II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 187

27. Eink und Fliederbusch box 33/3
#imer lorgenpost
Berlin
Mensch und als Darsteller zu großes Formak, um
e. SeE 131
über dieses Mißverhältnis täuschen zu können;
man hat den Eindruck des Verfehlten, trotz aller
Kunst, die er auf kleine Soloszenen und auf die
zahlreichen Monologe verwendet. Herr Bonn
gibt mit sympathischer Ruhe den Grafen Nieder¬
hof, einen weltmännischen Zyniker, der im dritten
„Iink und Fliederbusch.“
Akt mit der Frage was Ueberzeugung sei, ge¬
Schnitzlers Komödie im Lessingthefter.
wissermaßen der Näsonneur der Komödie ist, der
Statthalter des Dichters. Eine Fürstin Wendo¬
Diese Journalistenkomödie Schnitzlers ist ent¬
lin, Löwin der Wiener Gesellschaft, Patronesse
standen nach seinem „Professor Bernhardi“, dem
des jungen Fliederbusch, spielt Fräulein Grü¬
Aerzteschauspiel, das gleichfalls „Komödie“ hieß.
ning mit ihrem Humor und ihrem sicheren
Jahrelang hat der Dichter sie zurückgehalten;
Geschmack. Unter den Journalisten der Kasetan
und man hat gehört, daß die Uebereinstimmung
des Herrn Götz, komisch durch seine sich über¬
der Idee mit der eines Stückes von Tristan
stürzende Beredsamkeit. Der Beifall war schwach.
Bernard, das auch in Wien und Berlin gespielt
Nach dem dritten Akt kämpften zwei demon¬
worden ist, der Grund war. Aber vielleicht war
strierende Parteien.
P. w.
mehr noch eine hemmende Selbstkritik das Motto¬
des Zauderns. Was alles ließ sich denken, wenn
dieser Antor und dieses Thema zusammenkamen!
Feinste Skepsis wie in der „Komödie der Worte“
ein Durcheinandergleiten von Wahrheit und Un¬
wahrheit, tragische Lichter wie in den „Letzten
Masken“ in denen Schnitzler den Journalisten
Rademacher gegeben hat und in einer einzigen
Figur die Pathologie eines ganzen Menschen¬
schicksals.
Sehr matt zeigt er sich diesmal, ohne Laune,
ohne Diese. Drei Akte, und alle werden sie von
der kleinen, schwankmäßig faden Voraussetzung
getragen, daß ein junger Federheld (Federheld,
das ist der Geist des Dialogs) in einem Blatt
einen auf Sensation zielenden Artikel schreibt,
in einem anderen sich selbst befehdet, daß er ge¬
zwungen wird, mit seinem eigenen siktiven
Doopelgänger zum Pistolenduell anzutreten, und
daß er dann, froh und glücklich, auf dem Duell¬
platz das Geheimnis seiner Technik entschleiert.
Kaum, daß die beiden Blätter, die Redaktionen,
in denen er wirkt, satirisch individualislert sind:
das liberale Wiener Tagblatt „Die Gegenwart“,
das Wochenblatt „Die elegante Zeit“. Leuchter,
Chefredakteur der „Gegenwart“ aus Charakter,
und weil er auf ein Käuferkonfortium Rücksicht
nehmen will, ein Mann des gedämpften, ver¬
mittelnden Tones. Der politische Redakteur
Füllmann, gesinnungsvoll polternd, dann sich
duckend. Abendstern, der Theaterkritiker, der erst
gut nachtmahlen muß, bevor er ans Werk geht,
und der das Stück des extremen Mitarbeiters
Herrn Kajetan für einen Dreck erklärt, dann aber
mit Shakespeare vergleicht und Holberg. Satan,
Chefredakteur der „Eleganten Zeit“
trotz
mangelnden Glaubens durchaus entschlossen, sie
## eine „katholische Zeit“ umzuwandeln. Styx,
aristokratischer Mitarbeiter, wegen Spielschulden
verabschiedeter Offizier. Wie spärlich ist das,
wie billig, wie konventionell! Nur bei Herrn
Kajetan, dem Berichterstatter, der Lyrik im
Depeschenstil redet, funkelt einmal Schnitzlersche
Ironie auf. „Seele des Dichters — unheimliches
Lokal“, sagt er; und wir sind in Schnitzlers Welt,
für einen kurzen Augenblick.
Die Doppelrolle des Herrn Fliederbusch, der
sich Fink nennt und beim Duell in der Praterau
Fink und Fliederbusch zugleich ist, hat Basser¬
mann. Er ist nicht mehr in den Zwanzigern;
und so kommandiert er sich zur Jugendlichkeit.
Er hält sich an die ihm für die Charakteristik ge¬
lieferten Stichworte „alberner Snob“ und
„kleines Biest“. Wie ein unreiser Snob sieht er
aus, mit rotgeschminktem Gesicht, blondhaarig,
im Sportangug; er stößt mit der Zunge an, er
ziert sich, er macht Kratzfüße. Aber er hat als