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27. Eink-und Fliederbusch
BNcar
Neue Züricher Zeitung
e
tweil alle Journalisten mit und ohne Korpsgeist
ihre tönende Extravaganz gewissermaßen die bu
Feuilleton.
sagen werden: So sind wir nicht. Der Dichter
gerliche Freude am feierlichen Stil zu par#
macht es sich zu billig. Alle Figuren bei Schnitzler
dieren. Hübsch heißt es da von Ulrike aus de
Literarische Anmerkungen.
sind lustig, aber in der Charakteristik nicht sehr
Uckermark, daß sie im Stall der „Kühe Melkung
Schnitzler und Freytag.
neu; denn wenn ein Theaterkritiker schon „Abend¬
führte: „Auch die Hühner waren ihr anvertraut.
stern“ heißt und das Stück schlecht findet, wenn
Mit Futter und Frohsinn hielt sie sie bei Laun
E. K. Keine Kritik, nur eine Parallele!
ihm „'s Rostbratl“ nicht schmeckt, so ist das ein
daß emsig sie legten. Keins hatte letzthin de
Arthur Schnitzlers eben erschienene Jour¬
Scherz, der schon bei Freytag stehen könnte.
Pips oder wäre sonst zu heilen gewesen.“ Wi
nalistenkomödie „Fink und Fliederbusch“ gipfelt
Schade, daß Schnitzler seine witzige Jour¬
putzig der stilparodistische Anklang an die Wel
in einer famosen Lustspielsituation: Ein
nalistenkomödie nicht mehr aus der Realität her¬
der Psarrhausidyllen wirkt, ein beflissener Stern
junger Journalist; hat in zwei diametral ent¬
ausschrieb und ihr den ganzen modernen jour¬
heim=Jünger wird allen Ernstes glauben, er stürz
gegengesetzte Blätter geschrieben, was nichts
nalistischen Mechanismus dienstbar machte, denn so
die Welt um, wenn er sich solcher Prosarhythm
heißen will. Oh doch, wenn man so ungewöhnlich
wie das Stück jetzt ist, werden die darin Betroffe¬
bediene wie dieser folgenden: „Auf dem Fried
vorgeht wie dieser Ritter von der Feder, der
nen „Fin und Fliederbusch“ ein historisches Lust¬
hof die Kapelle bauten sie nach gemeinsamen
unter dem Namen Fliederbusch im einen Blatte
spiel neunen, das ihnen nicht weh tun kann, so
Plan.“
mit dem Brustton der Ueberzeugung bekämpft, was
wenig wie die seligen Journalisten Freytags.
Ach das sind alles Nichtigkeiten neben der
er selber im gegnerischen Blatte unter dem Namen
Carl Sternheims Stilwitze.
Seiten, in denen Sternheims Stil das Gemein
Fink anscheinend mit Herzblut geschrieben hat.
Mit Entsetzen las ich jüngst in einem Aufsatze
bändigen will. Es will mir scheinen, daß e
Bis zu einer insamen Ehrverletzung seiner selbst
Kasimir Edschmids („Frankf. Zeitung“), daß in
mit den Geschlechtswörtern sparsamer sei als mi
bringt es der als Fliederbusch kontra Fink kämp¬
Darmstadt noch unbeflaumte Jünglinge im „Dach¬
den Sützen, die sich so ziworkommend gegen ge
fende Torero der Presse, so daß ein Duell die un¬
stube=Verlag“ Zeitschriften und Bücher heraus¬
wöhnliche Phantasie benehmen.
abwendbare Folge wird. Diese groteske Siina¬
geben, die nichts mit Pennäler=Revuen zu. tun
Es muß doch sehr, sehr gegen diesen alle
tion der zur festgesetzten Zeit am festgesetzten Orte
haben, sondern bereits ein an Carl Sternheim ge¬
wagenden Stil sprechen, daß er sich so flink durch
erscheinenden Sekundanten, die nur den einen
schultes Können verraten. Wo soll das hin mit
schauen und so leicht ausüben läßt. Daher
Duellanten vorfinden, der als Fliederbusch und
der Literatur von morgen, wenn es einen Chor
denn auch die Tatsache, daß wohl kein
Fink in einer Person dasteht und das Gesetz „der
von Sternheim=Papageien geben wied? Ich will
Kritiker bemerkt hat, daß in Sternheims
Identität der Gegensätze“ erhärtet, hat Schnitzler
hier an Hand seiner Novelle „Ulrike“ (Verlag Kurt
letztem Novellenbande „Mädchen“, die Erzählung
mit einer Schlagfertigkeit witziger Reserven aufs
Wolff, Leipzig) ein paar Maßregeln geben, die
schneidigste dargelegt.
