28.
box 33/5
Die Schwestern- oder-Casanovain Sna
hätte, fordert Schnitzler einen ganzen Abend lang Auf= Abenden abgelö
„Die Schwestern“.
merksamkeit. So wird denn die im falschen Hotelzimmer
loren und verta
Lustspiel von ArtunShnisler—
heute aufgewen
(Erstaufführung im Burgtheater am
hin teils unter zweideutigem Augenzwinkern, teils unter
recht entdeckte
26. März 1920.)
wichtigtuerischer Nachdenklichkeit immer wieder durchge¬
Frau Aknay.
Warum wir diesmal von unserer alten Gepflogen¬
quatscht und unser Ekel davor wird immer größer.
Frl. Marber
heit abweichen, zunächst das äußerliche Geschehen eines
Schnitzler, der gewiß schon Theaterstücke schrieb, die, wenn
der vollblütigen
Stückes zu erzählen, um dadurch unseren Lesern ein
auch nicht unserer restlosen Zustimmung, so doch unserer
sich Herr Scho
eigenes Urteil zu ermöglichen? Einfach darum, weil wir
Augenblicke des
Achtung sicher sind (beispielsweise den „Jungen Medar¬
es unserer Leserschaft und uns selber ersparen wollen,
dus"), hat sich in den letzten Jahren schon allerlei sozu¬
Kellner. — Die
diese widerliche und unsaubere Geschichte in allen ihren
sagen dichterische Exzesse geleistet, die genugsam die Rich¬
müdend langwoe
Einzelheiten „genießen“ zu müssen. Genug an einigen
tung andeuteten in der dieser allgemach alternde Dichter
fanden die Sch#
Sätzen, aus denen jedermann deutlich genug ersehen
seine Reife zu finden hofft. Eines Stückes freilich, wie es
hangsinken Gel#
kann, was los ist. Also: Casanova, der Schürzenjäger,
die „Schwestern“ sind, hat man sich doch nur versehen
seltsam dünn u
kommt nächtlich zum Fenster eines Dämchens, das ihm
können wenn man die vor einigen Jahren erschienene
schweigenden H#
verheißende Andeutungen gemacht hat. Er wird einge¬
Schnitzlersche Novelle „Frau Beate und ihr Sohn“ kannte
lassen und verbringt eine seiner „berühmten" Liebes¬
in der sich das gleiche wohlgefällige, wortreich schmatzend##
nächte. Aber er hat sich im Fenster geirrt. Er war, ohne
Behagen an der gewagten Situation, an der erotischen
es zu wissen, bei einer anderen, die ihrerseits auch auf
Unbodenklichkeit auslebte. Vielleicht wird sich eine
einen anderen Liebhaber gewartet hat. Casanova merkt
Literaturschreibung, die in Schnitzler mit dienstbeflissenem
den Irrtum nicht, wohl aber die beglückte „Dame“. Am
Eifer schon ein „Phänomen“ eine für unser Schrifttum
anderen Morgen: Eifersucht der ersten Gelicbten, Toben
und unsere Kultur bedeutsame Erscheinung sehen wollte
des betrogenen anderen Liebhabers, Streitigkeiten, harm¬
und den Problemen seiner Dichtung gar schon bandweise
loses Dagenziehen, Auftauchen einer dritten Dame, die auf
Untersuchungen zu widmen anfängt, vielleickt wird sie
ältere Rechte pocht und den vielbegehrten Casanova hin¬
sich nun doch überlegen, ob der Dichter der „Schwestern“
wegführt, endlich allseitige Zufriedenheit. — Lohnt es
solcher Mühe wert sein mag.
sich, in der Zeit der kargsten Papiernot an diese höchst
klägliche Angelegenheit größeren Raum zu verschwenden?
Gründlich überlegen aber hätte sich's das Burgtheater
Möglich, daß die Verse, in welche das Lustspiel gegossen
sollen, diesem hämischen und anrüchigen Zerrbild deutscher
ist, gut klingen und sauber ausgeschliffen sind, möglich,
Poesie Aufnahme zu gewähren. Schon vor zwei Jahren
daß sich in manchen Einzelheiten der Spielführung die
von der damaligen Burgtheaterleitung abgewiesen, ging
Hand eines alten, gewiegten Theatralikers bekundet. Das
Herr Schnitzler inzwischen mit den „Schwestern“ auch bei
läßt uns wirklich kühl genug, gleichwie uns auch das
einer anderen Bühne vergeblich hausicren, bis er sie jetzt
endlich an den Mann und leider auch ans Publikum ge¬
philosovhierende Geschwätz, mit dem die drei an Hand¬
lung so armen Akte aufgeputzt sind, nur zu langweilen
brack hat. Nun, das mag sich Herr Direktor Heine schon
vermag. Zudem ist dieses „Lustspiel“ humorlos bis auf gesagt sein lassen, daß wir uns die ersehnte Erneuerung
die Knochen, es bringt kaum eine einzige anmutige Wen= und Veredlung des Burgtheaters ein wenig anders vor¬
dung, kaum ein einziges erheiterndes Witzwort. Für stellen und daß alle schönen und teuren Klassikerwieder¬
einen Einfall, den Voccaccio auf zehn Seiten abgetan aufführungen nicht viel nützen können, wenn sie von##
box 33/5
Die Schwestern- oder-Casanovain Sna
hätte, fordert Schnitzler einen ganzen Abend lang Auf= Abenden abgelö
„Die Schwestern“.
merksamkeit. So wird denn die im falschen Hotelzimmer
loren und verta
Lustspiel von ArtunShnisler—
heute aufgewen
(Erstaufführung im Burgtheater am
hin teils unter zweideutigem Augenzwinkern, teils unter
recht entdeckte
26. März 1920.)
wichtigtuerischer Nachdenklichkeit immer wieder durchge¬
Frau Aknay.
