ein kleines Theaterstandalchen. Sie lamen von der
zeigte. Stilgerechte Figuren schufen Landa, Schroth,
Galerie und ereigneten sich nach dem Schlußalt, um
und Lind. Ferdinand Bonn, der bei Barnowskn tut,
die Bassermann=fteudige, Rietleicht auch Schnitztel¬
was er bei Reinhardt nicht lassen kann, gab einen
getreue Applausbereitschaft des Parquetts niederzu¬
Grafen, der für seine matte Zynikerphilosophie viel
ringen. Die Stimmung nach den beiden ersten Akten
Ilka Grüning war wie bei Deh¬
zu viel redet.
der Journalistenkomödie war unverbindlich fried¬
mels „Menschenfreund“ die einzige Dame des
lich, von ein paar Heiterleiten leicht angewurmt.
Hauses. Sie wußte über diesen Mangel mit Laune
E. F.—
Aber die Losung der ohnedies schwach geführten zu trösten.
Anetdotenhandlung war herzlich mäßig. Bei so un¬
aufregendem Anlaß soll man nicht pfeifen. Falschef
Entrustung! Weil Schnitzler zum Abschluß seiner
Als ob er in
Komödie nichts Richtiges einfiel?
diesem Stück vorher verwohnt hatte. Mißbrauch des
Hausschlüssels!
Das Beruhigende an der Neuheit ist, daß sie nicht
Schnitzlers Schaffen repräsentiert und von ihm in
gerechter Besorgnis Jahre lang zurückgehalten wurde.
Das Werk schien ihm in die Welttriegsstimmung
nicht hineinzupassen, aber auch im Schalten eines
Zeitung: Berliner Börsenzeitung
zehntätigen Waffenstillstandes bleibt es eine schüttere
(Morgen-Ausgabe)
Angelegenheit. Es unternimmt eine boshafte Spie¬
gelung des Journalistenstandes. Warum nicht? Ich
Adresse: Berlin
wünsche sämtliche Marterinstrumente der Satire in
die Hande dessen, der zur wonnigen Mißhandlung
von Hetzern, Schwätzern, Strebern, Süßlingen und
Datum:
Meinungsschacherern berufen wäre. Es gibt keine
1
soziale Schicht, die nicht auch ihr Sodom und Go¬
morrha hatte. Naturgemäß interessieren den Sä¬
tyriker am stärksten die verrufenen Ecken, doch hätte
er auch die Pflicht, ein bißchen Erzvater Abraham zu
spielen, der für die unschuldigen Gerechten eintritt.
„Eink und Fliederbusch“.
Scm
Schnitzlers Komödie ist bloß auf Sodom und Go¬
morrha eingestellt, und auch da ist einzuwenden, daß
Schnitzlers neue Komödie im Lessing¬
er vorwiegend flache Hiebe austeilt. Ab und zu
Theater.
nimmt man Anläufe zu schärferer Charakteristik
Eine dürftige und gequälte Kamödie,
wahr. Das diktatorische Gebahren eines Chefredal¬
der von Schnitzlers feinem und 7 kultiviertem
teurs macht Hoffnungen auf Entlarvungsstudien; die
—
Geist
ach!
gar so wenig zu* yerspüren ist!
Stellung der Tintensklaven, ihr Fänsteballen, ihre
Die bebende Erfindungsgabe des Wiener Dichters
Gesinnungsgeschmeidigkeit, ihr galliger Humor lassen
hat dem alten, bereits abgebaut gewähnten Bühnen¬
ahnen, daß der Verfasser Bescheid weiß. Doch er
thema des Journalismus eine neue, wenn auch aus¬
will oder kann nicht. Die Ueberhand behalten aus¬
geklügelte Wendung zu geben versucht. Aber da sie
gerauchte Kaffeehausspäße und Scherze über zu früh
weder mit flinkem Witz noch mit genügend guten
geschriebene Nekrologe. Besser als die Verulkung
Gedanken vollführt worden ist, so blieb es eben
der Tagespresse liegt Schnitzter die Entlarvung eines
bei einem Versuch mit unzulänglichen Mitteln.
pikanten Wochenblattes. Hier hat er Verleger und
Mit spielerischer Grazie, die jedem, ernsten, tieferen
Mitarbeiter nahezu im Griff. Nahezu. Ein saftiges
Gedanken in weitem Bogen ängstlich aus dem Wege
Strafgericht wird es doch nicht.
geht, hat Schnitzler zwar die dürre Handlung aus¬
Hauptproblem ist für Schnitzler ein Herr Fink,
geputzt, hier und da ein paar humoristische Lichter
aufgesetzt, etliche treffende Bemerkungen hineingelegt
der bloß so heißt, wenn er in der konservativen
und ein paar witzige Glossen funkeln lassen — indessen
Wochenschrift unter diesem Namen Artikel schreibt,
all' das ist zu wenig, um die drei kurzen Akte auch
aber als Herr Fliederbusch in der liberalen „Gegen¬
kurzweilig zu gestalten.