„Anna“, wie er jetzt jubelnd bekennt, von seine##
einen Jüngling zum vollendeten Expressionisten
Gattin Thea Sternheim ist. Ehre der treuen Gat
Dennoch fällt mir hinterher ein, wie Schnitzlers
machen. Fürs erste gewöhne er sich die Artikel vor
tin, die nicht bloß den Mann, sondern den Stil
Lustspiel eigentlich eine Idee des Schmock in
Substantiven ab. Er schreibe nicht: „Den Bänken
des Mannes heiratet.
Gustav Freytags „Journalisten“ ad absurdum führt.
fehlten Latten“, sondern „Latten fehlten Bänken“.
Nach dieser „Ulrike“ Sternheims fährt jedes
Dort spricht Schmock: „Ich kann schreiben nach
Er lerne Sätze wie: „So wünschte Ulrike Leben
Menschen Hand an Bücherregalen hinauf, tastet sich
rechts und nach links“. Aber er tut es wenigstens
nicht geändert“ und dünke sich groß durch solche
nach etwas, das hundertjährigen Bestand hat und
nacheinander in den Intervallen, die einem
Abstinenz im Artikel. Ueberhaupt er lerne die Kon¬
in irgend einer vertrauenswürdigen Beziehung zu
Ueberzeugungswechsel schicklich erscheinen.=Schnitz¬
zentration wie hier in der Schilderung der Mahl¬
Ewigem steht. Meine Hand glitt zu einem Diche,
lers Schmock und Tintenkuli tut es gar zu glei¬
zeit im Hause des Pastors: „Aller Mahlzeit Be¬
aus dem eine Goethe=reife Frau in nahezu un¬
cher Zeit. Wiewohl Schnitzler seine Gründe
I ginn und Schluß hieß Gebet. Brot, Schwein und
wirklicher Vollendung des Herzens uns entgegen¬
haben wird, die elastische Ueberzeugung mancher
Kartoffel lagen inmitten.“ Da die Inversionen in
schwebt. Hier ist diese Seite, die hundertundsechs¬
Journalisten zu betenen, scheint mir, daß sein
der gebundenen Rede reimeswegen übel beleumdet] unddreißig Jahre alt geworden ist und in ihrer
Lustspiel in seiner Wirkung beeinträchtigt wird, sind, belustigt sich Sternheim an ihnen, um durch gewaltigen Einfalt des Stiles und der Großartig
27. Eink-und Fliederbusch
BNcar
Neue Züricher Zeitung
e
tweil alle Journalisten mit und ohne Korpsgeist
ihre tönende Extravaganz gewissermaßen die bu
Feuilleton.
sagen werden: So sind wir nicht. Der Dichter
gerliche Freude am feierlichen Stil zu par#
macht es sich zu billig. Alle Figuren bei Schnitzler
dieren. Hübsch heißt es da von Ulrike aus de
Literarische Anmerkungen.
sind lustig, aber in der Charakteristik nicht sehr
Uckermark, daß sie im Stall der „Kühe Melkung
Schnitzler und Freytag.
neu; denn wenn ein Theaterkritiker schon „Abend¬
führte: „Auch die Hühner waren ihr anvertraut.
stern“ heißt und das Stück schlecht findet, wenn
Mit Futter und Frohsinn hielt sie sie bei Laun
E. K. Keine Kritik, nur eine Parallele!
ihm „'s Rostbratl“ nicht schmeckt, so ist das ein
daß emsig sie legten. Keins hatte letzthin de
Arthur Schnitzlers eben erschienene Jour¬
Scherz, der schon bei Freytag stehen könnte.
Pips oder wäre sonst zu heilen gewesen.“ Wi
nalistenkomödie „Fink und Fliederbusch“ gipfelt
Schade, daß Schnitzler seine witzige Jour¬
putzig der stilparodistische Anklang an die Wel
in einer famosen Lustspielsituation: Ein
nalistenkomödie nicht mehr aus der Realität her¬
der Psarrhausidyllen wirkt, ein beflissener Stern
junger Journalist; hat in zwei diametral ent¬
ausschrieb und ihr den ganzen modernen jour¬
heim=Jünger wird allen Ernstes glauben, er stürz
gegengesetzte Blätter geschrieben, was nichts
nalistischen Mechanismus dienstbar machte, denn so
die Welt um, wenn er sich solcher Prosarhythm
heißen will. Oh doch, wenn man so ungewöhnlich
wie das Stück jetzt ist, werden die darin Betroffe¬
bediene wie dieser folgenden: „Auf dem Fried
vorgeht wie dieser Ritter von der Feder, der
nen „Fin und Fliederbusch“ ein historisches Lust¬
hof die Kapelle bauten sie nach gemeinsamen
unter dem Namen Fliederbusch im einen Blatte
spiel neunen, das ihnen nicht weh tun kann, so
Plan.“
mit dem Brustton der Ueberzeugung bekämpft, was
wenig wie die seligen Journalisten Freytags.
