II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 147

27. Einkund Frjederbis..
H1DLT191)

Manchoner Pagblat
München
d.— Resibenztheater. „Meine Herren, es gibt
überhaupt gar keine Ehre“ sagt bekanntlich Graf Trast
in Sudermanns „Ehre“. In ähnlicher Weise bestreitet
Eenen Komödie „Fink
Artur Schnitzle
und-F#taterpuscht dah Daseli der Gestnnung.
gibt überhaupt gar keine Gesinnung!“ behauptet
er: „Was wir gemeinhin so nennen, das ist zumeist
nur Sport, fixe Ides, Eitelkeit und Einbildung.“ Er
sagt das natürlich nicht mit so einfachen, dürren
Worten, sondern er verklausuliert seine Theorie nach
echter Schnitzler=Art mit allerlei Geistreicheleien und
Spitzfindigkeiten. Und als Beweis hat er sich folgen¬
den Fall zurechtgelegt: Ein junger Journalist schreibt
unter dem Namen Fink einen politischen Artikel für
eine konservative Zeitung. Zugleich verfaßt er unter
dem Pseudonym Fliederbusch eine geharnischte Ent¬
gegnung auf diesen Avtikel für eine freisinnige Zeitung,
in der er sein Machwerk und sich selbst ganz fürchterlich
herunterreißt. Schließlich wird er sogar gezwungen,
also
als „Fink“ seinen Kollegen „Fliederbusch“
wiederum sich selbst — auf Pistolen zu fordern. Wobei
sich dann herausstellt, daß beide ein und dieselbe Person
sind. Fink=Fliederbusch hat sich einen „Spaß“ ge¬
macht, wie er sagt. Man nimmt ihm das aber durch¬
aus nicht übel, im Gegenteil, am Schlusse bieten gleich
drei Zeitungen diesem „vielseitigen“ und „anpassungs¬
fähigen“ Journalisten glänzende Honorare für seine
Mitarbeiterschaft. — Selbst auf die Gefahr hin, für
rückständig gehalten zu werden, müssen wir nun ge¬
stehen, daß wir uns zu der Höhe der Schnitzlerschen
Ansichten über Gesinnung und Ueberzeugung nicht
emporschwingen können. Wir halten einen Kerl, „der
schreiben kann links und schreiben kann rechts“ nach
wie vor für einen Schmock. Also für einen nicht ganz
einwandfreien Charakter. Auch sonst gefällt uns
manches nicht an dem neuen Schnitzler. Es sind da
einige allzu breit angelegte und ermüdende
Zwiegespräche vorhanden, auch das Beriefen der ver¬
schiedenen Leitartikel trägt nicht erheblich zur Unter¬
haltung des Publikums bei. Ausnahmsweise beschäf¬
tigt sich Schnitzler diesmal fast gar nicht mit den
Frauen, das Ewig=Weibliche ist nur in einem ein¬
zigen Exemplar vertreten, eine leibhaftige Fürstin, die
Frau v. Hagen mit echt wienerischer Liebenswürdig¬
keit gab. Den iungen Mann mit der doppelten Ge¬
finnung spielte Herr Janssen mehr auf den naiven
Naturburschen hinaus, der gar nicht recht weiß, was er
eigentlich tut, wodurch die Figur wenigstens einiger¬
maßen erträglich wurde. Gut beobachtet sind übrigens
die meisten übrigen Typen aus der Welt des Zeitungs¬
wesens. Die Herren Höfer, Stettner, Ja¬
sil, Lützenkirchen
cobi, Nadler,
Gura, Schwanneke und Waldau stellten dar
einige direkt aus dem wirklichen Leben nachgezeichnete
Figuren auf die Bühne, der letztere bekam sogar, Ab¬
gangsapplaus. Einen politisierenden Aristokraten, der
die Aufgabe hat, die Ansichten des Autors zu ent¬
wickeln, gab Graumann mit weltmännischer Ueber¬
legenhet. Die Aufführung, als deren Spielleiter
Oyer Ssteinrück zeichnete, sand freundlichen, Beifall¬
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U
7 nbr in
##chrichten
furte
Intelligenz Tlatt
Frankfurt u. M.
Münchener Uraufführung.
Als der Loriker Bruno Frank sich im vorigen
Jahre erstmallg mit einem Bühnenwerke ver¬
suchte, hat man seine „Treue Maad“ etwas un¬
freundlich mit Romonen der Marlitt verglichen.
Diesmal leistet er auf Gemeinverständlichkent
Verzicht, kommt „literarischer“ findet seine,
lyrische Wortprägungen, die fretlich auch von
1 sind. Symbolisches spielt
Gesuchtem nicht
herein, selbst Scheuerfrauen tragen ein Dovvel¬
gesicht, ohne bierdurch die Linienführung klarer
zu machen. „Die Schwestern
Fremde“ heißt das Schauspielt das in den
Kammerspielen uraufgeführt wurde.
Von einer Freundin überredei hat sich Cor¬
1bula auf eine Redoute beaeben, dort lernt
den Fremden kennen und lieben. Er In
bst
Mensch, dem alle Herzen zufliegen, ab i er
bleibt kalt: nur aus Mitleld mit dem schwind¬
küchtigen Mädchen täuscht er Cordulg Llebe vor,
bereitet ihe so ein glücklsches Ende und in deren
Mutter und Schwester Stütze und Trost in der
Trauer. Als aber nun auch Cordulas Schwester
um seine Liebe sleht, zerreißt er den ihn um¬
strablenden Nimbus und legt ein Geständnis ab“
von der Traaik seiner inneren Einsamkeit
Judith schaudert vor seinen Worten und witd
sich wohl wieder ihrem verlassenen Bräutlgam,
einem hraven, nüchternen Bankdirektor oder der¬
aleichen, zuwenden.
ist dem Dichter nicht gelungen. In dem
„Fremden“ einen Menschen auf die Bühne zu
stellen, mit dem wir Mitgefühl erpfinden. Eln
gedachtes Geschöpf, das bei allem symbolischen
Betwerk schemenhaft bleibt. Herrn Kalser sehll
das sleghafte Aeußere, welches dieser Mann, dem
die Herzen zukliegen, haben muß, aber für
Charaktere, die in arüblerischer Selbstbeschauung
ihr Inneres bloßlezen, hat er den echten Ton.!


