II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 86


27. Einkund Fliederbusen box 33/1
weil alle Journalisten mit und ohne Korpsgeist! ihre tönende Extravaganz gewissermaßen die bur- keit des menschlichen Vorgangs nicht ohne eine
sehr tiefe Bewegung gegenwärtig gelesen werden
sagen werden: So sind wir nicht. Der Dichter gerliche Freude am feierlichen Stil zu paro¬
kann.
macht es sich zu billig. Alle Figuren bei Schnitzler] dieren. Hübsch heißt es da von Ulrike aus der
sind lustig, aber in der Charakteristik nicht sehr Uckermark, daß sie im Stall der „Kühe Melkung“
Lienhard und Gertrud.
führte: „Auch die Hühner waren ihr anvertraut ...
neu; denn wenn ein Theaterkritiker schon „Abend¬
Der Maurer Lienhärd, der am Morgen früh
Mit Futter und Frohsinn hielt sie sie bei Laune,
stern“ heißt und das Stück schlecht findet, wenn
ins Schloß gegangen war, war nun auch wieder
daß emsig sie legten. Keins hatte letzthin den
ihm „'s Rostbratl“ nicht schmeckt, so ist das ein
Frallete!
Pips oder wäre sonst zu heilen gewesen.“ Wie
zurück und bei seiner Frau.
Jour¬
Scherz, der schon bei Freytag stehen könnte.
putzig der stilparodistische Anklang an die Welt
Diese hatte geeilt, ihre Samstagarbeit zu voll¬
Schade, daß Schnitzler witzige Jour¬
gipfelt
der Pfarrhausidyllen wirkt, ein beflissener Stern¬
enden, ehe ihr Mann wieder zurückkomme.
der Realität her¬
nalistentsmodie nicht mehr.n
E
heim Jünger wird allen Ernstes glauben, er stürze
Sie hatte die Kinder gekämmt, ihnen die Haare
ausschrieb und ihr den ###### modernen jour¬
al ent¬
die Welt um, wenn er sich solcher Prosarhythmik
geflochten, ihre Kleider durchgesehen, die kleine
nolistischen Mechanismus dienschar machte, denn so
nichts
bediene wie dieser folgenden: „Auf dem Fried¬
Stube gereinigt, und während der Arbeit ihre
böhnlich wie das Stück jetzt ist, werden die darin Betrosse¬
hof die Kapelle bauten sie nach gemeinsamem
Lieben ein Lied gelehrt.
nen „Fin und Fliederbusch“ ein historisches Lust¬
, der
Plan.“
Das müßt ihr dem lieben Vater singen, wenn
Blatte spiel neunen, das ihnen nicht weh tun kann, so
Ach das sind alles Nichtigkeiten neben den
er heimkommt, sagte sie den Kindern; und die
wenig wie die seligen Journalisten Freytags.
bst, was
Seiten, in denen Sternheims Stil das Gemeine
Kinder lernten gern, was den Vater freuen könnte,
Garl Sternheims Stilwitze.
Namen
bändigen will. Es will mir scheinen, daß er
wenn er heimkäme. Mitten in ihrer Arbeit, ohne
hat.
Mit Enesetzen las ich jüngst in einem Aussatze
mit den Geschlechtswörtern sparsamer sei als mit
Mühe, ohne Versäumnis, ohne Buch sangen sie es
selbst
Kasimir Edschmids („Frankf. Zeitung*), daß in
den Sätzen, die sich so zuorkommend gegen ge¬
der Mutter nach, bis sie es konnten.
Darmstadt noch unbeflaumte Jünglinge im „Dach¬
t kämp¬
wöhnliche Phautasie benehmen.
Und da der Vater jetzt heimkam, grüßte ihn
stube=Verlag“ Zeitschriften und Bicher heraus¬
die un¬
Es muß doch sehr, sehr gegen diesen alles
die Mutter, und sang dann, und alle Kinder sangen
geben, die nichts mit Pennäler=Revuen zu inn
Sitna¬
mit ihr:
wagenden Stil sprechen, daß er sich so flink durch¬
haben, sondern bereits ein an Carl Sternheim ge¬
schaue und so leicht ausüben läßt. Daher
195
i schultes Können verraten. Wo soll das hin mit
Der du von dem Himmel bist,
denn auch die Tatsache, daß wohl kein
der Literatur von morgen, wenn es einen Chor
sch und
Alles Leid und Schmerzen stillest,
Kritiker bemerkt hat, daß in Sternheims
etz „der
von Sternheim=Papageien geben wird? Ich will
Den, der doppelt elend ist,
letztem Novellenbande „Mädchen“ die Erzählung
chnitzler
hier an Hand seiner Novelle „Ulrike“ (Verlag Kurt
Doppelt mit Erquickung füllest,
„Anna“, wie er jetzt jubelnd bekennt, von seiner
Ach, ich bin des Treibens müde!
en aufs
Wolff, Leipzig) ein paar Maßregeln geben, die
einen Jüneling zum vollendeten Erpressionisten] Gattin Thea Sternheim ist. Ehre der treuen Gat¬
Was soll all der Schmerz und Luste
itin, die nicht bloß den Mann, sondern den Stil
machen. Fues erste gewöhne er sich die Artikel vor
niplers
Süßer Friede,
des Mannes heiratet.
Substantiven ab. Er schreibe nicht: „Den Bänken
mock in
Komm, ach komm in meine Brust!
Nach dieser „Ulrike“ Sternheims fährt jedes
m führt. fehlten Laiten“, sondern „Latten sehlten Bänken“.
Eine Träue schoß Liend##o ins Auge, da die
Menschen Hand an Bücherregalen hinauf, tastet sich
nach] Ei lerne Sütze wie: „So wünschte Ulzike Leben
n
Mutter und die Kinder alle so heiter und ruhig
nach etwas, das hundertjährigen Bestand hat und
nigstens; nicht gändert“ und dünke sich groß durch solche
ihm entgegen sangen. Daß euch Gott segne, ihr
in irgend einer vertrauenswürdigen Beziehung zu
Abstinenz im Artikel. Ueberhaupt er lerne die Kon¬
e einem
Lieben! daß dich Gott segne, du Liebe! sagte er mit
Schnitz= zentration wie hier in der Schilderung der Mahl=] Ewigem steht. Meine Hand glitt zu einem Buche,
inniger Bewegung zu ihnen.
aus dem eine Goethe=reise Frau in nahezu un¬
tglei= zeit im Hause des Pastors: „Aller Mahlzeit Be¬
Lieber! antwortete Gertrud, die Erdeistein
wirklicher Vollendung des Herzens uns entgegen¬
Gründe! ginn und Schluß hieß Gebet. Prot, Schwein und
Himmel, wenn man Friede sucht, recht
mancher Kartoffel lagen inmitien.“ Da die Inversionen in1 schwebt. Hier ist diese Seite, die hundertundsechs¬
ß sein der gebundenen Rede reimeswegen übel beleumdet] unddreißig Jahre alt geworden ist und in ihrerjtut und wenig wünscht.
wird, sind, belustigt sich Sternheim an ihnen, um durch gewaltigen Einfalt des Stiles und der Großartig¬