Ach das sind alles Nichtigkeiten neben der
er selber im gegnerischen Blatte unter dem Namen
Carl Sternheims Stilwitze.
Seiten, in denen Sternheims Stil das Gemein
Fink anscheinend mit Herzblut geschrieben hat.
Mit Entsetzen las ich jüngst in einem Aufsatze
bändigen will. Es will mir scheinen, daß e
Bis zu einer insamen Ehrverletzung seiner selbst
Kasimir Edschmids („Frankf. Zeitung“), daß in
mit den Geschlechtswörtern sparsamer sei als mi
bringt es der als Fliederbusch kontra Fink kämp¬
Darmstadt noch unbeflaumte Jünglinge im „Dach¬
den Sützen, die sich so ziworkommend gegen ge
fende Torero der Presse, so daß ein Duell die un¬
stube=Verlag“ Zeitschriften und Bücher heraus¬
wöhnliche Phantasie benehmen.
abwendbare Folge wird. Diese groteske Siina¬
geben, die nichts mit Pennäler=Revuen zu. tun
Es muß doch sehr, sehr gegen diesen alle
tion der zur festgesetzten Zeit am festgesetzten Orte
haben, sondern bereits ein an Carl Sternheim ge¬
wagenden Stil sprechen, daß er sich so flink durch
erscheinenden Sekundanten, die nur den einen
schultes Können verraten. Wo soll das hin mit
schauen und so leicht ausüben läßt. Daher
Duellanten vorfinden, der als Fliederbusch und
der Literatur von morgen, wenn es einen Chor
denn auch die Tatsache, daß wohl kein
Fink in einer Person dasteht und das Gesetz „der
von Sternheim=Papageien geben wied? Ich will
Kritiker bemerkt hat, daß in Sternheims
Identität der Gegensätze“ erhärtet, hat Schnitzler
hier an Hand seiner Novelle „Ulrike“ (Verlag Kurt
letztem Novellenbande „Mädchen“, die Erzählung
mit einer Schlagfertigkeit witziger Reserven aufs
Wolff, Leipzig) ein paar Maßregeln geben, die
schneidigste dargelegt.
„Anna“, wie er jetzt jubelnd bekennt, von seine##
einen Jüngling zum vollendeten Expressionisten
Gattin Thea Sternheim ist. Ehre der treuen Gat
Dennoch fällt mir hinterher ein, wie Schnitzlers
machen. Fürs erste gewöhne er sich die Artikel vor
tin, die nicht bloß den Mann, sondern den Stil
Lustspiel eigentlich eine Idee des Schmock in
Substantiven ab. Er schreibe nicht: „Den Bänken
des Mannes heiratet.
Gustav Freytags „Journalisten“ ad absurdum führt.
fehlten Latten“, sondern „Latten fehlten Bänken“.
Nach dieser „Ulrike“ Sternheims fährt jedes
Dort spricht Schmock: „Ich kann schreiben nach
Er lerne Sätze wie: „So wünschte Ulrike Leben
Menschen Hand an Bücherregalen hinauf, tastet sich
rechts und nach links“. Aber er tut es wenigstens
nicht geändert“ und dünke sich groß durch solche
nach etwas, das hundertjährigen Bestand hat und
nacheinander in den Intervallen, die einem
Abstinenz im Artikel. Ueberhaupt er lerne die Kon¬
in irgend einer vertrauenswürdigen Beziehung zu
Ueberzeugungswechsel schicklich erscheinen.=Schnitz¬
zentration wie hier in der Schilderung der Mahl¬
Ewigem steht. Meine Hand glitt zu einem Diche,
lers Schmock und Tintenkuli tut es gar zu glei¬
zeit im Hause des Pastors: „Aller Mahlzeit Be¬
aus dem eine Goethe=reife Frau in nahezu un¬
cher Zeit. Wiewohl Schnitzler seine Gründe
I ginn und Schluß hieß Gebet. Brot, Schwein und
wirklicher Vollendung des Herzens uns entgegen¬
haben wird, die elastische Ueberzeugung mancher
Kartoffel lagen inmitten.“ Da die Inversionen in
schwebt. Hier ist diese Seite, die hundertundsechs¬
Journalisten zu betenen, scheint mir, daß sein
der gebundenen Rede reimeswegen übel beleumdet] unddreißig Jahre alt geworden ist und in ihrer
Lustspiel in seiner Wirkung beeinträchtigt wird, sind, belustigt sich Sternheim an ihnen, um durch gewaltigen Einfalt des Stiles und der Großartig