II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 126

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27. Einkund Fliederbusch
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Zeitung, und daß er als Fink gegen Fliederbusch polemisiert,
handeln, benutzt ihn aber aug
„Fink und Fliederbusch“.
ja sogar ein Duell mit sich selber annehmen muß, das fast
Komödienschach; er hat eben
zum Austrag kommt, das ist die groteske Gipfelung des lusti¬
Eine Journalistenkomödie von Arthur Schnitzler.
Naivität seines Helden eine
gen und geistreichen Einfalls, der dem Dichter vielleicht aus
ist, die der Figür ihre Existe
Deutsche Erstaufführung im Faul##
einem tatsächlichen Vorkommnis in der Wiener Zeitungswelt
und vom Abgleiten in den
Neuen Theater am 17. November.
zugeflossen ist. Der Einfall taugt sowohl für einen Schwank
Toppelspiel zu einer bewußte
Es ist auffällig, daß seit Gustav Freytags „Journalisien“
wie für eine Komödie, und als Schwank ist er auch schon ein¬
Bedeutung für Schnitzlers
kein rechtes Journalistenlustspiel mehr geschrieben worden ist
mal, unabhängig von Schnitzler, durch den Franzosen Tristan!
verliert natürlich bei der U
oder wenigstens teines auf der Bühne Fuß gefaßt hat: auf¬
Bernard bearbeitet worden. Schnitzler mußte ihn als Ko¬
spiel jenseits bewußter Erken
fällig sicherlich für den, der der Zeitungswelt fern steht, aber
wahrscheinlichkeit und wird
mödie behandeln, und daß er zu einer heiteren, aber nicht ge¬
dem Journalisten selbst eigentlich kaum verwunderlich. Weiß
symrolischen Verkörperung
rade sehr lustigen, und im Grunde bitter ernsten Komödic!
er doch nur zu gut, wie wenig Talent er hat, sich als lustige
Metiers. Damit lommt freil
gedieh, ist auch im Wesen des Dichters bedingt. Niemand kann
Persen zu empfinden und wie wenig andererseits vom jour¬
künstierische Stilreinheit des
aus seinem Schatten heraustreten. Die Gestalt des Ueber¬
nalistischen Geist denen vertraut ist dis Bühnenlustigkeiten
in einer ziemlich realistisch, w
schmocks kommt eigensten Gedautenkreisen Schnitzlers zu sehr
fabrizieren. Und wenn schon Freytags biederer Humor im
Uebertreibungen gezeichnete
entgegen, als daß sie ihn nicht zu gedanklichster Vertiefung
Grunde jaum von seinen Zeitungsleuten selber ausgeht, son¬
dem flüchtigen Blick des Besc
herausgefordert hätte Sein Dichterauge hat stets das weite
dern aus alt vertrauten Lustspielquellen fließt, wie sollte wohl
tunt des Kreises seine
Lond der Seele gesehen, von ihrer ständigen Lüge und unend¬
in der modernen Zeit des Teiegraphen und des Telephons, der
kann. Einer solchen. Ver
lichen Anpassungsfähigkeit, von ihrer Chamäleon= und Pro¬
Schreibmaschine und des Diktaphons noch viel von Konrad Vol¬
anständige Journalist beim
teusnatur gewußt; sein Dichtergeist hat je und je den ewigen
#ens Laune übrig sein! Gewiß haben die Zeitungsleute ihre
fühlen, und so wird Schnitz
Gegensätzen Sein und Schein, Wahrheit und Lige, Wirklich¬
Originale und schnurrigen Käuze, ihre Clowns und Windhunde,
Männer von der Presse unich
keit und Traum nachgesonnen, und ist gern auf den Grenz¬
und manche Stunde in einer Redaktion in mindestens
haben. Die herbe Ironie, i
gebieten gegangen, wo beide ineinander überfließen und wo es
so lustig und vergnüglich wie nur ein Lustspielakt auf einer
tischen Redaktion als kette
nur der geschickten Hand des Meisters bedarf, um Spicl und
Bühne; aber dieser Humor hat mit dem Metier an sich nichts
Wiener Lokalfarben ausgeme
Ernst verwirtend leicht zu tauschen.
zu tun, zieht seine Nahrung sicher nicht aus Druckmaschinen
der Heimaistadt des Dichters
„Es fließen ineinander Traum und Wachen,
und Manusérivten, die höchstens einen spärlichen, im Grunde
ist dem fernerstehenden Beu
Wahrheit und Lüge. Sicherheit ist nirgends.
nur Fachleuten ganz eingängigen Jargon=Witz erwachsen
ob hier rein künstlerische Sa
Wir wissen nichts von anderen, nichts von uns.
lassen. Viel eher möchte Tragik auf dem Wege des heutigen
letzenden Schlüsselstückes vor
Wir spielen immer.“
Journalisten keimen, und wenn die Bühne davon wenig weiß,
spiegel blickt zwar trüb, aber
so mag sie es der Verschwiegenheit der Leute danken, die sonst
Sagt sein Parazelsus. Und Fliederbusch fragt sich in allem
Besten zu halten? Mit wah
der Welt Fanfare blasen. Vielleicht haben die Geister des
er, daß er von dem beinabe i
Komödiantenernst, ob er eigentlich Fink oder Fliederbusch sei.
