II, Theaterstücke 30, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 119

W
30. Der Gang zum iher
ADOLF SCHUSTERMANN!
GEGRUNDET1894

BERLIN S.O. 15
ADRESSEN-VERLAG U.ZEITUNGSAUSSCHNITTE
HRUNGESTR. 20
E AUSSCHNITT VOM.
16. A41 1931
Der Mittag, Düsseldorf
Arthur Schnitzler: „Der Gang zum Weiher“.
DeutscheKraufführung im Staatstheater zu Wiesbaden.
Ipr Rähmen der Maifestspiele brachte das Wiesbadener
Stäätstheater die erst kürzlich in Wien im Burgtheater
uraufgeführte dramatische Dichtung Schnitzlers. Das war
von vomstherein ein Wagnis. Man mag des Autors ge¬
pflegte Verse, seine vornehme Gestaltungskunst noch so sehr
bewundern, dieser Dichter, dessen Glanzzeit nun dreißig
Jahre zurückliegt, ist zu sehr reiner Aesthet, als daß er mit
unserer Zeit noch einmal den Kontakt finden könnte. Dazu
kommt, daß die Dichtung das bühnenunwirksamste Stück ist,
das man sich denken kann, ein ausgesprochenes Lesedrama.
Zugegeben muß allerdings werden, daß Schnitzler teilweise
Probleme anschlägt, die einen modernen Tendenzdramatiker,
vielleicht auch manchen Zeitdramatiker zur Gestaltung reizen
könnten, die dann wahrscheinlich auch lebendig würden,
während sie bei Schnitzler nur als Phrasen klingen, weil
sie in den ganzen Rahmen einer anmutigen Wunderwelt
nicht hineinpassen. Man wäre beim Ansehen des Werkes
fast versucht, an ein Märchen, an eine verwunschene Prin¬
zessin im Nixenteich und an den sie erlösenden Prinzen zu
glauben, wenn uns nicht das tragische Ende eines anderen
belehrte.
Wenn man den Kern der Dichtung herausschält, dann
bleibt als Handlung die Tragik des Alters, der Sieg der
himmelstürmenden Jugend. Die Erwägungen des rastlosen!
Dichters Sylvester Thorn über Heimat und Vaterland, über
Krieg und Frieden, über Menschenliebe und Menschenhaß
ranken sich nur um dies eine Problem der Handlung, um
den Abend zu füllen. Das Publikum aber will auf der
Bühne Tatsachen und Entscheidungen, keine Rätsel oder An¬
regungen zum Nachdenken. Der Dichter soll Führer sein,
nicht Träumer und Problematiker. Es ist schwer für den
Eingeweihten, sich in die Gedankengänge Schnitzlers zu
finden, für den einfachen Theaterbesucher ist es unmöglich.
Bei aller Anerkennung der guten Absichten des Staats¬
theaters muß man doch sagen, daß dieses Stück in den Mai¬
festspielen nichts zu suchen hat. Jetzt gilt es zu werben und
zu repräsentieren, nicht aber etwaige Pietätspflichten zu
erfüllen, zumal man leider im Maifestprogramm unsere
Klassiker vermißt. Hier hätten die großen Aufgaben eines
Staatstheaters gelegen. Viele unsere Klassiker sind aktueller
als unsere modernsten Dichter, nur muß man auch verstehen,
aktuelle Regie zu führen.
Die Darsteller konnten trotz bester Leistungen und eif¬
rigsten Bemühens Schnitzlers Stück kein Leben geben. Sie
kämpften alle auf verlorenem Posten. Zum Schluß konnte
man nicht einmal von einem Achtungserfolg sprechen. Wäh¬
rend nach dem ersten Akt noch geklatscht wurde, blieb bei,
den nachfolgenden Akten alles stumm und der Schlußbeifall!
galt seitens des äußerst spärlichen Publikums (bei einer
Uraufführung im Rahmen der Maifestspiele!) den wirklich
anerkennenswerten Bemühungen der Schauspieler. Man
erweist mit der Aufführung des „Gang zum Weiher“ dem
— Ch.
Autor des „Anatol“ wirklich keinen Dienst.
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IADOLFSCHUSTERMANN!
GECRUNDET7898
ADRESSEN-VERLAG U.ZEITUNGSAUSSCHNITTE LBERLIN S.O.16
RUNGESTR. 20
G.5l 193
AUSSCHNITT VOM:
Deutsche Allgemeine Zeitung
Berlin.
Morgenausgabe
Wiesh=dener Maifestspiele. „Der Gang zum Weiher“
eino dramatische Dichtung von Arthur Schnitzler, erlebte
die reichsdeutsche Uraufführung im Staatstheater Wies¬
baden. Freyd# unserer rastlosen Zeit, doch getränkt von
ihren Nöten und Problemen, schwingt in diesem Werk
das Leben zwischen den Polen Liebe und Tod, Kampf
und Entsagung? In der uns fast verlorenen Form des
„dramatischen Gedichts“ in Versen von auf der Bühne
längst verklungener Reinheit und oft dichterischer Schönheit —
treten uns die ewigen Gesetze menschlichen Schicksals ent¬
gegen, im historischen Gewande des 18. Jahrhunderts.
Und damals wie heute siegt die Liebe über den Tod, die
schäumende Jugend über das abgeklärte Alter. In der
reizvollen Verschmelzung von Romantik und Psychologie,
von mystischem Schauer und der Klarheit geistiger Er¬
kenntnisse liegt Schnitzlers Kraft, neben der der Dramatiker
oft zurücktreten muß. Und so vermag auch die Schönheit
der Sprache nicht den Mangel bühnenwirksamer Gestal¬
tungskraft vergessen zu lassen. Der Regie Dr. Wolf
v. Gordons gelang es im Verein mit den besten Kräften
des Wiesbadener Ensembles, die dichterischen Schönheiten
zum Erklingen zu bringen und dem unter Wildgans in
Wien bereits uraufgeführten Werk auch in Wiesbaten
58.
eine dankbare Aufnahme zu sichern.

JADOLF SCHUSTERMANN
GEGRUNDETG9!
BERLIN S.O. 16
ADRESSEN·VERLAG U.ZEITUNGSAUSSCHNITTE
RUNGESTR. 20
Fausschalfr vom:
1 8. MAl 1931
Mlünchener Neueste
Nachrichten, IIlünchen
Bei den Wiesbadener Maifestspielen
wurde als reichsdeutsche Uraufführung die dramatische
Dichtung „Der Gangzum Weiher“ von Arthur
Schnitzler gegeben, die jüsnttram Wiener Burg¬
theater herauskam. Leider fehlt dem theaterfernen
Stück trotz feingeschliffener Gedanken und ausgezeich¬
neter Wortkünste die tiefere Bühnenwirkung. Alice
Treff und Robert Kleinert bieten in den undankbaren
Hauptrollen Hervorragendes aber auch sie vermochten
1 die wesenlosen Gestalten nicht zum Leben zu erwecken.
H. 1.—