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26. 1. Konoedie der worte—Zyklus
Telephon 12.801
„OBSERVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Geyähr.)
D. M. Z.
Ausschnitt aus: Deutsche Montane-Feitung
vom:
12KT 1975 Berlin
Schulälera neuer
Einakter-Zyklus.
Eigene Drahtung.
Wien, 11. Oktober.
Im Burgtheater gelangte heute abend
Artur Schnitzlers neues Werk, der Einakter¬
Zyklus „Komödie der Worte“, zur Erst¬
aufführung. Es ist ein echter Schnitzler voll
messerscharfer Seelenanalyse, gemildert durch die
heitere Grazie des Verstehers aller Menschlichkeiten.
In allen drei Stücken geschieht eigentlich sehr
wenig. In der „Komödie der Worte“ steigen nur
Vergangenheiten auf und formen sich in schönen
oder häßlichen Worten zu letzten Aussprachen, zu
tragischen oder heiteren Erledigungen des Schicksals
zweier Menschen.
Das erste Stück nennt sich „Stunde des
Erkennens“. Es ist die Stunde, da der be¬
rühmte Professor „Dr. Rudolf Ormin Abschied
nimmt von seinen Freunden, dem Arzt Dr. Eckol
und seiner Frau Klara. Diese haben tags vorher
ihre Tochter verheiratet. Heute verabschiedet sich
der Freund, um nach Japan zu gehen und viel¬
leicht nicht mehr zurückzukommen. Er hat immer
Frau Klara geliebt, und heute sagt sie ihm, warum
sein Werben vergeblich war. Er wäte ihr Schick¬
sal geworden, und sie durfte ihren Mann nicht
verlassen, weil er sie nötig hatte. Sie war darum
keine Heilige, sie gab sich einem anderen, der nicht
ihr Schicksal werden konnte, und dem sie das einzige
Glück des Lebens war. Dr. Eckol aber, ihr Mann,
hält nun auch die Stunde des Erkennens für ge¬
kommen. Seit zehn Jahren ist er der Ueber¬
zeugung, daß seine Frau Ormins Geliebte war,
und jetzt schreitet er zur grausamen Demütigung
der Frau, von der er, ohne daß sie es ahnte, seit
Jahren in innerster Seele getrennt war. Viel¬
leicht hätte er ihr verziehen, wenn es ein anderer
als dieser immer von ihm beneidete Götterjüngling
gewesen wäre. Da gesteht Frau Klara, und schreit
ihm ins Gesicht, daß sie Ormins Geliebte war, wie¬
wohl es nicht wahr ist, und geht aus dem Hause.
Im zweiten, viel kräftigeren Stück, betitelt
„Große Szene“, ist es der Konflikt zwischen
Frau Sophie Herbot und ihrem berühmten
Gatten Konrad Herbot, der zur Komödie der
Worte führt und skeptisch befriedigend gelöst
wird. Sophie kehrt zu ihrem Mann zurück, den
sie verließ, da er sie mit einem jungen Mädchen,
das dazu noch Braut war, betrog. Er braucht
sie, und da ist sie gekommen. Es kam aber auch
der Bräutigam des verführten jungen Mädchens,
der nichts als die Wahrheit wissen will. In der
„großen Szene“ beschwindelt Herbot den jungen
Mann auf geniale Weise, so daß dieser von der
Unschuld seiner Braut überzeugt von dannen
geht. Frau Sophie, von so viel Lüge angewidert,
bleibt gleichwohl bei ihm. Er kann ohne sie nicht
spielen, und in zehn Minuten soll er als Hamlet;
auf die Bühn
26. 1. Konoedie der worte—Zyklus
Telephon 12.801
„OBSERVER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Geyähr.)
D. M. Z.
Ausschnitt aus: Deutsche Montane-Feitung
vom:
12KT 1975 Berlin
Schulälera neuer
Einakter-Zyklus.
Eigene Drahtung.
Wien, 11. Oktober.
Im Burgtheater gelangte heute abend
Artur Schnitzlers neues Werk, der Einakter¬
Zyklus „Komödie der Worte“, zur Erst¬
aufführung. Es ist ein echter Schnitzler voll
messerscharfer Seelenanalyse, gemildert durch die
heitere Grazie des Verstehers aller Menschlichkeiten.
In allen drei Stücken geschieht eigentlich sehr
wenig. In der „Komödie der Worte“ steigen nur
Vergangenheiten auf und formen sich in schönen
oder häßlichen Worten zu letzten Aussprachen, zu
tragischen oder heiteren Erledigungen des Schicksals
zweier Menschen.
Das erste Stück nennt sich „Stunde des
Erkennens“. Es ist die Stunde, da der be¬
rühmte Professor „Dr. Rudolf Ormin Abschied
nimmt von seinen Freunden, dem Arzt Dr. Eckol
und seiner Frau Klara. Diese haben tags vorher
ihre Tochter verheiratet. Heute verabschiedet sich
der Freund, um nach Japan zu gehen und viel¬
leicht nicht mehr zurückzukommen. Er hat immer
Frau Klara geliebt, und heute sagt sie ihm, warum
sein Werben vergeblich war. Er wäte ihr Schick¬
sal geworden, und sie durfte ihren Mann nicht
verlassen, weil er sie nötig hatte. Sie war darum
keine Heilige, sie gab sich einem anderen, der nicht
ihr Schicksal werden konnte, und dem sie das einzige
Glück des Lebens war. Dr. Eckol aber, ihr Mann,
hält nun auch die Stunde des Erkennens für ge¬
kommen. Seit zehn Jahren ist er der Ueber¬
zeugung, daß seine Frau Ormins Geliebte war,
und jetzt schreitet er zur grausamen Demütigung
der Frau, von der er, ohne daß sie es ahnte, seit
Jahren in innerster Seele getrennt war. Viel¬
leicht hätte er ihr verziehen, wenn es ein anderer
als dieser immer von ihm beneidete Götterjüngling
gewesen wäre. Da gesteht Frau Klara, und schreit
ihm ins Gesicht, daß sie Ormins Geliebte war, wie¬
wohl es nicht wahr ist, und geht aus dem Hause.
Im zweiten, viel kräftigeren Stück, betitelt
„Große Szene“, ist es der Konflikt zwischen
Frau Sophie Herbot und ihrem berühmten
Gatten Konrad Herbot, der zur Komödie der
Worte führt und skeptisch befriedigend gelöst
wird. Sophie kehrt zu ihrem Mann zurück, den
sie verließ, da er sie mit einem jungen Mädchen,
das dazu noch Braut war, betrog. Er braucht
sie, und da ist sie gekommen. Es kam aber auch
der Bräutigam des verführten jungen Mädchens,
der nichts als die Wahrheit wissen will. In der
„großen Szene“ beschwindelt Herbot den jungen
Mann auf geniale Weise, so daß dieser von der
Unschuld seiner Braut überzeugt von dannen
geht. Frau Sophie, von so viel Lüge angewidert,
bleibt gleichwohl bei ihm. Er kann ohne sie nicht
spielen, und in zehn Minuten soll er als Hamlet;
auf die Bühn