II, Theaterstücke 29, Komödie der Verführung. In drei Akten (Der Verführer), Seite 37

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29. Konbedie der Verfuchrung box 33/6
Schles. Zeitung, bresian
13. Okt 1324
M. v. M. Aus Wien schreibt man uns: Arthur Schnitzler
„Komödie der Verführung“, vom Burgtheater szenisch und dar¬
f llerisch sehr schön zur Geltung gehracht, bedeutet eine schwere
Enttäuschung für alle jene, die das neue große Drama des Dichters
mit besonderer Spannung erwartet haben.7 Die Hauptgestalt, eine
vorurteilsfreie Aristokratin, die von Liebhaber zu Liebhaber
taumelt und schließlich, wie zur Sühne, mit dem einzigen Verehrer,
den sie nicht besessen, in den Tod gebt, wird in keinem Zuge glaub¬
haft, und was sich rings um sie im Wirbel dreht — ein Narrenhaus
voll Gier und Schamlosigkeit — das strotzt von seelischen Unwahr¬
scheinlichkeiten und gesellschaftlichen Unmöglichkeiten. Die Stimmung
des Jahres 1914, knapp vor Kriegsausbruch, der in die Handlung
hineinspielt, ist durchaus nicht getroffen, und der Bau des Stückes
geradezu verunglückt. Eine nur episch zusammenhängende Reihe
überlanger Szenen mit langen Zwischenpausen erzeugt eine Müdig¬
keit, die durch einzelne feine Worte und gut gesehene Figuren
keineswegs aufgewegen wird. Die gewaltsame Herbeiführung des
Schlusses könnte in einer minder sorgfältigen Darstellung sogar
eine unbeabsichtigte Heiterkeit erzeugen.
fügung ist aus den angeführten Gründen nicht mehr bau zuständigen Korperschaften bei
zusammen demnach
Überleitungsbestimmungen zum G##
. . 1,730.691,165.907 K möglich.
mit
dern Docht, aber ebenso weich. Punkt 12 Uhr ist immer und überal., also noch öfter
Feuilleton.
der Überwachung möglich ist, betrü
Aurelie da und erwählt Falkenir zum Bräutigam.
starken Herzens. Dafür liebt ihn ihre
Höchst überrascht und erstaunt wehrt sich der Edel¬
Burgtheater.
Judith mit Herz und Fleisch, aber
„Komödie der Verführung“ in drei Akten von Artur treffliche. Zwar muß er sich um Aurelie bemorben
haben, denn sonst hätte sie ihn ja nicht zu den Julia hat, ein echtes Cottage=Renai#
Schnitzler.
dunkle Verschwörung mit einem ###
beiden anderen herbestellt, aber item jetzt, da er
„Das Herz“ nicht der Geist, „ist stark, aber das
anwalt angezettelt. Da Bankdirekto
bevorzugt ist, fehlt ihm die „Schneid“. Der Un¬
Fleisch ist schwach“ wäre etwa die Devise der
angestellt haben, nur daß der St#
tadelige fürchtet sich. Falkenir befindet sich nämlich
Theaterfiguren dieses Stückes, und daß der Ver¬
bereits in den besten Jahren, wo man sich auf sich so lange beide Augen zudrückt, bis
führer nichts mehr zu sein brauche, als eben vor¬
selbst und die Frauentreue nicht mehr unbedingt nicht für die Bankdirektoren, sonder
handen und zur rechten Zeit anwesend, um dem
kum, da also Westerhaus jedenfall
verlassen kann. Er bringt Aurelien schonungslos
„schwachen Fleisch“ zu seinem Recht über das „starke
bei, daß sie vielleicht, gewiß andere, bessere, eben nicht vorhandenen Gewissen hat, so
Herz“ zu verhelfen, wäre die ganze Komödie der
verhaften lassen. Inzwischen wäre
andere „lieben“, „brauchen“ werde, weil sie leiden¬
Verführung. Die Lebensauffassung läßt sich mit
für die Zeit der einrechenbaren
schaftlich, dämonisch, unbändig sei, und daß Falkenir
einer Formel genügen.
