
vergangene Zeiten. Auch der „Gang zum Weiher“ ist durch und
durch ein Erzeugnis jener Vorkriegskultur, deren Tage unwider¬
bringlich vorbei sind. Solche Werke indessen rigoros vom Spiel¬
plan des gegenwärtigen Theaters verbannen zu wollen, bloss weil
sie „gestrig“ sind, wäre nicht ällein snobistisch, sondern auch
ungerecht gegen jene Werke, die die Ernte eines gelebten Le¬
bens enthalten und darum noch nicht wertlos sind, weil sie ab¬
geklärt und voll Haltung sind. Ein solches Werk der Reife ist der
neue Schnitzler.
Die schöpferischen Motive in Schnitzlers Dichtung sind durch¬
aus nicht nur solche der Jahrhundertwende. Es sind die ewigen
Fragen des Werdens und Vergehens in ihren greifbaren Formen
Liebe und Tod, um die Schnitzlers Gedanken und Empfindungen
seit jeher kreisen. Es gibt Zeiten, denen das Leben selbst wich¬
#tiger und interessanter erscheint als diese seine ewigen Angel¬
punkte, und unsere Zeit mit ihrer Unsicherheit und Bedrängnis des
äusseren Lebens gehört zu ihnen. Vor dem Kriege hingegen
verlief das Leben in gesicherten und ruhigen Bahnen; um so un¬
sicherer war die innere Haltung der Menschen. In den Schnitt¬
punkt zweier solcher Epochen führt Schnitzlers neues Werk. Das
drohende Verhängnis des Krieges, geahnt, gehemmt, fast schon
gebannt und dann dort mit voller Wucht hereinbrechend, zwingt
die Menschen dieses Stückes zur Klärung. Die einen sind einer
Zeit der Tat nicht gewachsen und zerbrechen; die anderen wach¬
sen von milder Reflexion zur Tatbereitschaft empor. Es ist, als
wollte Schnitzler ein Gleichnis von diesem ewigen Wechsel der
Menschheitsgezeiten geben; als führte ihn die Reife des Alters
zu der Erkenntnis, dass weder das Leben an sich noch der blosse
Gedanke an das Ende den Menschen zu erschüttern und zu ver¬
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1930/31.
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Der Gang zum Weiher
(Zur Uraufführung im Kleinen Haus)
Von Horst Hoffmann
im Mittelpunkt des Schauspielprogramms für die diesjährigen
Maifestspiele steht die reichsdeutsche Uraufführung eines Schnitz¬
lerschen Werkes, das bisher nur in des Dichters Heimatstadt Wien
(am Burgtheater) aufgeführt wurde. Schnitzler, der im Jahrzehnt vor
dem Kriege durchaus in die erste Reihe der deutschsprachigen
Dichter gehörte, ist der jungen Generation von heute so gut wie
unbekannt, der älteren nicht viel mehr als eine Erinnerung an
vergangene Zeiten. Auch der „Gang zum Weiher“ ist durch und
durch ein Erzeugnis jener Vorkriegskultur, deren Tage unwider¬
bringlich vorbei sind. Solche Werke indessen rigoros vom Spiel¬
plan des gegenwärtigen Theaters verbannen zu wollen, bloss weil
sie „gestrig“ sind, wäre nicht ällein snobistisch, sondern auch
ungerecht gegen jene Werke, die die Ernte eines gelebten Le¬
bens enthalten und darum noch nicht wertlos sind, weil sie ab¬
geklärt und voll Haltung sind. Ein solches Werk der Reife ist der
neue Schnitzler.
Die schöpferischen Motive in Schnitzlers Dichtung sind durch¬
aus nicht nur solche der Jahrhundertwende. Es sind die ewigen
Fragen des Werdens und Vergehens in ihren greifbaren Formen
Liebe und Tod, um die Schnitzlers Gedanken und Empfindungen
seit jeher kreisen. Es gibt Zeiten, denen das Leben selbst wich¬
#tiger und interessanter erscheint als diese seine ewigen Angel¬
punkte, und unsere Zeit mit ihrer Unsicherheit und Bedrängnis des
äusseren Lebens gehört zu ihnen. Vor dem Kriege hingegen
verlief das Leben in gesicherten und ruhigen Bahnen; um so un¬
sicherer war die innere Haltung der Menschen. In den Schnitt¬
punkt zweier solcher Epochen führt Schnitzlers neues Werk. Das
drohende Verhängnis des Krieges, geahnt, gehemmt, fast schon
gebannt und dann dort mit voller Wucht hereinbrechend, zwingt
die Menschen dieses Stückes zur Klärung. Die einen sind einer
Zeit der Tat nicht gewachsen und zerbrechen; die anderen wach¬
sen von milder Reflexion zur Tatbereitschaft empor. Es ist, als
wollte Schnitzler ein Gleichnis von diesem ewigen Wechsel der
Menschheitsgezeiten geben; als führte ihn die Reife des Alters
zu der Erkenntnis, dass weder das Leben an sich noch der blosse
Gedanke an das Ende den Menschen zu erschüttern und zu ver¬
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