27. Eink und Fliederbusch box 33/1
Ausschnitt aus
Zeitung
De eeneegern
vom:
Werwen¬
weis, böhmen
50
Sonn u Liontags-Courier,
Theater und Kunst.
Deutsches Valktheater.
Fink und Fliederbusch von Artur Schnitzler.
Milieustücke sind immer vom— künstlerischen
Standpunkt ein wenig fraglich. Es gilt von ihnen,
was ein Kunstkritiker unlängst über die Ausstellung
der Marinebilder gesagt hat: Die allzugroße Gegen¬
ständlichkeit verschiebt die Grundsätze, nach der die
Wertung solcher Bilder erfolgt und der das Hand¬
werkzeug beherrschende Fachmann wird in der Er¬
fassung des Details weit Besseres leisten, als der
unbefangene Künstler.
Schnitzler hat von vornherein keine klare
Position bezogen. Zu wenig Zeitungsfachmann. um
aus den Einzelheiten des Berufslebens allein seine
Komödie aufbauen zu können, mußte er sich ent¬
schließen, seine Handlung durch eine Idee zu stützen.
Der Anfang ließ etwas anderes vermuten, als tat¬
sächlich geschieht. Naheliegend wäre es gewesen, als
Person des Dramas den Beruf des Journalisten
selbst auf die Bühne zu stellen, zu zeigen, welche
Veränderungen dieser mit seinen Dienern vornimmt.
Das Hasten von einer Minute zur andern, das
Bewußtsein, nie Ewigkeitswerte zu s chaffen, das
Sich=verlieren in Fragen des Tages, die innere
Unfreiheit, die sich aus dem Allen ergibt, der ver¬
änderte Maßstab, den man sodann den Dingen
jen¬
seits des Rotationspapieres beilegt, dies Alles wären
sehr naheliegende Fragen gewesen: der Kampf gegen
das eigene Ich, daß man im Dienste des Kleingelds
der Literatur nicht auch seine Ueberzeugung in Klein¬
geld umwechsle
doch halt! Kritikers ind
selten gute Dichter und so wollen wir denn hier in
der Ausmalung der vorhandenen Möglichkeiten ab¬
brechen und nur feststellen, daß Schnitzler keine von
ihnen benützt hat.
Was er bietet haben wir, was die Problem¬
stellung anlangt schon in der „Causa Kaiser“ und was
ihre Durchführung anlangt schon in Raimunds
„Alpenkönig und Menschenfeind“ gesehen. Nur war
Raimund vorsichtiger als Schnitzler. Er schloß vorher
einen Bund mit der Geisterwelt und konnte daher
am Schluß diese zur Beseitigung des alter ego
heranziehen. Schnitzler vermag die Frage: wie liefere
ich mir selbst ein Pistolenduell? mit irdischen Mitteln
nicht zu lösen. Wir halten es als dramatisch
nicht
sehr richtig, einen Knoten zu schürzen, von dem
man
im Vorhinein weiß, daß man ihn nicht wird lösen
können. Fliederbusch und Fink sind zwei Leben in
einer Person. Eines davon mußte verschwinden
und keinem war die Möglichkeit dazu gegeben. Das
ist ein schwerer Fehler im Aufbau.
Schnitzler wollte einerseits die Relativität poli¬
tischer Ueberzeugungen, anderseits aber einen an
sich wirkenden Schwank schreiben. Das sind unver¬
einbare Dinge und so zeigt denn auch das neue Werk
des Dichters keinen einheitlichen Stil und kann sich
Ausschnitt aus
Zeitung
De eeneegern
vom:
Werwen¬
weis, böhmen
50
Sonn u Liontags-Courier,
Theater und Kunst.
Deutsches Valktheater.
Fink und Fliederbusch von Artur Schnitzler.
Milieustücke sind immer vom— künstlerischen
Standpunkt ein wenig fraglich. Es gilt von ihnen,
was ein Kunstkritiker unlängst über die Ausstellung
der Marinebilder gesagt hat: Die allzugroße Gegen¬
ständlichkeit verschiebt die Grundsätze, nach der die
Wertung solcher Bilder erfolgt und der das Hand¬
werkzeug beherrschende Fachmann wird in der Er¬
fassung des Details weit Besseres leisten, als der
unbefangene Künstler.
Schnitzler hat von vornherein keine klare
Position bezogen. Zu wenig Zeitungsfachmann. um
aus den Einzelheiten des Berufslebens allein seine
Komödie aufbauen zu können, mußte er sich ent¬
schließen, seine Handlung durch eine Idee zu stützen.
Der Anfang ließ etwas anderes vermuten, als tat¬
sächlich geschieht. Naheliegend wäre es gewesen, als
Person des Dramas den Beruf des Journalisten
selbst auf die Bühne zu stellen, zu zeigen, welche
Veränderungen dieser mit seinen Dienern vornimmt.
Das Hasten von einer Minute zur andern, das
Bewußtsein, nie Ewigkeitswerte zu s chaffen, das
Sich=verlieren in Fragen des Tages, die innere
Unfreiheit, die sich aus dem Allen ergibt, der ver¬
änderte Maßstab, den man sodann den Dingen
jen¬
seits des Rotationspapieres beilegt, dies Alles wären
sehr naheliegende Fragen gewesen: der Kampf gegen
das eigene Ich, daß man im Dienste des Kleingelds
der Literatur nicht auch seine Ueberzeugung in Klein¬
geld umwechsle
doch halt! Kritikers ind
selten gute Dichter und so wollen wir denn hier in
der Ausmalung der vorhandenen Möglichkeiten ab¬
brechen und nur feststellen, daß Schnitzler keine von
ihnen benützt hat.
Was er bietet haben wir, was die Problem¬
stellung anlangt schon in der „Causa Kaiser“ und was
ihre Durchführung anlangt schon in Raimunds
„Alpenkönig und Menschenfeind“ gesehen. Nur war
Raimund vorsichtiger als Schnitzler. Er schloß vorher
einen Bund mit der Geisterwelt und konnte daher
am Schluß diese zur Beseitigung des alter ego
heranziehen. Schnitzler vermag die Frage: wie liefere
ich mir selbst ein Pistolenduell? mit irdischen Mitteln
nicht zu lösen. Wir halten es als dramatisch
nicht
sehr richtig, einen Knoten zu schürzen, von dem
man
im Vorhinein weiß, daß man ihn nicht wird lösen
können. Fliederbusch und Fink sind zwei Leben in
einer Person. Eines davon mußte verschwinden
und keinem war die Möglichkeit dazu gegeben. Das
ist ein schwerer Fehler im Aufbau.
Schnitzler wollte einerseits die Relativität poli¬
tischer Ueberzeugungen, anderseits aber einen an
sich wirkenden Schwank schreiben. Das sind unver¬
einbare Dinge und so zeigt denn auch das neue Werk
des Dichters keinen einheitlichen Stil und kann sich