II, Theaterstücke 30, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 110

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ändern vermag, sondern dass gerade in dem Wechsel von
Ebbe und Flut die Naturkraft liegt, die die Menschheit zur Ent¬
scheidung und Entwicklung zu nötigen vermag. Die tiefe Gedank¬
lichkeit und der weite ethische Horizont dieses Spiels beherr¬
schen auch den Vordergrund des Geschehens so stark, dass die
„äussere Handlung“ daraus verdrängt wird und auf den ersten
Blick zufällig und unbeholfen erscheint. Sie ist es aber nicht aus
Mangel an dramaturgischem Können, sondern eher im Sinne der
klassischen Tragödie, die die Handlungs-Stichworte für die innere
Entwicklung sogar auf Botenmeldungen beschränkte.
Der geistigen Haltung des Stückes entspricht seine Form. Es
ist die des „Dramatischen Gedichtes“, eine seit Lessings „Nathan“
nur noch selten beherrschte Kunstform. Sie bringt den sprach¬
lichen Ausdruck zu edelster Entfaltung. In vollendeten Versen
geben kunstvoll gebaute Perioden weitverzweigten Gedanken¬
gängen Raum. Die Sprache entfernt sich so weit wie nur möglich
von jeder Banalität. Sie dringt hinter das Wesen der Dinge und
sucht ihren seelischen Wert in zarten, poetischen Wendungen zu
erfassen. Das Erlebnis bekommt Distanz. Es rückt uns nicht auf
den Leib, es bleibt in der Sphäre des gespielten Gleichnisses.
Um so besser lässt es sich überschauen. Diese Kunst Ist durch¬
aus „ästhetisch“ und uns darum vielleicht fremd. Sie stellt hohe
Ansprüche, sowohl an den Schauspieler wie an den Zuschauer.
Aber sind nicht erst jene Ergebnisse, die er sich hat erringen
müssen, des Menschen wahres und unverlierbares Eigentum?
Tschaikowskgs „Mazeppa“
(Zur deutschen Uraufführung im Grossen Haus
am 23. Mai)
Von Dr. Fritz Schröder
Peter IIjitsch Tschaikowsky (1840—1893) ist bis jetzt in Deutsch¬
land als Opernkomponist nur durch drei Wi ke bekannt gewesen:
„Eugen Onegin“ (1878), „Pique-Dame“ (1890) und „Jolanthe“ (1891).
Namentlich die beiden ersten Opern waren und sind heute noch
häufig im Spielplan der deutschen Theater zu finden. Ein halbes
Dutzend weiterer Opern Tschaikowskys kennt man in Deutschland
kaum dem Namen nach: „Der Wolwode“ (1868), „Undine“ (1869),
„Der Opritschnik“ (1872), „Die Jungfrau von Orléans“ (1879), „Ma¬
zeppa“ (1884) und „Oxanas Launen oder Der Schmied Wakula“
(1885).
Tschaikowsky war zweifellos einer der bedeutendsten russi¬
schen Komponisten und eine echte Musikernatur. Eine merk¬
würdige Parallele bildet er zu seinem, unserer heutigen Genera¬
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