29.
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Kondedie der Verfuehrung
Der neue Schnitzler
Zur Uraufführung der „Komödie
der Verführung“
Kommenden Samstag geht be¬
kanntlich die Uraufführung von
Arthur Schnitzlers „Komödie
der Verführung“ am Burgtheater
in Szene. Wir geben nachfolgend
eine Inhaltsangabe des noch nicht
im Druck vorliegenden Stückes.
Das neue Werk Schnitzlers, das kommenden
Samstag im Burgtheater seine Uraufführung
erleben wird, ist von einer fast verwirrenden
romanhaften Fülle der r gebenheiten.
passant-Melancholiker vom Scheitel bis zur
„Flugerls“. (Altenbergs Manen erquickt ouch
Es könnte, wäre es dem Autor nicht, wie
Sohle, ist der Erwählte.
an dieser Figur!))
immer, so dichterisch ernst um seine Figuren
Aurelia ist inzwischen, haib verdorrend, von
Aber er schlägt sein Glück aus. Denn er
zu tun, den Titel „Klatsch und Quatsch“
dem zu jenem geflattert.
weiß aus Erfahrung, welche Lebenslockungen
führen, denn die ganze Salonatmosphäre Wiens
und Verwirrungen ihrer noch harren — und daß
von anno 1914 (das Stück spielt genau vor
Dritter Akt: Wiedersehen in einem dänischen
er nicht der Mann ist, die Leiden des Mit¬
Kriegsausbruch), diese zugleich bedrückend¬
Seebad, knapp vor Kriegsausbruch.
ansehens zu tragen. Wer weiß, vielleicht steht
schwüle und orchideenfarbige Sumpfwelt der
Falkenier kommt, sagt er, „gewandelt“ Er
der eigentlich Erwählte, Triebbegünstigte
verschwommenen Beziehungen und butter¬
schon da.
ist zur Erkenntnis gelangt, daß Unruhe und
weichen Schicksale, wo die große Generalangst
Bangigkeit den Sinn der wahren Liebe bilden.
Und er stcht wirklich schon da. Nicht
vor dem Erlehuts tausend komplizierte Schein¬
nehmend, nicht zaubernd, nicht verführend,
Aber Aurelie, gestehend, daß die erotischen
erlebnisse schafft, erscheint darin eingefangen.
sondern vom Zufall dieser Situation der Ent¬
Zudem soll zu vielen Episoden und Figuren
Prophezeiungen sich erfüllt haben, sicht auch,
täuschten dargereicht:
dieses Stückes die Wirklichkeit Modell ge¬
wie abstrakt und erkenntnismäßig Falkeniers,
Herr Max von Reißenberg, Juweliersohn.
standen sein. Jedenfalls werden sich die von
des einzig und wirklich von ihr Geliebten,
„Komödie der Verführung“.
Wandlung ist.
den oberen Zehntausend noch übrigebliebe¬
nen Fünfhundert mannigfach an Personen
Er, der Alte — sie, nicht mehr neu — wie
aus der Wiener Gesellschaft erinnert fühlen.
Der zweite Akt ist vornehmlich diesem Ver¬
können sie da noch zusammenkommen!
Der Prinz Arduin zum Beispiel, der im
führer wider Willen — oder mindestens ohne
Und sie ertränken sich auf poetisch-roman¬
Absicht — gewidmet.
ersten Akt das verhängnisvolle Sommerfest
tische Methode beide im Meer.
gibt, auf dem der ungelebte Bund zwischen
Er gaukelt von einer zur andern, von Aurelie
Das ist die andere, tragischere „Komödie der
dem Helden und der Heldin zum ersten Male
zu Judith, der schönen jüdischen Fabrikantens¬
Verführung“, in diesem Stücke, wo gleichsam
geknüpft wird, könnte leicht den Prinzen von
gattin, deren Mann vom Geliebten (Staats¬
ein Ernstfall und ein grotesker demselben
Parma zum Vorbild haben. Der Maler
anwalt) soeben eingekastelt wurde, und von
Wort als Exempel dienen.
Gysar, der von jeder seiner Auftrag¬
ihr zur Seraphine, dem richtigen warmen
geberinnen zwei Porträts anfertigt, ein
Wiener Mädel aus der Liebelei-Atmosphäre.
