II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 4

seele. Eckold, der seit zehn Jahren von der Schuld seiner denz wurde Harry W
Frau gewußt, der den Moment abgewartet, da die Toch= das innere Widerspie
ter verheiratet ist, und der nun das aufgehäufte Rache= fdruck, wenn man vie
gelüst eines Dezenniums entlödt. Es ist das kaltvernich=ein bißchen mehr B
tende Werk des Hoffnungslosen, dessen Lebensträume
wünscht hätte, schon
zerflattert sind, das da vollführt wird. Jenen Trost vom
in ihrem Wechsel un
Sichwiederfinden nach der großen Entfremdung von vor
Fräusein Wohlge
zehn Jahren, an den die Frau die ganze Zeit als Stab
des verzogenen, unde
und Stütze der Aufrichtung sich geklommert, zerbricht er
Wernig gegenüber ist
mit höhnischem Lachen. Hat ihm nicht jener Glückspilz mit des großen Künstlers
der wohleingerichteten Seele der ihn in allem überflügelt, täten mit. Der zweit
hat ihm nicht Ormin auch die Frau genommen? Jaandeutend geführt ist
wenn es ein anderer gewesen, dann hatte er vielleicht ver= Lebendigkeit. Herr R
zeihen können! Und da dies Geständnis ihm entschlüpft,
nigs sehr fein von de
fernzuhalten und zeic
ist der Mund der Frau für die Wahrheit versiegelt. Ja;
sie war glücklich, unendlich glücklich mit jenem in der
Ich sagte früher,
kurzen Zeit des Rausches, auch von ihren Augen fallen
in die Zeit, doch wag
die Schleier. Es schwindet jene Selbsttäuschung, die bei
die Vergangenhit ode
ihr ein Kompromiß innerer Seelenkämpfe gewesen —
Dr. Eckold und Felix
und zum ersten Male leuchtet ganz leise in Eckolds ein¬
starken, kraftvollen I.
heitlich gefügter Gestalt etwas wie eine Zukunftsmöglich¬
sprechen. Vielleicht W
keit auf. Nur zögernd spricht er seinen Abschiedsgruß.
wie immer, Artur S#
Doch für Frau Klara, für die vielleicht jetzt erst die tote
der Worte“ gezeigt, dar
Pester Lloyd, Budapest
Vergangenheit zur lebendigen Gegenwart geworden, gibt
geschehen, mitten in
Ausschnitt aus:

des keine Zukunft mehr. „Es soll mit dem Abendessen nicht
Werdens es wagen ka
gewartet werden.“
Kriege zusammenhäng
von A. V. //79
gehört wird, wenn sic
Es ist das Drama zweier Menschen, das Schnitzler
wahre Kunst ist.
vor uns hinstellt. Zwei Kreise, die sich schneiden und
P#eremenscsten Ranges; geschützte, sonnige Lage, besonders
Die heutige Prei
für Rekonvaleszente und Ruhebedürftige. Arzt im Hause.
beide selbständige Gebilde sind. Wer da will, möge dar¬
war ein voller Erfolg
aus einen Vorwurf schmieden, daß Klara und Eckold in
steller. Die wuchtend
der Handlung voll gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Theater, Kunst und Literatur.
kennens“ hielt von de
Im Leben ist es eben wirklich so, und ich würde kaum zu