Durch die Karnevalsszene des Austaktes buscht
etwas wie Totentanzstimmung. Die Kammer¬
spiele tresfen solch spukhafte Szenen die eine
Spur Vergröberung der Lächerlichkelt preis¬
geben würden, stets vorbildlich. Ich erkenne
gerne an, daß sich Bruno Franks Kunst keine
#alltäglichen Ziele setzt, aber es glng mir, wie
seinem „Fremden“, ich blieb im Inneren unbe¬
west. Der Mehrzahl der Zuschauer er#ing es
wohl ähnlich. Diesenigen, welchen daron jag.
den Dichter zu sehen, erreichten dies am Ende.
„Fink und Fllederbusch“.
Journalistenkomädie hatten im KarM
theate: eine freundliche Aufnahme, die der
Zrankfurter ziemlich ähnlich gewesen sein wird.
Am meisten fesselte der erste Akt. Die hübsch ge¬
zeichneten Typen kamen lebensecht heraus und
die nledlich eingewickelten Bosheiten unter¬
hielten, aber als Schnißler in endloses Plau¬
dern gerät. konnte sein „Esprit“ — ich sage nicht
„Geist“ — d'e sich regende Ung## uld nur gerade“
noch hintenanhalten.
Janssen spielte den Titelbelden als Literatur¬
fünaling von klug sumpathischem Aeußern, ohne
uns über die Lwiespältigkeit des Cherak###s
tiefere Aufschlüsse geben zu können, als der
Dichter selbst.
Höser, Lübenkirchen. Bast
Schwannecke schulen sehr lebendige Topen. Bsel
Erfolg hatte beim Publikum wieder Maldau
Es läßt sich fretlich eine Auslassung denken, die
dad, Lumdentum des deklassierten Artbokraten
weniger Uimtt bumorvoller Liebenswürzigkeu¬
überuckert.