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28. Die Schiestern-oder Casanova in Sna
Nus besser besucht als gewöhnlich.
g wimmelt, sind die Figuren genommen, die und =worte, alles was Schnitzler sagen wollte,
keiten für denjenigen aufdämmern, der Augen
das Spiel beleben, und sogar er selbst er¬
zum Ausdruck bringt. Aber eben da liegt's,
hat, zu sehen, Ohren hat, zu hören und ein
scheint, der große Lebenskünstler, der Vielge¬
er sagt es. Alles was Handlung war, alles
Herz, um zu empfinden. Alles Irdische ist
nur ein Gleichnis.
liebte und Vielgeschmähte, der Erotiker von
was lebendiges Leben hieß und Erlebnis der
Geburt und Profession, der heitere Gegen¬
Menschen war, ist zu Ende und sie ziehen die
Die leichtsinnige Baronin, das süße Lu¬
spieler des düsteren Don Juan, das Kind der
schmerzlichen Konsequenzen ihrer Taten.
Fano¬
derchen, wurde von Rosa Retty ganz ent¬
Schön, aber undramatisch. Anina wird Schwe¬
Welt, das mehr Frauen glücklich gemacht hat
Arthur
zückend gespielt. Niemand trifft das so wie
als unglücklich, und mit der Hölle der Liebe
ster der leichtsinnigen Baronin, wird sogar
Zwei
sie, zu gleicher Zeit so bösartig und doch so
nichts zu tun hatte, wie sein düsterer Gegen¬
Schwester einer noch leichtsinnigeren Tänze¬
ischung.
reizend zu sein. Das schillert und funkelt und
spieler, sondern nur mit ihren Himmeln. Die
Mau er¬
rin, die plötzlich auftaucht, um Casanova zu
dreht sich, wendet sich, entschlüpft und sticht
galante Liebe einer galanten Zeit wird
e Dich¬
holen. Der junge Liebende wird ein schmerz¬
als vollkommene kleine Komödiantin, voll ge¬
lebendig, der alles Metaphysische fernblieb,
distichon
lich Erkennender, das „Entweder=Oder“ des
spielter Unschuld. Fräulein Aknay als die
die aufgeklärt war und nicht unglücklich sein
Gefühlslebens verliert seine Unbedingtheit,
Spring¬
keusche Sünderin, von erquickender Echtheit
konnte und es höchstens bis zu einer gewissen
r drauf
der Aschermittwoch der großen Desillusion
der Empfindung und des Tones, Typus
schmerzlichen Ironie brachte. Lebenskünstler
t dieser
und der Weltklugheit ist gekommen. Casanova
dessen, was die Franzosen „Adultère ingenue“
und Liebeskünstler, ohne Leidenschaft und
aus¬
lehrt die Jugend. Der Jüngling wird zum
nennen; unvergeßlich das leise Lächeln der Be¬
ohne Tragik, die geborenen Lustspielhelden.
Arthur
Mann, der zwischen der leichten Baronin,
friedigung und der seelischen Wandlung, als sie
Ein Baron, der keiner ist, lebt vom Spiel
ameter.
zwischen der ehemals keuschen Anina und
sich zum ersten Male als Weib und überlegen
und lebt von seiner Frau. Bald drückt er ein
er hat
der treulos=treuen Tänzerin nur mehr Nuan¬
fühlt. Schott, manchmal von schöner Hef¬
Auge zu und ist ein bequemer Gatte, bald er¬
wenig¬
cen, aber keine Wesensunterschiede findet.
tigkeit, manchmal von unschöner Heftigkeit
innert er sich wieder, daß er ein Ehrenmann
hat so
Dem Dichter war es um die trübe Weisheit
der Jugend, immer durchseelend, was er
ist und der Degen fliegt aus der Scheide. Ein
eigenen
dieses melancholisch reizenden Schlusses zu
spricht, aber nicht immer Herr seines Aus¬
junges Paar, zwei Liebende auf der Flucht,
an ihn
tun, der Zuschauer hätte es lieber gesehen,
druckes. Casanova — Herr Treßler. Nie¬
knapp vor der Heirat. Beide noch mit einem
nötig
wenn das Stück scheinbar übermütig geschlos¬
mand im Burgtheater hätte es besser gemacht
Hauch von bürgerlicher Anständigkeit und
und
sen hätte, mit der Empörung des zwiefach ge¬
als er. Aber er wan doch mehr Riccaut de la
pfände.
von der Morgenkühle einer reinen Jugend.
