II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 129

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27 Einkund Fliederbusch
Zeitung: Volksstimme
Adyesse: Frankfurt a. M.
96. N0V. 197.
Ddtan
SR
Chefredakteure sind. Dennoch hat das kapitalistische System der
Stimme ist zwar schön,
Kleines Feuilleton.
Presse, das die meisten bürgerlichen Zeitungen zu reinen Geld¬
Gesang der Doninger so
instituten macht, gar viele ihrer Redakteure zu Lohnschreibern her¬
in der Drallerie war ihr
abgedrückt. Nicht Fisch, nicht Fleisch, wer erkennt auch nicht, ihr
erstklassigen Operettensou
Frankfurter Theater.
.. wir haben Burgfrieden und lassen den Schleier ungelüftet.
ment von Frl. Grünberg
Arthur Schnitzler: „Fink und Fliederbusch“.
Wir haben die von Herrn Hellmer vorzüglich geleitete Auf¬
In der Rolle der Ad
führung vom Sonntag gesehen, die viel Beifall fand. Das Neue
Komödie in 3 Akten. E Neuen
ersten Auftritt das Publ
Theater bringt das Stück mit seinem, ihm besonders in Lustspielen
Theater.
Das hüpft und tanzt und
eigenen Geschick auf die Bühne. Die fließende Handlung, die gut
Beifallsstürmen auf offene
Alles schon einmal dagewesen: Liemankg der in der
gezeichneten Personen und die feinen Dialoge haben eine gute
noch stundenlang mit zuse
„Deutschen Tageszeitung“ schreibt und in den „Leppziger Neuesten
Stätte und mit etlichen Ausnahmen gute Sprecher gefunden. Paul
wäre sicher ein Gewinnf
Nachrichten“ gegen sich selbst polemisiert bis eines Xages durch eine
Graetz als Fink=Fliederbusch zeichnet diese Gestalt sehr fein. Es
Postverspätung die Sache aus Licht kommt. In der Annahme, sein
ist der bescheidene, talentierte Schreiber, der eigentlich wider seinen¬
Artikel wäre in Leipzig erschienen, liest man schon in Berlin die
Willen zum sonderbaren „Held“ wird. Herr Kner als Füllmann
Entgegnung, während der Aufsatz, auf den sie sich gründet, vierund¬
ist der 48er Demokrat vom Vollbart bis zum Bratenrock. Herr &
zwanzig Stunden zu spät kommt.
Kuckhoff hätte aus dem Kajetan mehr machen können und Herr
In seiner Komödie hat Schnitzler den armen Yorrick, „der
Klöpfer nimmt seine Rolle zu tragisch ernst, während Herr
kann schreiben rechts und der kann schreiben links“, neu aufleben
[Großmann gar zu sehr den Komödianten hervorkehrt. Oder!
lassen. Ein junger Mann schreibt unter dem Namen Fliederbusch
hat man das bei ihm nur im Gefühl? Leuchter findet in dem Herrn#
für ein demokratischés Blatt und als Fink bekämpft er sich selbst in
Schwartze einen guten Vertreter, wie auch die anderen Re¬
der konserbativen „Eleganten Welt".
Der Konservative Fink
daktionstypen durch die Herren Lobe, Grüning, Reimann #
fordert schließlich den Demokraten Fliederbusch wegen Beleidigung
bestens wiedergegeben werden. Durch die Herren Laskowski
zum Duell. Zur Stunde des Zweikampfes erscheinen die beiden
und Wallburg ist die elegante, duellwütige Welt gut vertreten.
Parteien. Die Konservativen fragen nach Fliederbusch, die Demo¬
Herr Brückner ist ein Graf, dem niemand widerstehen kann und
kraten nach Fink, bis sich der Doppelmann als Fink=Fliederbusch
dem sich sicher noch andere Herzen und Gesinnungen beugen wür¬
zu erkennen gibt. Jeder der Chefredakteure möchte nun das junge
den als Fink=Fliederbusch. Die einzige weibliche Figur des Stückes
„Talent“ für seine Zeitung erwerben, Es wird um Fink=Flieder¬
ist die Fürstin Priska. Der Dichter stellt sie meisterhaft mit
busch gesteigert. Monatlich 800 Kronen Gehalt; 900 sagt der
wenigen Strichen hin. So kann eben nur ein Wiener Frauen ##
Konservative; 1000 überbietet der Demokrat. Den Sieg trägt ein.
sehen, und Frl. Sangora läßt Straußsche Melodien in uns wach ?#
Graf davon, dem ebenfalls Ueberzeugungen null sind und der mit
werden.
Fink=Fliederbusch eine neue Tageszeitung gründen wird.
Die Presse hat im Kriege, mit und ohne ihr Zutun, nicht an
Opernhaus. Als Hanni in der Operette „Frühlingsluft“ und #
Ansehen gewonnen. Durch Schnitzlers Komödie wird ihr gewiß
als Adele in Strauß' „Fledermaus“ gastierte am Samstag und
nichts davon gegeben. Es wird hier eine Frage zur Aussprache ge¬
Sonntag Frl. Elsa Grünberg vom Thaliatheater in Berlin;
stellt, die nach dem Kriege sicher eine der brennendsten und inter¬
hier auf Engagement. Sie soll Frl. Doninger ersetzen. Weshalb
essantesten sein wird. Wir brauchen nicht etwa an die „verkauften
man diese sympathische Operettensoubrette hat ziehen lassen, ist
und korrumpierten“ italienischen oder französischen Blätter zu
heute vielen noch unklar. Jedenfalls zeigt sich, daß ein Ersatz;
denken. Vaterlandspartei und ihr Pressefonds sagen genug. Doch
schwerer zu finden ist, als man glaubte. Frl. Grünberg ist eine
wixthaben heute Burgfrieden und wollen nichts sagen.
in Berlin gut bekannte Soubrette mit einer nicht gerade großen,
—Schnitzler hat eine Wiener Zeitungskomödie geschrieben, die
aber in den Höhenlagen guten Stimme und einem munteren
eine bitterernste Satire ist. Man muß nur die Sache von den
Spiel. So fand sie auch hier mit der Art, wie sie die beiden Dienst¬
Personen treunen, und sofort erkennen wir den tiefen sozialen
mädchenrollen gab, lauten Beifall. Aber bei aller Anerkennung
Hintergrund— Der Fink=Fliederbusch mag wies Liemann eine
ihrer spielerischen und gesanglichen Tüchtigkeit, kann doch gesagts
groteske Ausnähme sein, wie es wohl auch in Deutschland die beiden! werden, etwas besseres wie die Doninger bietet sie nicht. Ihre
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