II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 15

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27. Einkund Fliederbusen

Prsonders sestelen, weit durch die Besicherspere an Gehuristag
vielfach die Meinung erweckt wurde, daß Baumeister weiß Gott
wie leidend und schonungsbedürftig sei.
Mitte November geht im Deutschen Volkstheater Artur
Schnitzlers neueste Komödie „Fink und Rosenbusch“ in Szene.
Die meisten Werke des Dichters haben ihre Uraufführungen
am Burgtheater gehabt, so daß die „beteiligten Kreise“ ein
wenig erstaunt waren, als man zum erstenmal vernahm, daß
der neueste Schnitzler im Volkstheater herauskommen werde.
Bekanntlich gab es einmal vor vielen Jahren einen „Schnitzler¬
Konflikt“ im Burgtheater. Es war
unter der Direktion
Schlenther. Er wurde dann beigelegt,
sozusagen unter der
Patronanz der führenden Wiener Kritik. Später erblickte dann
jedes Werk des Dichters, zuweilen gleichzeitig mit dem
Berliner Lessing=Theater, im Burgtheater das Rampenlicht.
Schlenther wurde einer der wärmsten Verehrer des Dichters, ge¬
staltete das Schnitzler=Repertoire aus, besaß aber freilich nicht
auch den Mut, den „Medardus“ zu spielen, dieses „geniale
Monstrum“, wie er das Stück in einer kritischen Laune nannte,
wegen seiner über das Theatermaß hinausragenden Länge. Erst
Baron Berger wagte das „Experiment“, das sich dann so erfolg¬
Preich gestaltete. Auch Direktor Thimig pflegte Schnitzler in
hervorragender Weise. Es gab verschiedene Reprisen unter seiner
Leitung. Er hatte auch mit der Komödie „Fink und Rosenbusch“
gerechnet, doch hielt sie der Dichter ziemlich lange
zurück. Er hatte, wie man erzählte, ursprünglich die
Absicht, das Stück während des Krieges nicht aufführen
zu lassen. Da sich aber der Krieg, gleich dem „Medardus“ in
die Länge zog, entschloß er sich nun doch dazu, sein Journalisten¬
lustspiel nicht auf den Frieden warten zu lassen. Bekanntlich be¬
handelt diese Komödie einen Stoff, der jährlich in einem Lustspiel
von Tristan Bernard vorkommt, das vor vier Jahren im Josef¬
städter Theater aufgeführt wurde. Schnitzler ließ damals gemeinsam
mit Thimig sein Werk notariell als ein früher entstandenes
„legalisieren“.
Nun wird die Premiere nicht im Burgtheater, sondern im
Deutschen Volkstheater stattfinden. Warum? Darüber munkelte
man gleich allerhand Geheimnisvolles. Die Theaterspatzen haben
iin solchen Fällen immer etwas zu pfeifen. Diesmal pfiffen sie
besonders kräftig. Aber die Eingeweihten erzählen, daß die Sache
ganz einfach war. Direktor Wallner gab in der vorigen Saison
„Anatol“, das „Abschiedssouper“, „Liebelei“, Komtesse Mizzi“ und
setzte sich förmlich in den Kopf, auch einen funkelnagelneuen Schnitzler
zu bringen. Da schrilb er nun einen sehr liebenswürdigen Brief
an den Dichter, worin er ihn um sein neues Stück bat. Artur
Schnitzler erschien in der Direktionskanzlei und erfüllte in seiner
charmanten Weise die Bitte des Direktors. So kam nun „Fink
und Rosenbusch“ ins Deutsche Volkstheater. Wenigstens erzählen
stes so die Eingeweihten. Die besonders Eingeweihten munkeln aber
srotz alledem etwas anderes. Beim Theater wird ja immer ge¬
munkelt und da wollen sie nun wissen, daß Schnitzler mit dem
neuen Burgtheaterdirektor nicht ganz harmoniere und man findet
beispielsweise sehr auffallend, daß die „Komödie der Worte“
aus dem Spielplan ganz verschwunden sei. Allerdings werden
defür andere Schnitzler=Stücke im Burgtheater gespielt.
Direktor Geyer pflegt an der Neuen Wiener Bühne neben
„Causa Kaiser“ und dem „Neuen Gold“ auch die höhere Literatur.
Sie ist ihm eigentlich Herzenssache, aber Schwänke muß man eben
wegen der Theaterkasse geben. Sie muß es dann ermöglichen,
daß man sich dann ein= oder zweimal in der Woche der Literatur
widmen kann. Es gibt bei uns Bühnenleiter mit zwei Seelen.
Die Geschäftsseele gehört der Durchschnittsware, dem täglichen
Brot des Theaters, die Kunstseele tobt sich in der Vor- oder
Nachsaison aus. Da kümmert man sich weniger um den hohen
Adel und das verehrliche Publikum und geht seine eigenen
Wege. Diese Woche führen sie bei dem einen zu Strindberg, bei
dem anderen zu Georg Kaiser. Man vergißt für eine Woche
seine lieben Stammautoren und erinnert sich an seine höheren
Ziele. Das eine Mal erinnert sich Direktor Jarno, das andere
Mal Direktor Geyer. Diesmal hat er sich zu einem „Zyklus“
entschlossen, was sicher sehr löblich ist. Den Anfang bildet Georg
Kaisers „Bürger von Calais“. (Herr Vernau bereitet übrigens
auch einen Georg Kaiser vor, und zwar den neuesten. Es gibt
nun auch ein Wettrennen in der Literatur.)
Diese Aufführung ist mit den größten Schwierigkeiten ver¬
bunden. Es ist nicht leicht, im Kriege diesen Dichter zu spielen,
denn er stellt an die Statisterie besondere Auforderungen. Im