Eine wienerische Tragigroteske der Erleb¬
dezent-offizielles und ein phantasievoll.
Drei Frauen — drei Schauplätze. Und immer
nisangst. Aber Schnitzler, dessen
veristisches, den Modemaler John Quincy
dasselbe Thema variiert: vom jungen Mann,
Schwächen seine Stärken sind, hat sie anders
Adams. Der junge Schwerenôter (Juwelier
der eigentlich die Lorbeeren anderer pflückt,
gestaltet: nämlich ernsthaft, als Erlebnis.
vom Kohlmarkt, Verführer ohne Don Juan¬
dem Verführer, dessen Verdienst lediglich
Dämonie, sondern lediglich aus einer ver¬
darin besteht, daß er „immer grad da ist“.
Denn das ist ja sein dichterisches Kenn¬
hecrenden Gabe zur Nettigkeit) einen bekann¬
Der Profit des harmlosen Hübschlings an den
zeichen und dadurch bleibt er auf geistige
Verworrenheiten, welche die anderen gestiftet
ten Wiener Juwelen-Patrizier.
Kosten ein solcher Meisterschilderer der
Die Salons werden viel zu tuscheln haben.
graziöse Interpretierung des in Wien so Wiener Gesellschaft: daß er ihren Geschöpfen
häufigen und schicksalshaften Typus des kritiklos gegenübersteht.
ak.
Inhalt der drei Akte:
#
Besagtes Sommerfest beim besagten Prinzen
Ardnin. Durcheinander erotischer Charaktere,
Im Mittelpunkt stcht Aurelie, Typus: rätsel¬
hafte, warmblütige Donauschönheit — eine
vom Stamme derer, die den Schubert in der
Seele und einen Altenberg zu Knien haben.
(Frau Wohlgemuth.)
Einem Drang ihres exzentrischen Herzens
folgend, beschloß sie, heute nachts, Schlag
zwölf Uhr, ihren drei herbeschiedenen Ver¬
ehrern mitzuteilen, wer ihr Wort hat.
Und siehe da! — ein Mann mit dem fremd¬
artigen Namen Falkenier (Herr Aslan), Mau¬
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Kondedie der Verfuehrung
Der neue Schnitzler
Zur Uraufführung der „Komödie
der Verführung“
Kommenden Samstag geht be¬
kanntlich die Uraufführung von
Arthur Schnitzlers „Komödie
der Verführung“ am Burgtheater
in Szene. Wir geben nachfolgend
eine Inhaltsangabe des noch nicht
im Druck vorliegenden Stückes.
Das neue Werk Schnitzlers, das kommenden
Samstag im Burgtheater seine Uraufführung
erleben wird, ist von einer fast verwirrenden
romanhaften Fülle der r gebenheiten.
passant-Melancholiker vom Scheitel bis zur
„Flugerls“. (Altenbergs Manen erquickt ouch
Es könnte, wäre es dem Autor nicht, wie
Sohle, ist der Erwählte.
an dieser Figur!))
immer, so dichterisch ernst um seine Figuren
Aurelia ist inzwischen, haib verdorrend, von
Aber er schlägt sein Glück aus. Denn er
zu tun, den Titel „Klatsch und Quatsch“
dem zu jenem geflattert.
weiß aus Erfahrung, welche Lebenslockungen
führen, denn die ganze Salonatmosphäre Wiens
und Verwirrungen ihrer noch harren — und daß
von anno 1914 (das Stück spielt genau vor
Dritter Akt: Wiedersehen in einem dänischen
er nicht der Mann ist, die Leiden des Mit¬
Kriegsausbruch), diese zugleich bedrückend¬
Seebad, knapp vor Kriegsausbruch.
ansehens zu tragen. Wer weiß, vielleicht steht
schwüle und orchideenfarbige Sumpfwelt der
Falkenier kommt, sagt er, „gewandelt“ Er
der eigentlich Erwählte, Triebbegünstigte
verschwommenen Beziehungen und butter¬
schon da.
ist zur Erkenntnis gelangt, daß Unruhe und
weichen Schicksale, wo die große Generalangst
Bangigkeit den Sinn der wahren Liebe bilden.
