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28. Die Schuestern-oder Gasanova in Sna
mmnMnn
War niemand da, der den Unwert der Arbeit erkannte? Und
Kunst, Wissenschaft und Leben.
niemand der sich getraute, dem Dichter ehrlich die Meinung
zu sagen? Statt dessen probiert man's halt — und tut sich
Burgtheater. Die Anekdote, nach der Artur Schnitzler
womöglich noch was drauf zugut, daß man doch einen Schnitz¬
seine Verskomödie „Die Schwestern“ zu bilden versuchte, hat
ler gegeben hat. Nein, das Verdienst um ihn wäre gewesen,
sich nicht als glücklicher Griff erwiesen; und es ist dem Dichter
ihn nicht zu geben und uns nicht die Erfahrung machen zu
such der technische Griff nicht gelungen, der aus ihr wenig¬
lassen, daß man sich bei Schnitzler so langweilen kann. M. M.
stens alles fürs Theater herausholt, was darin stecken mag.
Die Aneldote hat nicht novellenhafte Substanz genug, um
eine tragkräftige Handlung für die Bühne zu ergeben. Casa¬
nusa (in Spa, wie der Untertitel versichert), in einer üblichen
„Kokologartennacht von einer Schönen erwartet, irrt sich im
(Fenster und bringt die Nacht mit einer anderen Schönen zu.
Nachdem man dies aus der Exposition entnommen und ein
Streit zwischen den beiden Damen über künftige „Ansprüche“
Bentbrennt — man hört ihn nicht gern an — erzählt der eine
Gatte dem anderen den schwierigen Streitfall — man hört
das bereits bekannte nicht gern noch einmal an. Danach en
zählen beide Gatten den schwierigen Streitfall dem Casanova
„Des freut einen aber schon gar nicht, das noch ein drittesmal
„Anzuhören... Damit also bringt man die drei Akte hin.
Casanova entscheidet das zuletzt so, daß eine dritte Dame
kommt, die ihn früher verschmähl hat und deren gegen¬
wärtiger Anspruch dadurch eine gewisse Legitimität besitzt.
Nein, man hat gar nicht gern zugehört. Es war nichts da,
was einen Hauch aus amoureuser Kuliurwelt gab, nichts,
was die Anmut eines versunkenen Zeitalters nur einen
Augenblick lang zum Leben aufrief. Eine der blässesten, hin¬
fälligsten Arbeiten Schnitzlers. Nichts so undelikates noch hat
er geschrieben als die Streitszene zwischen den beiden Wei¬
bern vor dem Gaiten der einen, in welches Bett Casanova
gehört. Nicht ein Schatten von Rokoko=Anmut in diesen duft¬
losen, leer=rationalistischen Eindeutigkeiten. Und in den Rede¬
wüsten, durch die man lechzt, gibt es nur verschüttete Oasen,
die gerade ahnen lassen, was lustspielhaftes Tempo wäre. Das
Burgtheater hat dem Stück nicht viel Gunst zu schenken ge¬
wußt. Herr Treßler bemüht sich den Casanova glaubhaft
zu machen. Er stemmte unentwegt den rechten Absatz in den
Boden und fing zugeworfene Geldbeutel totsicher in der Luft
auf. Damit meint er genug getan zu haben. Die beiden ver¬
führten Damen gaben Frau Retty, mit gleichgültiger alt¬
gewohnter Uebung, und Frau Aknay, die so bildhübsch aus¬
sah, daß man auf ihr Talent schwor, wenigstens solange sie
nicht sprach. Dann freilich —. Es war ein Abend ohne jeden
künstlerischen Reiz. Man hätte ihn Schnitzler ersparen können.
iehe Mittag. Wr
ThN 194
28. Die Schuestern-oder Gasanova in Sna
mmnMnn
War niemand da, der den Unwert der Arbeit erkannte? Und
Kunst, Wissenschaft und Leben.
niemand der sich getraute, dem Dichter ehrlich die Meinung
zu sagen? Statt dessen probiert man's halt — und tut sich
Burgtheater. Die Anekdote, nach der Artur Schnitzler
womöglich noch was drauf zugut, daß man doch einen Schnitz¬
seine Verskomödie „Die Schwestern“ zu bilden versuchte, hat
ler gegeben hat. Nein, das Verdienst um ihn wäre gewesen,
sich nicht als glücklicher Griff erwiesen; und es ist dem Dichter
ihn nicht zu geben und uns nicht die Erfahrung machen zu
such der technische Griff nicht gelungen, der aus ihr wenig¬
lassen, daß man sich bei Schnitzler so langweilen kann. M. M.
stens alles fürs Theater herausholt, was darin stecken mag.
Die Aneldote hat nicht novellenhafte Substanz genug, um
eine tragkräftige Handlung für die Bühne zu ergeben. Casa¬
nusa (in Spa, wie der Untertitel versichert), in einer üblichen
„Kokologartennacht von einer Schönen erwartet, irrt sich im
(Fenster und bringt die Nacht mit einer anderen Schönen zu.
Nachdem man dies aus der Exposition entnommen und ein
Streit zwischen den beiden Damen über künftige „Ansprüche“
Bentbrennt — man hört ihn nicht gern an — erzählt der eine
Gatte dem anderen den schwierigen Streitfall — man hört
das bereits bekannte nicht gern noch einmal an. Danach en
zählen beide Gatten den schwierigen Streitfall dem Casanova
„Des freut einen aber schon gar nicht, das noch ein drittesmal
„Anzuhören... Damit also bringt man die drei Akte hin.
Casanova entscheidet das zuletzt so, daß eine dritte Dame
kommt, die ihn früher verschmähl hat und deren gegen¬
wärtiger Anspruch dadurch eine gewisse Legitimität besitzt.
Nein, man hat gar nicht gern zugehört. Es war nichts da,
was einen Hauch aus amoureuser Kuliurwelt gab, nichts,
was die Anmut eines versunkenen Zeitalters nur einen
Augenblick lang zum Leben aufrief. Eine der blässesten, hin¬
fälligsten Arbeiten Schnitzlers. Nichts so undelikates noch hat
er geschrieben als die Streitszene zwischen den beiden Wei¬
bern vor dem Gaiten der einen, in welches Bett Casanova
gehört. Nicht ein Schatten von Rokoko=Anmut in diesen duft¬
losen, leer=rationalistischen Eindeutigkeiten. Und in den Rede¬
wüsten, durch die man lechzt, gibt es nur verschüttete Oasen,
die gerade ahnen lassen, was lustspielhaftes Tempo wäre. Das
Burgtheater hat dem Stück nicht viel Gunst zu schenken ge¬
wußt. Herr Treßler bemüht sich den Casanova glaubhaft
zu machen. Er stemmte unentwegt den rechten Absatz in den
Boden und fing zugeworfene Geldbeutel totsicher in der Luft
auf. Damit meint er genug getan zu haben. Die beiden ver¬
führten Damen gaben Frau Retty, mit gleichgültiger alt¬
gewohnter Uebung, und Frau Aknay, die so bildhübsch aus¬
sah, daß man auf ihr Talent schwor, wenigstens solange sie
nicht sprach. Dann freilich —. Es war ein Abend ohne jeden
künstlerischen Reiz. Man hätte ihn Schnitzler ersparen können.
iehe Mittag. Wr
ThN 194