liebten Casanova, der sich trotzdem als betro¬
Marlinière als Casanova. Schauspielerisch
Und zwischen diesen beiden Paaren Casa¬
Klug¬
gener Betrüger fühlt. Der Zuschauer hätte
einwandfrei, aber das, was man nicht machen
nova. Die leichtsinnige Frau erwartet ihn und
st.) an
lieber alle Schnitzler= und Weltweisheit im
kann, was man mitbringen muß, die Atmo¬
kommt
ein Irrtum führt ihn zur kindlichen Anina,
ahnenden Gemüte erlebt und im Nachhall
sphäre war nicht vorhanden. Die erotische
die schuldlos schuldig wird, vom Rausch der
unstver¬
seiner Seele nach Hause getragen, statt diese
Aura umstrahlte ihn nicht. Er war nur ein
Klugheit
Stunde überwältigt. Sie weiß, in wessen Ar¬
Worte überdeutlich von der Bühne gesprochen
Abenteurer, aber nicht der Held aus tausend
sch be¬
men sie lag. Casanova weiß es nicht. Später
zu hören. Mit der öffentlichen Diskussion
und einer Nacht. Danegger und Heine.
den
er
erfährt's der jugendliche Bräutigam und stürzt
und Perlussion des Problems erlahmte die
in kärglichen Rollen, hatten nicht viel Gele¬
einen
aus allen Himmeln, kann nicht begreifen,
Phantasie und erstarkte der kritische Verstand.
genheit zur Entfaltung. Jung Thimig als
Goethe
kann nicht verzeihen, kommt über die schuldige
Denn wer das Stück verstanden hat, dem er¬
jugendlicher Bedienter von allen Lastern
s des
Schuldlosigkeit seiner Geliebten nicht hinweg.
machen diese Dinge von selbst und fordern
bleich: Aber Bubi, wer soll dir denn das
lavigo“.
Das Problem, das Hoffmannsthal in seinem
glauben? Ich nicht. Die Beifallsstimmung,
Rechenschaft, und wer es nicht verstanden hat,
heigern,
Jugendwerkchen „Gestern“ in aller Kürze an¬
dem bleiben die schönsten und klügsten Worte
die nach dem zweiten Akt sich gern Luft ge¬
n das
nichts als tönendes Erz und klingende Schel¬
geschlagen, wird hier etwas länglich noch
schafft hätte, sand erst nach dem dritten Ge¬
#lerben?
legenheit loszuprasseln. Der Dichter erschien
len, weil er die Liebe nicht hat, die jedes
einmal durchgeführt. Man erwartet den
sanova,
immer wieder, von alten und neuen Freunden
Werk eines Dichters fordert, hinter dessen
Schluß früher, als er tatsächlich eintritt, ob¬
en nur wohl gerade dieser Schluß alle Dichterwerte Wirklichkeiten immer noch neue Unwirklich= begrüßt.
Felix Dörmann.
RRr
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28. Die Schiestern-oder Casanova in Sna
Nus besser besucht als gewöhnlich.
g wimmelt, sind die Figuren genommen, die und =worte, alles was Schnitzler sagen wollte,
keiten für denjenigen aufdämmern, der Augen
das Spiel beleben, und sogar er selbst er¬
zum Ausdruck bringt. Aber eben da liegt's,
hat, zu sehen, Ohren hat, zu hören und ein
scheint, der große Lebenskünstler, der Vielge¬
er sagt es. Alles was Handlung war, alles
Herz, um zu empfinden. Alles Irdische ist
nur ein Gleichnis.
liebte und Vielgeschmähte, der Erotiker von
was lebendiges Leben hieß und Erlebnis der
Geburt und Profession, der heitere Gegen¬
Menschen war, ist zu Ende und sie ziehen die
Die leichtsinnige Baronin, das süße Lu¬
spieler des düsteren Don Juan, das Kind der
schmerzlichen Konsequenzen ihrer Taten.
Fano¬
derchen, wurde von Rosa Retty ganz ent¬
Schön, aber undramatisch. Anina wird Schwe¬
Welt, das mehr Frauen glücklich gemacht hat
Arthur
zückend gespielt. Niemand trifft das so wie
als unglücklich, und mit der Hölle der Liebe
ster der leichtsinnigen Baronin, wird sogar
Zwei
sie, zu gleicher Zeit so bösartig und doch so
nichts zu tun hatte, wie sein düsterer Gegen¬
Schwester einer noch leichtsinnigeren Tänze¬
ischung.
reizend zu sein. Das schillert und funkelt und
spieler, sondern nur mit ihren Himmeln. Die
Mau er¬
rin, die plötzlich auftaucht, um Casanova zu
dreht sich, wendet sich, entschlüpft und sticht
galante Liebe einer galanten Zeit wird
e Dich¬
holen. Der junge Liebende wird ein schmerz¬
als vollkommene kleine Komödiantin, voll ge¬
lebendig, der alles Metaphysische fernblieb,
distichon
lich Erkennender, das „Entweder=Oder“ des
spielter Unschuld. Fräulein Aknay als die
die aufgeklärt war und nicht unglücklich sein
Gefühlslebens verliert seine Unbedingtheit,
Spring¬
keusche Sünderin, von erquickender Echtheit
konnte und es höchstens bis zu einer gewissen
r drauf
der Aschermittwoch der großen Desillusion
der Empfindung und des Tones, Typus
schmerzlichen Ironie brachte. Lebenskünstler
t dieser
und der Weltklugheit ist gekommen. Casanova
dessen, was die Franzosen „Adultère ingenue“
und Liebeskünstler, ohne Leidenschaft und
aus¬
lehrt die Jugend. Der Jüngling wird zum
nennen; unvergeßlich das leise Lächeln der Be¬
ohne Tragik, die geborenen Lustspielhelden.