Und er stcht wirklich schon da. Nicht
vor dem Erlehuts tausend komplizierte Schein¬
nehmend, nicht zaubernd, nicht verführend,
Aber Aurelie, gestehend, daß die erotischen
erlebnisse schafft, erscheint darin eingefangen.
sondern vom Zufall dieser Situation der Ent¬
Zudem soll zu vielen Episoden und Figuren
Prophezeiungen sich erfüllt haben, sicht auch,
täuschten dargereicht:
dieses Stückes die Wirklichkeit Modell ge¬
wie abstrakt und erkenntnismäßig Falkeniers,
Herr Max von Reißenberg, Juweliersohn.
standen sein. Jedenfalls werden sich die von
des einzig und wirklich von ihr Geliebten,
„Komödie der Verführung“.
Wandlung ist.
den oberen Zehntausend noch übrigebliebe¬
nen Fünfhundert mannigfach an Personen
Er, der Alte — sie, nicht mehr neu — wie
aus der Wiener Gesellschaft erinnert fühlen.
Der zweite Akt ist vornehmlich diesem Ver¬
können sie da noch zusammenkommen!
Der Prinz Arduin zum Beispiel, der im
führer wider Willen — oder mindestens ohne
Und sie ertränken sich auf poetisch-roman¬
Absicht — gewidmet.
ersten Akt das verhängnisvolle Sommerfest
tische Methode beide im Meer.
gibt, auf dem der ungelebte Bund zwischen
Er gaukelt von einer zur andern, von Aurelie
Das ist die andere, tragischere „Komödie der
dem Helden und der Heldin zum ersten Male
zu Judith, der schönen jüdischen Fabrikantens¬
Verführung“, in diesem Stücke, wo gleichsam
geknüpft wird, könnte leicht den Prinzen von
gattin, deren Mann vom Geliebten (Staats¬
ein Ernstfall und ein grotesker demselben
Parma zum Vorbild haben. Der Maler
anwalt) soeben eingekastelt wurde, und von
Wort als Exempel dienen.
Gysar, der von jeder seiner Auftrag¬
ihr zur Seraphine, dem richtigen warmen
geberinnen zwei Porträts anfertigt, ein
Wiener Mädel aus der Liebelei-Atmosphäre.
Eine wienerische Tragigroteske der Erleb¬
dezent-offizielles und ein phantasievoll.
Drei Frauen — drei Schauplätze. Und immer
nisangst. Aber Schnitzler, dessen
veristisches, den Modemaler John Quincy
dasselbe Thema variiert: vom jungen Mann,
Schwächen seine Stärken sind, hat sie anders
Adams. Der junge Schwerenôter (Juwelier
der eigentlich die Lorbeeren anderer pflückt,
gestaltet: nämlich ernsthaft, als Erlebnis.
vom Kohlmarkt, Verführer ohne Don Juan¬
dem Verführer, dessen Verdienst lediglich
Dämonie, sondern lediglich aus einer ver¬
darin besteht, daß er „immer grad da ist“.
Denn das ist ja sein dichterisches Kenn¬
hecrenden Gabe zur Nettigkeit) einen bekann¬
Der Profit des harmlosen Hübschlings an den
zeichen und dadurch bleibt er auf geistige
Verworrenheiten, welche die anderen gestiftet
ten Wiener Juwelen-Patrizier.
Kosten ein solcher Meisterschilderer der
Die Salons werden viel zu tuscheln haben.
graziöse Interpretierung des in Wien so Wiener Gesellschaft: daß er ihren Geschöpfen
häufigen und schicksalshaften Typus des kritiklos gegenübersteht.
ak.
Inhalt der drei Akte:
#
Besagtes Sommerfest beim besagten Prinzen
Ardnin. Durcheinander erotischer Charaktere,
Im Mittelpunkt stcht Aurelie, Typus: rätsel¬
hafte, warmblütige Donauschönheit — eine
vom Stamme derer, die den Schubert in der
Seele und einen Altenberg zu Knien haben.
(Frau Wohlgemuth.)
Einem Drang ihres exzentrischen Herzens
folgend, beschloß sie, heute nachts, Schlag
zwölf Uhr, ihren drei herbeschiedenen Ver¬
ehrern mitzuteilen, wer ihr Wort hat.
Und siehe da! — ein Mann mit dem fremd¬
artigen Namen Falkenier (Herr Aslan), Mau¬