Warum wir diesmal von unserer alten Gepflogen¬
quatscht und unser Ekel davor wird immer größer.
Frl. Marber
heit abweichen, zunächst das äußerliche Geschehen eines
Schnitzler, der gewiß schon Theaterstücke schrieb, die, wenn
der vollblütigen
Stückes zu erzählen, um dadurch unseren Lesern ein
auch nicht unserer restlosen Zustimmung, so doch unserer
sich Herr Scho
eigenes Urteil zu ermöglichen? Einfach darum, weil wir
Augenblicke des
Achtung sicher sind (beispielsweise den „Jungen Medar¬
es unserer Leserschaft und uns selber ersparen wollen,
dus"), hat sich in den letzten Jahren schon allerlei sozu¬
Kellner. — Die
diese widerliche und unsaubere Geschichte in allen ihren
sagen dichterische Exzesse geleistet, die genugsam die Rich¬
müdend langwoe
Einzelheiten „genießen“ zu müssen. Genug an einigen
tung andeuteten in der dieser allgemach alternde Dichter
fanden die Sch#
Sätzen, aus denen jedermann deutlich genug ersehen
seine Reife zu finden hofft. Eines Stückes freilich, wie es
hangsinken Gel#
kann, was los ist. Also: Casanova, der Schürzenjäger,
die „Schwestern“ sind, hat man sich doch nur versehen
seltsam dünn u
kommt nächtlich zum Fenster eines Dämchens, das ihm
können wenn man die vor einigen Jahren erschienene
schweigenden H#
verheißende Andeutungen gemacht hat. Er wird einge¬
Schnitzlersche Novelle „Frau Beate und ihr Sohn“ kannte
lassen und verbringt eine seiner „berühmten" Liebes¬
in der sich das gleiche wohlgefällige, wortreich schmatzend##
nächte. Aber er hat sich im Fenster geirrt. Er war, ohne
Behagen an der gewagten Situation, an der erotischen
es zu wissen, bei einer anderen, die ihrerseits auch auf
Unbodenklichkeit auslebte. Vielleicht wird sich eine
einen anderen Liebhaber gewartet hat. Casanova merkt
Literaturschreibung, die in Schnitzler mit dienstbeflissenem
den Irrtum nicht, wohl aber die beglückte „Dame“. Am
Eifer schon ein „Phänomen“ eine für unser Schrifttum
anderen Morgen: Eifersucht der ersten Gelicbten, Toben
und unsere Kultur bedeutsame Erscheinung sehen wollte
des betrogenen anderen Liebhabers, Streitigkeiten, harm¬
und den Problemen seiner Dichtung gar schon bandweise
loses Dagenziehen, Auftauchen einer dritten Dame, die auf
Untersuchungen zu widmen anfängt, vielleickt wird sie
ältere Rechte pocht und den vielbegehrten Casanova hin¬
sich nun doch überlegen, ob der Dichter der „Schwestern“
wegführt, endlich allseitige Zufriedenheit. — Lohnt es
solcher Mühe wert sein mag.
sich, in der Zeit der kargsten Papiernot an diese höchst
klägliche Angelegenheit größeren Raum zu verschwenden?
Gründlich überlegen aber hätte sich's das Burgtheater
Möglich, daß die Verse, in welche das Lustspiel gegossen
sollen, diesem hämischen und anrüchigen Zerrbild deutscher
ist, gut klingen und sauber ausgeschliffen sind, möglich,
Poesie Aufnahme zu gewähren. Schon vor zwei Jahren
daß sich in manchen Einzelheiten der Spielführung die
von der damaligen Burgtheaterleitung abgewiesen, ging
Hand eines alten, gewiegten Theatralikers bekundet. Das
Herr Schnitzler inzwischen mit den „Schwestern“ auch bei
läßt uns wirklich kühl genug, gleichwie uns auch das
einer anderen Bühne vergeblich hausicren, bis er sie jetzt
endlich an den Mann und leider auch ans Publikum ge¬
philosovhierende Geschwätz, mit dem die drei an Hand¬
lung so armen Akte aufgeputzt sind, nur zu langweilen
brack hat. Nun, das mag sich Herr Direktor Heine schon
vermag. Zudem ist dieses „Lustspiel“ humorlos bis auf gesagt sein lassen, daß wir uns die ersehnte Erneuerung
die Knochen, es bringt kaum eine einzige anmutige Wen= und Veredlung des Burgtheaters ein wenig anders vor¬
dung, kaum ein einziges erheiterndes Witzwort. Für stellen und daß alle schönen und teuren Klassikerwieder¬
einen Einfall, den Voccaccio auf zehn Seiten abgetan aufführungen nicht viel nützen können, wenn sie von##