II, Theaterstücke 29, Komödie der Verführung. In drei Akten (Der Verführer), Seite 105

29. Konoedie der Verfuchnung box 33/6
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Aehnlich verstand Gudrun Kabisch' feuriger Lebensbrang Un¬
ging, das war der außerordentliche Erfolg dieser reichsdeutschen
sisenschaft.
tiefen ihrer Sinnlichkeit als Judith zu überbrücken, und Friedel
Uraufführung in Wiesbaden, ein Erfolg, den der Dichter nicht,
Nowacks Seraphine, das süße Mädel aus Künstlerschicht, umgab
den die Darstellung sich errang.
roßes Haus).
hemmungskose Hingebung mit der Poesie des „Liebelei“=Dichters:
Märchenhaft klingt die mehr zum Trauerspiel gewordene
von R. Wagner.
Die Musikszene des vierten Bildes konnte in der Keuschheit ihrer
Komödie aus mit dem Nahen und Entschwinden einer märchen¬
t der Schöpfer des „Fliegen¬
Wiedergabe fast über die Folgen, „Das Kind“ hinwegtrösten.
haft ausgestatteten Lustjacht, vom Besitzer, dem Prinzen Arduin
schen Bemerkungen zur Auf¬
Glück hatte der Dichter aber auch in der Besetzung der drei
nach dem Namen der Heldin „Aurelie“ genannt. Aber fast noch
nachträgliche Reflexion über
Aurelie=Werber, deren in der Rolle stärkster, Prinz Arduin von
einen Grad märchenhafter wirkt die Mär, die Wirklichkeit des
Kunstwerk bedeuten, jeden¬
Perosa, von Bernhard Herrmann ganz ausgezeichnet gegeben
gestrigen Abends der mit den Kräften unseres Staatstheaters
ifungen von jedem darstellen¬
wurde: Menschlich, gütig, vornehm wirkend auch mit seinen
Arthur Schnitzler den vor zwei Wochen im Wiener Burg¬
erden müßten, das kraftvoll
Schwächen. Dieser Prinz von Perosa ist Schnitzler vielleicht am
theater vorbeigelungenen, den unbestrittenen starken Erfolg ge¬
Fräumerisches Wesen soll nicht
besten gelungen; er hatte es allerbings nicht schwer bei der Zeich¬
bracht hat: „Komödie der Verführung“ siegte im Zeichen
en Sentimentalität aufgefaßt
nung — das Original lebt und führt einen durchsichtig ähnlichen
der Wiesbadener Darstellung. Siegte nach einer Dauer von
knordisches Mädchen, durchaus
Namen —, doch auch hier vollendet darstellerisches Können erst
dreieinhalb Stunden so sehr, daß unser sonst im Forteilen
Hentimentalität, ihr Trieb ist
das, was im Buche nur spielerisch=steif und egoistisch erschien. Die
vollendetes Publikum noch minutenlang aushielt, den Mit¬
ganz naiven Naturen, ihr
männliche Hauptrolle des Stückes, Freiherr von Falkenir, fand in
wirkenden mit nicht endenwollenden Beifallsstürmen dankte.
He dem Norden eigene Natur¬
Kurt Sellnick einen überraschend überzeugenden Vertreter,
kalt entsprach durchaus unser
überraschend, weil das Abgeklärte ja eigentlich nicht ganz dem
der blonden, stattlichen Wal¬
Das Geheimnis dieses darstellerischen Erfolges einer als
Wesen unseres rasch beliebt gewordenen Bonvivants entsprechen
klang wieder das schöne
Buch schwer verdaulichen „Komödie“ ist mit der Milderung ihrer
mag, und Ambros Doehl, der dritte um Aurelie Werbende, zu¬
ge, den mittleren Tönen sehlt
Brutalitäten — das Werk des Spielleiters Dr. Hans Bux¬
gleich die fürsorgende Vorsehung
in den Abgrund=Szenen,
die Höhe genügendes Volumen
baum — nur zum kleinen Teil offenbart. Hauptträger der
zu sein, war Gustav Schwab nicht schwer: Hier waren Indi¬
Im einzelnen wäre noch
neuen Schnitzler=Anziehung werden die Künstler bleiben, deren
vidualität und Rolle eins.
Krakterisieren, das Spiel vor
Spiel das Märchenhafte gelang: Aus den konstruierten, unwahr¬
Zu diesen dreien kommt aber noch als vierter das Frage¬
wandtheit, es fehlt die Stili¬
scheinlichen Personen des Stückes wurden lebendige Persönlich¬
zeichen der Komödie, der blutjunge Verführer aller Frauentypen,
die erste Szene war so durch
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keiten, an die man glauben konnte, durfte — auch ohne sich mit
Max von Reifenberg, Lebejüngling von Beruf: Hauptrolle des
Immerhin bewies die ganze
ihnen einverstanden zu erklären. Das Gewagte der Erfindung,
Komödienabends (nicht des Stückes) und die wohl schwerste Auf¬
hige, aber auch noch strenger
drei Frauengestalten, die weiblichen Hauptrollen, Beute eines
gabe für die Darstellung. Sollte doch mit diesem Max versucht
lent der Künstlerin. Schade,
nicht einmal bedemenden Verführers, eines noch bubenhaft
werden, einen gewissenlosen Frauenjäger glaubhaft und nicht
wie Isolde oder Brünnhilde
jungen Lebemannes, werden zu lassen; die Unweiblichkeit dieser
unsympathisch auf die Bühne zu bringen. An einem unangenehm
mteres Urteil gestattet.
männertollen Mädchenerscheinungen — sie trat zurück vor der
wirkenden Max — und diese Gefahr liegt allzunahe — würde
anziehenden Art, in der Aurelie, Iudith und Seraphine ver¬
der Ersolg scheitern; doch Wolfgang Langhoff verstand, den
körpert wurden von Thila Hummel, Gudrun Kabisch,
kleines Haus).
jungen Menschen in einer kindlich=naiven Genußsucht=Sphäre nur
Friedel Nowack. Alle drei waren das Glück des Dichters, und
zu spielen, naiv so sehr, daß die Gewissenlosigkeit dabei noch nicht
ödie der Verführung**) In
eine Jede verstand auf ihre Art, für den „Fall“ von Aurelie,
bemerkt wurde.
Arthur Schnitzler.
Indith und Seraphine das französische Sprüchwort: „tout
gnis: Der neueste „Schnitzler“
comprendre e'est tout pardonner“ („Alles verstehen heißt alles
Es fehlt leider an Raum, die übrigen bedeutenden Leistun¬
ere als eine Anziehung ersten
verzeihen“) auf das Publikum wirken zu lassen. Und blieb auch
gen, fast das gesamte Schauspiel=Ensemble war beschäftigt, noch
ktheit des Hauses, wie sie seit
Thila Hummel im ersten Akt ein wenig zurück, war sie nicht ganz
as aber über die Erwartungen
das Fehlende
einzeln zu würdigen; sie haben sich Alle um den starken Erfolg
überschäumendes Sehnen der jungen Gräsin —
des Abends verdient gemacht, und mit ihnen die Bühnenbildner,
wurde überholt von ihrer Leistung im Schlußakt, den diese
deren Werk zu rühmen nicht vergessen werden darf, gibt es doch
nen Aufsatz in Nr. 289 der Aurelie, die sich ihre Seele rein erhielt, trotz körperlichem Ver¬
fall zu adeliger Höhe fast verklärte inmitten eines Sumpfes. 1 in den 3½ Stunden ebenso viel zu sehen — wie zu hören. ###