II, Theaterstücke 28, Die Schwestern oder Casanova in Spa. Lustspiel in Versen (Eifersucht, Die Wiederkehr, Spion), Seite 56

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28. Die Schuesternoder Casanoua in Sna

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Dieser Mann hat kein Werk geschaffen, hat
gekannt hat, enwacht die Weibsnatur, auf¬
Hier ist der Typus hingestellt, der, von
keine Leistung vollbracht, ja nicht einmal ge¬
geschlossen bis in die letzte Tiefe. Nur die zar¬
der großen Neugier des Lebens entflammt,
arbeitet, es sei denn zum Spiel. Er ist die Per¬
ein großes Leben begierig genießt. Der alte
teste und dabei in Meisterschaft erstarkte Dichter¬
sönlichkeit an sich, in ihrer ganzen, hinreißenden
Gudar spricht es aus, was diese Menschenart
hand vermag dies Erwachen so zart und so leben¬
Gavalt, in ihrer Zaubermacht über andere.
im Innersten bewegt. „Nicht Angst, noch Jubel
dig zu schildern. Der Kuß, den Annina am
Seine Erinnerungen hat man kurzsichtigerweise
hat mich je durchschauert,“ sagt er. „nicht Haß
Morgen nach jener Nacht dem frechen. kleinen
so lange für Prahlereien gehalten, bis sie nach¬
noch Zärtlichkeit mein Blut gejagt —
— nur
Tilo gewährt, gleichgültig, als wäre es das Ein¬
geprüft und in allen Einzelheiten für wahr be¬
immer dies: was willst du, Feind im Dunkel?
fachste, mit solcher Münze zu zahlen, und im
Schicksäl, was willst du mir?“ Und hier ist das
selben Augenblick auch schon erstaunt, weil solches
funden wurden. Aber der Vollmensch, der uns
achtzehnte Jahrhundert, das einzige, das letzte
aus diesen Erinnerungen entgegentritt, wäre
möglich war: „Was wird aus mir?“ In den
Zeugnis genug gewesen und hätte solche Prüfung
jedenfalls von all den anderen, das die große
Schranken und in der Konvention ihrer jungen
als überflüssig erkennen lassen sollen. Ein
Liebe zu Andrea hält sie das Abenteuer dieser
Kunst des leichten, freien und geistreichen
Prahlhans kann nicht mit hundert, nicht mit
Lebens besaß, die Kunst, Bravour mit Anmut,
Nacht für tragische Schuld. Dann, als sie erfährt,
hunderttausend Aufschneidereien diesen echten
starkes Gefühl mit Heiterkeit zu vereinen,
daß Casanova eine andere zu besitzen geglaubt
Menschen zusammenlügen, der sich hier enthüllt.
Daseinslust mit Todesverachtung. Es spiegelt
hat, während er sie umarmte, dann, wie sie er¬
diesen naiven und raffinierten, diesen gro߬
sich im innersten Weben dieser ganz aus dem
kennt, daß Casanova nichts von ihr weiß, daß
Geist des achtzehnten Jahrhunderts geschöpften,
mütigen, tückischen, genialen und kindlichen,
jene gemeinsame Stunde nichts Gemeinsames
genial erfundenen Handlung. Es blitzt aus
diesen ehrenhaften und gewissenlosen, diesen in
wischen ihr und Casanova bedeutet, ahnt sie,
vielen farbig funkelnden Worten, und sein un¬
allen Tugenden wie in allen Lastern leidenschaft¬
um wie viel weiter die Natur die Schranken
nachahmliches Lächeln schimmert, wenn auf die
lichen, diesen elementaren Menschen. Er tritt auf
der Liebe gezogen, ahnt, wie viel freies Gebiet
(wie in diesem Stück), und alle Begierden rings
Beteuerung Theresens: „Ewig bin ich dein!“
vor ihr liegt, und entwandelt dem Schatten der
um ihn her beginnen stärker zu glühen, alle
der alte Gudar bemerkt: „Lang ist das Leben —
Tragik, mindestens dem Schakten dieser Tragik,
Freuden des Daseins leuchten heller, alle Gez
kurz die Ewigkeit.“ Und Schnitzlers eigenste
in freundlicheres Licht. Andrea Baisi auch fühlt
ffahren funkeln lockender. Die kleine Annina.
Art, sein Grübeln über Liebe und Treue, über
die engen Begriffe von Besitz, Gemeinsamkeit
die ihren Andrea liebt, weiß nichts vom Leben,
Mann und Frau, seine Lust, geheimen Ver¬
und Treue, die er bis jetzt gehegt hat, in sich
erwartet vom Leben nichts, als daß sie den
knüpfungen nachzuspüren, verborgene Zu¬
wanken. Dies alles schwindet hin, wie das Ge¬
braven Jungen, der sie entführt hat, heiraten
sammenhänge zu enträtseln, seine Meisterschaft
schehene der letzten Nacht, das er nicht fassen,
und ihn als seine Frau in Treue lieben wird.
des Wortes, sein Geschmack, seine subtile Kunst
nicht unter Anklage stellen kann, entgleitet, wie
Casanova kommt, im Dunkeln, durchs Fenster,
der Szenenführung, dies ist hier vereint, wie
dieser Casanova, den man nicht zu halten, nicht
unversehens, wie ein nächtlicher Vogel unver¬
zur Verantwortung zu ziehen vermag. Casanova
in einem köstlichen Extrakt, ist hier entfaltet
sehens ins Zimmer schwirrt und mit seinem
geht. Er hat dies Gehen, dieses Weiterwandern
zu süßestem Duft und feinster Farbe. Hochblüte.
lautlosen Flug die Ahnuna einer geheimnis¬
selbst sehr oft geschildert. Die Schicksale, die er
Ein kleiner Saal würde dies echte Kammer¬
vollen freien Weite mit hereinbrinat. Und in
hinter sich zurückläßt, die aufgewühlten, auf¬
spiel dem Verstehen vielleicht näher rücken. Die
Annina erwacht unter der Glut seiner Zärtlich¬
gewachten Menschen hat er nie gezeiat, hat kaum
Aufführung im Burgtheater ließ aber jo viel
keit ein Glück, eine Freiheit, eine Leidenschaft,
nach ihnen umgeblickt. Hier ist seine leuchtende
vom achtzehnten Jahrhundert und von
die sie in ihrem Wesen nie gefühlt und nie! Wegspur — einmal — leuchtend nachgezogen. Schnitzler merken, als nur möglich war. Am 1