II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 3

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27. Punrbusch
die Spur. Alles
konservatives Wochenblätt und als Fliederbusch pole¬
struiert, verzeich¬
misiert er gegen Fink in einer demokratischen Tages¬
und könnte eben¬
zeitung. Das Ergebnis dieser gegenseitigen Angriffe ein
kikanten sein, die
und derselben Person ist (wie ja nicht anders denkbar,
auf Bestellung
wenn es lustig werden soll), ein Zweikampf zwischen
ken der Bühnen¬
Fink und Fliederbusch, bei dem schließlich der ganze
der, daß diese
„Gspaß“ herauskommt. Das Ende des 3. Aktes bringt
viel amüsanter
eine große, wie der Franzose sich ausdrückt, „szene a
nie und sogar
faire“, in die Schnitzler unzweideutig den Sinn hinein¬
hilosophisch=grüb¬
legt, daß alle Journalisten Lumpen, gesinnungslose, nur
Kostprobe dieser
aufs Geschäft bedachte Kreaturen sind. — Denn man
breuen, Schnizler
höre weiter. Die beiden Chefredakteure, für deren Zei¬
blematisch zu fin¬
tungen der Pfiffikus schrieb, haben durch einen Mit¬
etit zu behalten,
arbeiter des konservativen Wochenblattes von diesem
im 3. Akt, wo
Doppelspiel Kenntnis erlangt. Was machen sie nun?
istischen Vortrag
Geben sie dem charakterlosen Menschen, jeder separat,
t. Schnitzler täte
einen Fußtritt, den er schließlich verdienen würde? Nein,
esfeuerwerk dem
durchaus nicht, das wäre ja nur ehrlich, aber nicht
der schon genug
journalistisch nach Schnitzlerschen Begriffen. Was tun
was viel besser,
sie also? Von der Genialität des samosen Kerls in
angepäßter, her¬
helle Begeisterung versetzt, rennen beide auf den Duel¬
r, bei dem alles
platz, wo sie die humoristische Selbstentlarvung des
it verdunkelt ist
journalistischen Tausendsassa mit Worten höchster fach¬
Giesbert Nieder¬
lichster Anerkennung quittieren und dann in Form einer
wie Graf Trast
regelrechten Lizitation seine Dienste sich zu reservieren
bemühen. — Fink=Fliederbusch pfeift aber schon auf die
eigen wird, daß
Stellung eines Redaktionsangestellten, denn er über¬
wenn es sich
nimmt ein neu zu gründendes Blatt, das der pessimistische
#etiterarisch fri¬
Graf Niederhof, von dem bereits die Rede war, her¬
ausgeben wird.
eine Kreuzung
Es bedarf wohl keiner besonderen Milieukenntnis,
gols „Revisor"),
um festzustellen, daß Schnitzler diesmal völlig daneben¬
Pfiffigkeit und
gegriffen hat. Auswüchse, wie sie in jedem Stande
igt sich, skrupel¬
vorkommen, hat er als das einzig Wesentliche hin¬
fern verschiedener
gestellt, hat Possenhaftigkeit statt Charakteristik ge¬
für ein streng geben (das letztere hat er doch unbedingt gewollt) und
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ne wegeste:
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übersieht die — wir können es ohne Ueberhebunger
sagen
rühmlichen Lichtseiten der Journalistik volls
kommen, ganz zu schweigen von der Tragik der schwe¬
ren, nie recht vergoltenen, vielfach immer noch unter¬
schätzten Arbeit der Leute dieses Berufes. — Wäres
das Stück perspektivisch in den Gesichtswinkel der Sa¬
tire eingestellt, so würde man Verzerrungen und Ueber¬
treibungen als organisch berechtigt selbstredend mit bes
freiendem Lachen aufnehmen; so aber, als Versuch eines
Charakterlustspieles, zeigt es vollends seine Blößen
zeigt, daß es lediglich eine Bühnenhumoreske ist, die
des Rampenlichtes beraubt, den letzten Rest von Wirs
kung einbüßt.
Gute zwei Jahrzehnte haben wir auf ein Lustspiel
von Schnitzler gewartet. Der Glaube, er werde uns
ein wirklich gutes schenken, war uns förmlich schon
zur fixen Idee geworden. Groß ist nun die Enttäuschung,
die wir da erleben, um so größer, da Schnitzler in
der Auswertung eines Milieus versagt hat, von dem
man todsicher annehmen mußte, daß es ihm längst in
allen Licht= und Schattenseiten bekannt wäre und dem¬
gemäß Anreiz und Stoff zu einem richtig erfaßten.
wirklich guten Journalistenstück hätte geben können. Aber
nichts von allem dem. Was uns Schnitzler diesmal
bietet, ist ein durchsichtiger Scherz, über den man, Kri¬
tiklosigkeit und ein gutes Nachtmahl vorausgesetzt, be¬
stenfalls lacht, das jedoch vom Journalistenlustspiel höhe¬
ren Stils (Freytag hat es seinem Zeitalter gegeben)
himmelweit entfernt ist.
Denn schließlich und endlich muß ja, so traurig es
ist, gesagt werden, daß der geistige Horizont gar manchen
Reporters viel, viel weiter gezogen ist als der Schnitz¬
lers in „Fink und Fliederbusch“, wobei man nicht ver¬
gessen darf, daß ein Reporter nicht den Ehrgeiz hat,
als führender Dichter zu gelten und als Messias des
deutschen Lustspieles schon zwei Jahrzehnte vor einem
Fiasko wie diesem gefeiert zu werden.