im Banne, während di
entscheiden wagen, ob nicht die Gestalt des praktischen
souveräne Führung d
Komödie der Worte.
Arztes, Ordination von 3—4, auf gar manchen der
mes Verständnis fand
— Drei Einakter von Artur Schnitzler. —
Leser und Hörer eine noch mächtigere Wirkung ausübt, Frische und feine P#
(Usaufführung am k. u.—als die der Frau mit der suchenden, irrenden und erst
doppelt intensiv und
Tzum Schlusse sich findenden Seele. In der Darstellung
Wien, 12. Oktober.
Schnitzler nach Schluß
wurde Harrn Walden der schweren Aufgabe,
Jahrtausende und Jahrtausende zogen am Himmels¬
alig.
Dr. Eckold menschlich begreiflich und nicht unsympathisch
Fewölbe die Gestirne ihre Bahn, ehe die Menschheit ahnte,
zu gestalten, mit hohem Können gerecht. Was er zur
shaß auch sie nach ewigen ehernen großen Gesetzen ihres
Darstellung bringt, ist die äußere Ruhe, erworben durch
Daseins Kreise vollenden müsse. Und wie lange glaubte
einen schweren Lebenskampf. Die Gestalt ist ein¬
sie, durch ein Machtwort die Sonne im Tale Askaron fest¬
heitlich,
festgefügt; und
halten zu können! Und weitere Aconen mußten verfließen,
die feine
Nuance des
Dichters,
den früheren Menschen leise, förmlich
bevor ihr die Erkenntnis aufdämmerte, daß gleichwie im
von fern, anzudeuten, wußte Walden
Makrokosmos, so auch in der Kleinwelt des Menschen
ebenso diskret
wie klar herauszuarbeiten. Frau Bleibtreu fals
nichts sich vollzieht, was nicht festen eigenen, zwar ge¬
Klara entwickelte eine Fülle psychologischer Kunst, die
fühlten, aber noch nicht erkannten und nur geahnten
hauptsächlich sich darin äußert, daß durch alle Peripetien
Satzungen entspricht. Als Wilhelm Ostwald, der in so
und Wandlungen hindurch die Gestalt vereinheitlicht
vielen Dingen vorahnende Geist, seine Formel der Glück¬
blieb. Herr Devrient als Professor Ormin war viel¬
seligkeit aufstellte, und als der Physikerphilosoph Mach
in deren Diskussion eintrat, da nahmen sie einen Vorgang
leicht etwas allzusehr die wohleingerichtete Seele und
etwas zu wenig Professor.
weg, der vielleicht dereinst einmal Wirklichkeit werden
wird — wer weiß wann? Dem Dichter aber ist es gege¬
Die „Große Szene“ ist die Geschichte der Eheirrung
ben, das unerkannte Gesetz, das er intuitiv durch alle Zu¬
des berühmten Schauspielers Konrad Herbot mit der
kunftsnebelschleier hindurch erfaßt, anzuwenden, bevor
Braut eines jungen Freundes Herbots, Edgar Gley. Die
es formuliert ist.
Frau Herbots, Sophie, hat ihn um dessentwillen ver¬
Artur Schnitzlers „Komödic der Worte“, eine Ver¬
lassen und kehrt nun, vom Theaterdirektor Dr. Falk
einigung von drei Einaktern, ist ein Ausflug in eine
herbeigezwungen, zuruck, da Herbot ohne seine Frau ein
andere Zeit, trotzdem die Handlung in der Gegenwartschlechter Schauspieler ist. Als Gley erscheint, um von
spielt. Ob ein Ausflug bloß in die Vergangenheit, ob
He#pt die Wahrheit zu erfahren, ob er der Geliebte seiner
insbesondere in der „Stunde des Erkennens“ auch in die
Bralkt gewesen, spielt ihn dieser eine geradezu meister¬
Zukunft, wer möchte das heute mit Sicherheit sogen?
hafte, lang vorbereitete, hinreißende Szene vor, die den
In den drei Einaktern führt Schnitzler uns die Geschichte
naiven jungen Freund vollständig überzeugt und beruhigt.
je einer Ehe vor, in die ein Dritter eingebrochen. Ein
Voll Entsetzen will Frau Sophie, die Zeugin des Auf¬
Dritter und eine Dritte. Das einemal führt der Ein¬
trittes gewesen, ihren Mann, für den auch das Heiligste
bruch zur Tragödie, im mittleren Stück erfolgt die Wen¬
im Leben nur Komödic ist, verlassen. Da erscheint Herbot
dung nach der froh=heiteren Lösung, im „Bacchusfest“
bereits, als Hamlet gekleidet, erklärt, wenn seine Frau
aber wird ein Schauspiel daraus, und man kann sich
nicht dabei ist, trotz Prinzenanwesenheit im Theater nicht
leicht vorstellen, daß, nachdem die Helden ihre Schlu߬
spielen zu wollen — und Frau Sophie geht mit. Hier gab
worte gesprochen („Und ich hasse Dich poch tausendmal
Harry Walder, in der Rolle als Schauspieler sein
mehr — mein Geliebter“), eine jener entzückend feinen
Bestes. Auch der Urphilister muß dieser Leistung gegen¬
federzeichnungsartigen Novellen einsetzen könnte, wie sie
über fühlen, daß in solch einem Künstlerkopfe die Welt
nur Artur Schnitzler schreibt.
sich anders malt als in anderen Köpfen, muß es fühlen
„Komödie der Worte“ nennt Schnitzler seinen
und notfalls verzeihen. Waldens Kunst besteht darin, die
Zyklus, denn eigenartig, fast fremdartig, ist die Rolle, die
Genialität des Künstlers mit der naiven Schlechtigkeit!
das Wort sozusagen als Handlungsprinzip in dem drei= des Kindes, die keine Schlechtigkeit im strengen Wortsinne
maligen Geschehen führt. Es führt irre und täuscht, es ist, harmonisch vereint zum Ausdruck zu bringen. Frau
verdeckt und deckt wieder auf, es waltet gleich einem be=[Medelsky als Sophie zeigte besonders im Anfang
wußten Wejen. Unwillkürlich erinnert man sich jener feine Züge. Nach der „großen Szene“ konnte man ihr die