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m
3 enNeiher
Arthur Schnitzler:
*
3 Der Gang zum Weiher.
=Reichsdeutsche Uraufführung in
Wiesbaden.
R4
* Im Februar brachte das Wiener Burgtheater
* Dies jüngste Stück des nun bald siebzigjährigen
Dichters heraus. Mit dem Fleiß und der Hingabe,
—
die man dem repräsentativen Vertreter der oster¬
reichischen Literatur schuldig ist. Aber es blieb
22 ftill um das Schauspiel, um die seltsamen schemen¬
SShaften Gestalten, Inkarnationen dichterischer Ge¬
sichte eines in und an der Welt weise und ab¬
geklärt gewordenen Denkers, still um die runde
—— * Schönheit der Verse, die den Unterklang von
= Worten haben, die aus der Luft oder aus der
d gesprochen werden, aus Zwischenländern,
aus Dämmerungen, aus Traumbezirken, die ge¬
L-C wesen sind oder sein werden, nicht aber — sind.
—er Beifall, der sich der Bühne versagte, ehrte
2 5
die Person des Dichters.
Alles in diesem traumversponnenen Stück ist
„2 J 2 Symbol die Szene die Menschen, die Handlung.
+
= Zwei Menschen gehen den Weg zum Weiher, die
junge Tochter des Kanzlers von Mayenau, un¬
7 erweckt noch, in das Erinnerungsbild eines altern¬
— den Mannes, des Dichters Thorn, verliebt, zu
—sächtlichen Tänzen, die dem Erwarteten gelten.
—fDer Junker Konrad, der Jugendliche, nimmt sie
—nd gewinnt sie der Wirklichkeit, dem Weibsein,
dem Leben. Der andere ist Sylvester Thorn, der
alternde Freund des Kanzlers. Er sieht das Kind
22
à Leonilda als Jungfrau wieder, erkennt, daß sie
—## ½ ihm die Erlösung bedeute, die er bisher in aller
seiner Wanderer=Unrast, in allen seinen Werken,
L seinen Gestaltungen vergeblich suchte. Wie er
weiß, daß sie ihm verloren ist, geht er zum Weiher
in den Tod. Die Jugend erwacht zum Leben,
S U das Alter zum Tod, aber was ist Leben, was ist
Tod? Thorn geht in den Weiher, „als setze sie
2 2Tder Weg unter der Wasserfläche fort“ und
Leonilda bekennt, kaum daß sie zum Weibe er
32 wachte, die Unzulänglichkeit dieser Wirklichkeit di
sie aus ihrem Traumleben riß. Zwischen ihnen
5
2 steht der Kanzler von Mayenau, der Vater und
3
— Tder Freund, Symbe der Geistesfreiheit und der
Herzengröße, der Vaterlandsliebe, der Unter¬
ordnung des Einzelmenschen unter die Idee, Sym¬
—
8##
—
bol des Dienenden, der im Dienen groß wird. Die
Jugend, die nur Jugend ist und damit die Welt
zwingt, repräsentiert Konrad von Ursenbeck, der
Junker, dem Leonilda zufällt, das Schicksal, in dem
alles Geschehen versponnen ist, der geisternde
Sekretär Andreas Ungnad. Symbole wohin man
schaut, eine abgeklärte= form= und wortschöne
Dichtung vom Sinne des Lebens, der sich im
ewigen Wandel vom Leben zum Tode, im Triumph
der Tat über das Wort, im Siege der Jugend
über das Alter offenbart, aber bei aller anklingen¬
den Beziehung auf das Gegenwärtige so in das
traumhaft Wesenlose versunken, daß ihm die
Bühnenwirkung versagt bleiben muß.
Die Wiesbadener Aufführung im „Kleinen
Haus“ bemühte sich unter der Regie Wolffs
von Gordon um eine Wiedergabe, der in jedem
Teile der unirdische Hauch erhalten blieb, der um
die Verse des Dichters weht. Es blieb ein Traum¬
spiel mit der sylphenhaften Alice Treff als
Leonilda, dem ruhelosen Sucher Thorn Herbert“
Dirmosers, Robert Kleinerts philo¬
sophischen Kanzler Albrecht, dem tief schattierten
Sekretär Ungnad Frank Falkners Leonore?
Feins resignierender Schwester Anselma und
selbst mit Maurus Hiertz' jungenshaftem Junker?
Konrad. Und man applaudierte der Sorgfalt, mit *
der man dem Traume gab, was nicht Wirklich¬
O. B.
keit werden konnte.