Humors die Zeitungswelt geräumt, als die moderne Technik
dem er sich an seine antithe
„Ein Fliederbusch, denes gelegentlich juckt, einen Fink zu
in sie einzog. Und dann: Je höher die anonyme Macht der Presse
und Leben, Traum und Wirk
spielen? Oder ein gebarener Fink, der nur durch einen Irrium
stieg, desto mehr trat die Bedeutung des Einzelnen zurück, das
Reporterjournalisten, Dr. Ka
des Schickses als ein Fliederbusch auf die Welt gekommen
gedruckte Wort erhob sich immer gewaltiger über den lebendigen
selber vor, der stets mit solchen
ist?“ Denn er ist nach der Formung des Dichters kein be¬
Schreiber es löste sich von ihm los zu unheimlichem Ge¬
wußter Betrüger, der vor sein wahres Gesicht eine Maske
und ein epochales Werk übe
spenst rieben von Begriffen, von Ideen und Schlagworten, die
hält, sondern ein naiter Jüngling, der in der Entwickelung zu
verheißt.
sich fast körperlos im leeren Raum bekämpfen. Kommt es da
sich selbst begriffen ist sich in der Redaktion der demokratischen
überhaupt noch auf den Urheber einer Meinung an?
Schnitzler müßte nicht der
Zeitung zu Hause und im sicheren Hafen gelandet glaubt, als
Und kann eine Persönlichkeit wirklich nicht mehr als eine
er ist, wenn ei seinem Held
ihn deren Chefredakteur als journalistisches Talent entdeck:
Ueberzeugung haben? Wenn Freytags Schmock rechts wie links
bestimmter Prägung gegeben
und fest verpflichtet hat, der seine Meinung aber instinkliv
schreiben konnte, kann da ein Ueberschmock nicht rechts
mit der hellen Stimme des li
sofort über Vord wirft, als er sich bei dem Herausgeber des
und links zu gleicher Zeit schreiben? Denn ist das Spiel solcher
konservativen Gesellschaftsblattes von der aristokratischen
blüht nicht in klare Luft hinei
jeurnalistischen Geister nicht eine tolle Komödie der Worte?
ters überspinnen ihn mit eine
Sphäre angezogen und ebenso freundlich ausgenommen
Läßt sich der Kampf der öffentlichen Meinung nicht futuristisch
Symbolik: er hat nicht nur
fühlt. Seine endültige Ueberzeugung findet er, in ihrer letzten
als ein Wirbelreigen von fingerfertigen Schreiberhandgelenken
Formulierung, auch erst dann, als er die Bekanntschaft eines
Handwerkertums, sondern au
malen?
Snobs zu gelten; „dieser klä
feudal=klerikalen Politikers macht, der sich auf dem Weg zur
Dies Schreckbild einer grausen Zukunft, die niemals
Ministerlaufbahn dem Gesellschaftsblatt mit Kauf= und Neu¬
Feiglingen und Renegaten“,
Gegenwart werden darf, beschwert Artbur Schnitzler
gründugsabsichten nähert und dabei das schreibfertige Hand¬
genossen des Feudalismus“
in seinem neuesten Bühnenwerk, der Komödie „Fink und
gelenk des joumalistischen Verwandlungskünstkers, schätzen
der Dichtet auch den Vertre
Fliederbusch (Buchausgabe bei S. Fischer, Berlin).
lernt. Dieser Schmock mit zwei Ueberzeugungen. hat also im
einen klerikal=kenservativen
Denn der Titelbeld seines Stückes ist sowohl Fint als Flieder¬
Grunde gar keine; dieser Gesinnungslump ist eigentlich jeder
Ehrgeiz. der Mitte des Lel
busch: Fink als Mitarbeiter eines konservativen Gesellschafts¬
Gesinnung bar und der Dichter vermeidet beflissen, ihm Ge¬
und den Typ des blasierten 2
blattes, Fliederbusch als Mitarbeiter ziner demokratischen 1 danken oder Meinungen unterzulegen, läßt ihn vielmehr nur l einen Typ, der Schnitzler au