Arthur
Mann, der zwischen der leichten Baronin,
friedigung und der seelischen Wandlung, als sie
Ein Baron, der keiner ist, lebt vom Spiel
ameter.
zwischen der ehemals keuschen Anina und
sich zum ersten Male als Weib und überlegen
und lebt von seiner Frau. Bald drückt er ein
er hat
der treulos=treuen Tänzerin nur mehr Nuan¬
fühlt. Schott, manchmal von schöner Hef¬
Auge zu und ist ein bequemer Gatte, bald er¬
wenig¬
cen, aber keine Wesensunterschiede findet.
tigkeit, manchmal von unschöner Heftigkeit
innert er sich wieder, daß er ein Ehrenmann
hat so
Dem Dichter war es um die trübe Weisheit
der Jugend, immer durchseelend, was er
ist und der Degen fliegt aus der Scheide. Ein
eigenen
dieses melancholisch reizenden Schlusses zu
spricht, aber nicht immer Herr seines Aus¬
junges Paar, zwei Liebende auf der Flucht,
an ihn
tun, der Zuschauer hätte es lieber gesehen,
druckes. Casanova — Herr Treßler. Nie¬
knapp vor der Heirat. Beide noch mit einem
nötig
wenn das Stück scheinbar übermütig geschlos¬
mand im Burgtheater hätte es besser gemacht
Hauch von bürgerlicher Anständigkeit und
und
sen hätte, mit der Empörung des zwiefach ge¬
als er. Aber er wan doch mehr Riccaut de la
pfände.
von der Morgenkühle einer reinen Jugend.
liebten Casanova, der sich trotzdem als betro¬
Marlinière als Casanova. Schauspielerisch
Und zwischen diesen beiden Paaren Casa¬
Klug¬
gener Betrüger fühlt. Der Zuschauer hätte
einwandfrei, aber das, was man nicht machen
nova. Die leichtsinnige Frau erwartet ihn und
st.) an
lieber alle Schnitzler= und Weltweisheit im
kann, was man mitbringen muß, die Atmo¬
kommt
ein Irrtum führt ihn zur kindlichen Anina,
ahnenden Gemüte erlebt und im Nachhall
sphäre war nicht vorhanden. Die erotische
die schuldlos schuldig wird, vom Rausch der
unstver¬
seiner Seele nach Hause getragen, statt diese
Aura umstrahlte ihn nicht. Er war nur ein
Klugheit
Stunde überwältigt. Sie weiß, in wessen Ar¬
Worte überdeutlich von der Bühne gesprochen
Abenteurer, aber nicht der Held aus tausend
sch be¬
men sie lag. Casanova weiß es nicht. Später
zu hören. Mit der öffentlichen Diskussion
und einer Nacht. Danegger und Heine.
den
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erfährt's der jugendliche Bräutigam und stürzt
und Perlussion des Problems erlahmte die
in kärglichen Rollen, hatten nicht viel Gele¬
einen
aus allen Himmeln, kann nicht begreifen,
Phantasie und erstarkte der kritische Verstand.
genheit zur Entfaltung. Jung Thimig als
Goethe
kann nicht verzeihen, kommt über die schuldige
Denn wer das Stück verstanden hat, dem er¬
jugendlicher Bedienter von allen Lastern
s des
Schuldlosigkeit seiner Geliebten nicht hinweg.
machen diese Dinge von selbst und fordern
bleich: Aber Bubi, wer soll dir denn das
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Das Problem, das Hoffmannsthal in seinem
glauben? Ich nicht. Die Beifallsstimmung,
Rechenschaft, und wer es nicht verstanden hat,
heigern,
Jugendwerkchen „Gestern“ in aller Kürze an¬
dem bleiben die schönsten und klügsten Worte
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nichts als tönendes Erz und klingende Schel¬
geschlagen, wird hier etwas länglich noch
schafft hätte, sand erst nach dem dritten Ge¬
#lerben?
legenheit loszuprasseln. Der Dichter erschien
len, weil er die Liebe nicht hat, die jedes
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sanova,
immer wieder, von alten und neuen Freunden
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Schluß früher, als er tatsächlich eintritt, ob¬
en nur wohl gerade dieser Schluß alle Dichterwerte Wirklichkeiten immer noch neue Unwirklich= begrüßt.
Felix Dörmann.
RRr