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3 enNeiher
Arthur Schnitzler:
*
3 Der Gang zum Weiher.
=Reichsdeutsche Uraufführung in
Wiesbaden.
R4
* Im Februar brachte das Wiener Burgtheater
* Dies jüngste Stück des nun bald siebzigjährigen
Dichters heraus. Mit dem Fleiß und der Hingabe,
—
die man dem repräsentativen Vertreter der oster¬
reichischen Literatur schuldig ist. Aber es blieb
22 ftill um das Schauspiel, um die seltsamen schemen¬
SShaften Gestalten, Inkarnationen dichterischer Ge¬
sichte eines in und an der Welt weise und ab¬
geklärt gewordenen Denkers, still um die runde
—— * Schönheit der Verse, die den Unterklang von
= Worten haben, die aus der Luft oder aus der
d gesprochen werden, aus Zwischenländern,
aus Dämmerungen, aus Traumbezirken, die ge¬
L-C wesen sind oder sein werden, nicht aber — sind.
—er Beifall, der sich der Bühne versagte, ehrte
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die Person des Dichters.
Alles in diesem traumversponnenen Stück ist
„2 J 2 Symbol die Szene die Menschen, die Handlung.
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= Zwei Menschen gehen den Weg zum Weiher, die
junge Tochter des Kanzlers von Mayenau, un¬
7 erweckt noch, in das Erinnerungsbild eines altern¬
— den Mannes, des Dichters Thorn, verliebt, zu
—sächtlichen Tänzen, die dem Erwarteten gelten.
—fDer Junker Konrad, der Jugendliche, nimmt sie
—nd gewinnt sie der Wirklichkeit, dem Weibsein,
dem Leben. Der andere ist Sylvester Thorn, der
alternde Freund des Kanzlers. Er sieht das Kind
22
à Leonilda als Jungfrau wieder, erkennt, daß sie
—## ½ ihm die Erlösung bedeute, die er bisher in aller
seiner Wanderer=Unrast, in allen seinen Werken,
L seinen Gestaltungen vergeblich suchte. Wie er
weiß, daß sie ihm verloren ist, geht er zum Weiher
in den Tod. Die Jugend erwacht zum Leben,
S U das Alter zum Tod, aber was ist Leben, was ist
Tod? Thorn geht in den Weiher, „als setze sie
2 2Tder Weg unter der Wasserfläche fort“ und
Leonilda bekennt, kaum daß sie zum Weibe er
32 wachte, die Unzulänglichkeit dieser Wirklichkeit di
sie aus ihrem Traumleben riß. Zwischen ihnen
5
2 steht der Kanzler von Mayenau, der Vater und
3
— Tder Freund, Symbe der Geistesfreiheit und der
Herzengröße, der Vaterlandsliebe, der Unter¬
ordnung des Einzelmenschen unter die Idee, Sym¬
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bol des Dienenden, der im Dienen groß wird. Die
Jugend, die nur Jugend ist und damit die Welt
zwingt, repräsentiert Konrad von Ursenbeck, der
Junker, dem Leonilda zufällt, das Schicksal, in dem
alles Geschehen versponnen ist, der geisternde
Sekretär Andreas Ungnad. Symbole wohin man
schaut, eine abgeklärte= form= und wortschöne
Dichtung vom Sinne des Lebens, der sich im
ewigen Wandel vom Leben zum Tode, im Triumph
der Tat über das Wort, im Siege der Jugend
über das Alter offenbart, aber bei aller anklingen¬
den Beziehung auf das Gegenwärtige so in das
traumhaft Wesenlose versunken, daß ihm die
Bühnenwirkung versagt bleiben muß.
Die Wiesbadener Aufführung im „Kleinen
Haus“ bemühte sich unter der Regie Wolffs
von Gordon um eine Wiedergabe, der in jedem
Teile der unirdische Hauch erhalten blieb, der um
die Verse des Dichters weht. Es blieb ein Traum¬
spiel mit der sylphenhaften Alice Treff als
Leonilda, dem ruhelosen Sucher Thorn Herbert“
Dirmosers, Robert Kleinerts philo¬
sophischen Kanzler Albrecht, dem tief schattierten
Sekretär Ungnad Frank Falkners Leonore?
Feins resignierender Schwester Anselma und
selbst mit Maurus Hiertz' jungenshaftem Junker?
Konrad. Und man applaudierte der Sorgfalt, mit *
der man dem Traume gab, was nicht Wirklich¬
O. B.
keit werden konnte.