wart“ mit sich selber polemisiert. Der selige Schmock
Keine gehobene Publikumsstimmung — trotz des Bei¬
aus Freytags Journalisten hatte es mit seinem
falls etlicher Schnitzlerfreunde — begleitete die Komödie,
links und rechts Schreiben wesentlich einfacher.!
die einen Schmock zum Helden hat. Nicht den
Schnitzlers Neuauflage der Gestalt hat die Senti¬
geduckten Schmock, den Gustav Freytag in den „Journa¬
mentalität verloren und fühlt sich zur führenden
listen“ so ergötzlich rührend gezeichnet hat, sondern
Rolle der Komödie berufen. Die dazu nötige Hand¬
einen modernen und eleganten Schmock. Sein Gewand
lung wird mit einer Duellforderung des Fink an,
steht nicht im Zeichen der Zerfransung und des
Fliederbusch herangefädelt. Was soll daraus wer¬
Tintenkleckses, sondern in dem der korrekten,
den? Mit dieser Neugierde der Zuschauer weiß
gesellschaftsfähigen Bügelfalte. Schmock trägt in dem
Schnitzler nicht ungeschickt und nicht übertrieben ge¬
Wiener Stück einen Doppelnamen, er nennt sich
schickt zu operieren. Am meisten unterhielt das
mal Fink und mal Fliederbusch. Als Flieder¬
Publikum die Ratlosigkeit des Herrn Fink, was er
demo¬
eine
schreibt er Artikel für
busch
mit Fliederbusch anfangen solle. Als er dann doch
diese
er
kratische Zeitung, als Fink bekämpft
zum Duell ging, obschon er ebenso genau wie das
seine politischen Erzeugnisse in einer klerikalen
Publikum wußte, daß er mit sich selber schwerlich Ku¬
es geht,
so lang
Wochenschrift. Das geht so lang,
geln wechseln könne, erwartete man mindestens, daß
Doppel¬
allein es kommt der Tag, da er diese
entweder die Sekundanten des Fliederbusch oder die
ges
rolle nicht länger spielen kann und er
des Fink ausbleiben würden. Es blieb aber bloß die
zwungen wird, Farbe zu bekennen. Ein Zweikampf
Ueberraschung aus — nicht die Entrüstung beider
Fink contra Fliederbusch wird ihm aufgenötigt und da
billige Schlußpointe mit
Parteien, nicht die
er sich nicht verdoppeln und mit sich selbst duellieren
einem gemeinsamen Frühstück, zu dem sich die libe¬
kann, so wird das hoffnungsvolle journalistische Früchtchen
ralen Fliederbüsche und die konservativen Finke unter
genötigt, die Maske fallen zu lassen. Just dieser letzte
gegenseitiger Wahrung des nicht vorhandenen Cha¬
Akt, in dem der Knoten gelöst wird, leidet an einer
rakters einladen ließen.
beklemmenden geistigen Unterernährung.
Vielleicht wäre etwas mehr Frische aus dieser lust¬
Freytags ehrwurdige Journalistenkomödie ist
losen Komödie herauszuholen gewesen, wenn nicht
durch diese Neubelebung des Stoffes nicht aus dem
Albert Bassermann seinen Helden gar zu
Sattel gehoben. Obwohl gelegentlich eigentlicher
heftig auf einen jungenhaften Dümmlingston gestimmt
Schnitzler durchzuckt, macht die Komödie an seiner
hätte. Er stand im argen Widerspruch mit der nicht mehr
eigenen Begabung gemessen den Eindruck von Hand¬
ganz so jugendlichen Erscheinung des Künstlers und be¬
gelenksarbeit. Man kann ihm nicht verschweigen daß
fremdete, anstatt zu fesseln. Wahrscheinlich wäre
er nicht sosehr mit Freytag als mit Otto Ernst
nicht minder
für diese Rolle ein anderer
wetteiferte.
intelligenter und stark begabter Schauspieler besser
Das Wienerische des Lustspiels hatte seine Schwie¬
am Platze gewesen, Kurt Götz, der einen ge¬
rigkeiten, so oft es durch den mit einer Chefredaktion
schäftigen Journalisten mit geölter Verve drollig über
betrauten Rheinländer Wallauer oder durch den
In der guten Auf¬
die Bühne sausen ließ.
östlich orientierten Herrn Licho namentlich aber in
führung, die ein paar famose Bühnenbilder
der Manheimer Mundart Bassermanns zur
brachte, erschienen auch Edgar Licho, Max Landa,
Geltung kommen sollte. Man könnte überhaupt bis
Ferdinand Bonn und Ilka Grüning mit
auf Blut streiten, ob die Besetzung des talentvoll ge¬
vollwertigen Leistungen auf der Bildfläche.
sinnungslosen Bengels Fink mit einem so vollblütigen
—pl.
Künstler das Richtige war. Mir fehlt die nötige
Leidenschaft. Ich stelle ohne Erbitterung fest, daß
Herr Bassermann das Tintengenie mehr als Fußball¬
spieler auffaßte, im zweiten Akte auf einem Beine
(was ihm ein Journalist nicht so leicht nachmacht)
nach rückwärts hopsen ließ und im dritten Akte in'