II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 107


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26.1. Konoedie der orte Zyklus
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W
Dabei hat man
einen Jux will er sich machen! Der Künstler ließ sich
Herr Gerasch spiell seinen Herzog als wahlhaft ver¬
das nicht zweimäl sagen, und er verdoppelte die Dosis: Molières „Don Juan
liebten Mann. Fräulein Marberg (Olivia) hält
gesucht. Wir seiern
sein Malvolio ist die Karikatur einer Karikatur, ein ver¬
Rollertürmen. Sie
wenigstens den Ton des feinen Lustspiels fest und gibt
zerrtes Zerrbild eine Ueberfratze, an sich aber etwas Ur¬
ihrer so plötzlich aufflammenden Neigung zu Viola¬
Schauplatz wechselt,
komisches, in seiner dummstolzen, gespenstischen Steife,
Cesario nur eine ganz leise, sinnig angedeutete Wendung
geschlossenen Raum,
seiner hanswurstlichen Grandezza ein Lachobjekt, wie
ins Scherzhafte. Aber Fräulein Wohlgemuth (Viola),
gang dienend, das r
man es dort am Orte wohl noch nie gesehen, das Zwerch¬
eine Augenweide wie immer, reizend in verschiedenen
immer nur der Hint
fell reizend, auch ohne den Mund zu öffnen, jede Finger¬
Einzelheiten, läßt sich bisweilen von der großen Lustig¬
und auch der bleibt
bewegung ein Witz, jeder Blick eine Schnurre, jede
keit hinreißen, spricht beispielsweise die schöne Stelle: „Ich
die Mitte ab“ gibt
Grimasse eine gelungene Parodie, die ganze Figur mit
baut' an eurer Tür ein Weidenhüttchen“ in einem
in einem fort von de
dem sauertöpfischen Bocksgesicht der Gipfel der Groteske —
neckischen, spielerischen Ton, während diese Stelle doch das
sehr eintönig wirk
der Gipfel, aber auch die Grenze.
Echo ihrer tiefbewegten Seele, das verhüllte Geständnis
eine Rückbildun
is
Man sollte nun glauben, dieser lustige Karneval
ihrer Liebe zum Herzog ist. Aber freilich, wenn alles lacht,
tive. Wenn sie we
würde im flottesten Tempo erledigt werden, in Saus und
warum nicht auch sie? So schädigt das aufdringliche Vor¬
flüssig machte! De
Braus vorüberstürmen. Dem ist aber nicht so. Spiel um
walten des Derbkomischen den Gesamteindruck, den dieses
herunter=hinauf, hina
Spiel wird von den Darstellern mit äußerstem Behagen
Lustspiel hervorbringen sollte. Alles Süße, Holde, Lieb¬
reformen, die nicht
ausgeführt, und Behagen will sich Zeit lassen, liebt die
liche, womit es der Dichter begnadete, verliert seinen
bei offener Szene er
gemächliche Gangart. Dazu kommt ein anderer Zeit¬
Dust, der Dramatiker Shakespeare kommt selten zum
wert. Wir haben
verschwender: der Zwischenvorhang. Er bietet den Vor¬
Wort, der Lyriker muß ganz verstummen, und das
vielleicht zu stark her
teil, daß man die Szenen so ziemlich in der vom Dichter
Märchen entflieht bestürzt ans andere Ufer....
an erfreulichsten Eind
gesetzten Reihe bringen kann, unterbricht aber dafür jeden
Sogar die eigentlich komischen Rollen werden auf
sehen, wie alles mit
Augenblick den Fluß der Handlung, reißt jeden Augen¬
kleinsten Rollen sit
die Seite gedrückt. Frau Albach=Retty (Maria)
blick den Zuschauer aus der Stimmung. Mit Wehmut ge¬
finden, die Traditio
kann sich mit ihrer gediegenen Burgtheaterkunst unter
denken wir einer Vorstellung von „Was ihr wollt“ durch
wirkt. Ganz zum S
diesen Superlativen des Schwank= und Possenhaften
die Meininger, die fast das ganze Stück, ungemein
Das Stück ist aus,
kaum Geltung verschaffen, und nur ihre köstliche Schilde¬
stimmungsvoll, in derselben Dekoration spielten, den
rung von Malvolios Verliebtheiten beweist, daß man
Narr blieb zurück
ganzen Abend nur zwei Verwandlungen nötig hatten.
die heiterste Wirkung erzielen kann, auch ohne sich auf
Regenlied zu singen
Im Burgtheater sind es deren fünfzehn oder zwanzig.
dem Boden herumzuwälzen. Herr Walden in der
feine, durchsichtige
Und der verwünschte Vorhang fällt auch, wenn gar kein
Rolle des Narren bewährt sich wiederum als trefflicher
des Gesanges, die
Dekorationswechsel stattfindet, das nämliche Bild wieder¬
Sprecher, als Sänger zugleich, doch was nützte ihm all
in dem Stück mitge
kehrt, fällt oft, nur um zu fallen, um sein Daseinsrecht
dieses Können, wenn er nicht auch Luftsprünge von be¬
die Liebespaare Kü
zu behaupten, als Prinzip, gehabt sich förmlich als
trächtlicher Höhe und Tragweite auszuführen verstünde.
bärmlich zugerichte
dramatische Notwendigkeit. Es läßt sich gar nicht be¬
Gegen den burlesken Ueberschwang vermag bloß Herr
isolation, zuletzt
schreiben, wie grausam dieser Spielverderber die Harmonie
Treßler mit seinem Malvolio siegreich aufzukommen.
schwingend. Ein k
schön gebautes Meisterwerk
des Ganzen zerstört, ein so
Die Rolle ist nicht bloß komisch, sie bietet auch Stoff
Der Einfall ist alle
zerstückelt und zerhackt. Um dann den Zeitverlust ein¬
zu einer tiefer schürfenden Charakterstudie, deren dieser
bührt alles Lob. N
zubringen, den er verursacht, haben sich einschneidende
ausgezeichnete Künstler durchaus fähg wäre. Doch
man wieder und
Kürzungen als notwendig erwiesen. Die Pfarrerszene des
Charakterstudie, das wäre ein Verstoß gegen den Grund¬
Straße, und so b
Narren mußte zum Beispiel geopfert werden, das Stück
ton dieser Darstellung gewesen. Die Losung hieß: Kari¬
1 Wer gelacht hat, mu
katur, überschäumende Faschingslaune, Narrenfreibeit. ist um einen ganzen Akt kürzer geworden.