es nicht würde ertragen können, nicht der „Einzige“ frei. Westerhaus benimmt sich abs
Ein gutgekleideter, leidlich liebenswürdiger, nichts
zu sein. Darum lehnt er sie lieber gleich ab —eiserner Ritter, sondern bricht zu
weniger als geistreicher junger Mann aus wohl¬
eiserner Ofen und erschießt sich lieb
Theaterlogik behufs Ermöglichung des Folgenden,
habender Familie — ohne wenigstens den so¬
Inhaftnahme. Diese Szene bleibt
willkürliche Psychologie statt Zwang der Situation!
genannten „Wiener Adel“ geht es in Schnitzlers
Er tritt also Aureliens Herz ihrem Fleisch ab. wirkt telephonisch. Bankdirektoren
vornehmen Gesellschaftsstücken nicht ab — Herr
dauerhaftere Konsistenz. Fort mit
Sofort entschließt sich Aurelie, von Herzen schwach
von Reisenberg, Max heißt er obendrein, über¬
ist frei und rast in jauchzendem
zu sein, und ihr Fleisch — von Frau Wohl¬
nimmt die dankbare Rolle des Hauptverführers, der
gemuth dargestellt — macht gleich einen Ausflug Retty hatte eine prachtvolle, zage
immer da ist, wenn den Damen der vornehmen Ge¬
sellschaft — von Schnitzlers Theaterstücken — ein mit — no, mit Max, der natürlich als Herzensersatz in ihrem Silbergeklirr von Schreien
Judith, ihre Schwester — Frau Akt
pünktlich verfügbar ist. Nach ihm „stürzt“ Aurelie
Herzensersatz für ihr schwaches Fleisch nottut. Nur
ungarisch — „schleudert“ ihr allerh
von Fall zu Fall und „sinkt“ bis zum Aktmodell
dieser sozusagen automatische Verführer, der allen
ins Gesicht und verspricht sich, b
eines gleichfalls prompt anwesenden verrückten
Damen in den Schoß fällt, hält die drei Episoden
Bahre des vergeblich Geliebten To
Malers herab — Höbling in Künstlerhausmaske,
lose zusammen, die sich in den drei Akten breit, aber
wie eisern hat Marr den Zusamm
da soll man an Genie glauben! Aber Aureliens
dünn aneinanderlehnen.
rasselt — wem?, no — Max, der #
Episode 1: Vom „herrlichen Manne“, höhere Seelengröße wächst direkt proportional mit ihrer
rufen da ist. Nur muß er seiner
Fleischesschwäche, denn sie gesteht dem Prinzen
Männlichkeit tut's nicht unter dem Freiherrn, also:
nach Gebrauchnahme als Herzense
Arduin alles „unumwunden“ und stürzt „unent¬
vom Baron Falkenir und der Gräfin Aurelie. Sie
zeitiges Verlangen augenblicklich zu
wegt“ weiter.
hat drei Bewerber um Mitternacht zu einem Fest
Kündigung nach Belieben für Herz
Episode 2: Haus des infam reichen Bankdirektors
bestellt, um ihnen hier ihren Bescheid zu sagen:
für Hausgehilfen hat sich offenba
Westerhaus, der sogar mit Krieg und Frieden speku¬
den obigen Falkenir, einen international=öster¬
reichisch-habsburgisch=nebenlinigen Prinzen Arduinliert und sein Weib Julia „eisern umklammert“. erotischen Kreisen praktisch bewähr
und einen Dichter Ambros — nicht Bei, son= Sie haßt und verachtet ihn und möchte ihn gern wenigstens vierzehn Tage gebräuch
Wiener Zeitung Nr. 236.