II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 127

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26.
Kondedie derWorteZykius
Ausschnitt aus:
vom: (#. M /110
Theater und Titeratur.
18. April.
„Komödie der Worte.
Taie (enet
Lustspieltheater, Gastspiel des Burgtheaters.
Man sah gestern die Gesichter jener Menschen
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im Publikum, die in stillen Straßen wohnen und
nicht allzuost ins Theater gehen. Elwas Lehrer¬
Theater, Kunst und Literatur.
oder Lehrerinnenhaftes sprach aus ihren Bewegun¬
Budapest, 17. April.
gen und ihrem Ernste. Stille und tiefe Menschen,
(Gastspiel des Wiener Burgtheaters.) Mit
die eine Tradition hervorgelockt hat, Menschen die
Artur Schnitzlers „Komödie der Worte“ begann
ihre Lebensschätze für Generationen sparen und die
heute das Wiener Burgtheater sein auf fünf Abende
berechnetes Gastspiel. Wir haben nach der Wiener Premiere
mit ihren verborgenen Temperamenten und un¬
an dieser Stelle einen ausführlichen Bericht über die drei
behobenen Talenten durch Abstinenz der Genüsse
Einakter dieses Wiener Dichters gebracht, der sich in unserer
des Lebens nicht abgeblaßt sind.
Stadt von jeher einer besonderen, man möchte beinahe sagen
familiären Volkstümlichkeit erfreut, obgleich unsere eigenen
Ueberhaupt, das Publikum war gestern außer¬
Theater seine Werke eigentlich unverhältnismäßig wenig
ordentlich interessant, ich mußte mich oft nach links
spielen. In allen drei Stücken sind es die Probleme der Ehe
und rechts wenden, um in die Reihen zu spähen
und der Lüge, die Schnitzler aufwirft, und wer weiß, ob die
beiden für ihn nicht ein einziges Problem sind. Es sind Komö¬
.. denn man gab Schnitzler. Und es wird wohl mit
dien der Eheirrungen, und selbst die erste, „Die Stunde
ihm so sein, wie mit den Erntvaumen eine Woche
[der Erkenntnis“ mit ihrem tragischen Akzent, wirkt in
gewissem Sinne, vielleicht ungewollt, komödienhaft durch das
nach Weihnachten. Dann hängen nur noch die Nüsse
ungelöste Wirrnis, die Rösselsprünge von Wahrheit und Lüge,
darauf..
in deren Mitte die Handelnden einander zum Schluß yöllig,
Man weiß es nun auch schon in Budapest,
aber unserem Empfinden nach nicht notwendigerweise, ver¬
fehlen. Dieser Dr. Eckold, der die Rache an seiner Frau zehn
daß das Verhälnis Burgtheater und Denisches
Jahre lang aufspart, ohne sich etwas merken zu lassen, ist ein
Theater sich in der Gegenüberstellung von Tra¬
Uebermensch oder ein Teufel, aber keinesfalls etwas Denk¬
ditionen und Stil ausbrückt. Ja, man ist sogar
bares. Diese Frau Klara, die die Wahrheit verbeißt, weil auch sie
Rache üben will, ist das Opfer einer tragischen Anwandlung des
darauf gekommen, daß es sich nach dem zweiten
Dichters, der sie in vorgefaßter Absicht zum Untergang ver¬
Einakter schickt, in der Pansevon Bahrs „Konzert“ zu
dammt. Unsere Ueberzeugung geht hier nur schwer mit. Die
sprechen. Doch lassen wir dies! Schnitzler und Burg¬
Vorstellung hatte auch nicht genug Vehemenz, um uns zu
überzeugen, und war auf einen etwas grauen Ton gestimmt.
theater sind sich vielleicht gegenseitig ein Schicksal.
Harry Walden gab den unglaubwürdigen Doktor mit
Und die „Komödic der Worte“ ist eben ein Burg¬
Schärfe und Mäßigung; die Rolle ist undankbar, ließ aber
theaterstück. Das wird man später nicht einmal
doch den überlegenen Künstler erkennen. Um die beiden
anderen Rollen mühten sich Maria Mayen und Herr
leugnen können...
Skoda. — Das zweite Stück, „Die große Tzene“,
Drei Komödien der Eheirrungen, die erste, die
gibt sich frischer, zufahrender, mehr auf kräftige Wirkungen
„Stunde der Erkenntnis.“ Oder von allem gerade
bedacht, und rührt dabei im Grunde tiefere Probleme auf als
das der Treue im hergebrachten Sinn. Der Mensch, der
dies nicht. Sondern eine Wirrnis von Wahrheit und
„spielt“ (hier verkörpert ihn augenfällig der Schauspieler) und
Lüge, der die Handelden nicht mehr entrinnen kön¬
der Mensch, der erlebt, und ihr Kampf miteinander: all dies
neu. Harry Walden gab den Dr. Eckhold. Die Un¬
flimmert um die Paraderolle des Schauspielers Herbot, den
Harry Waiden sprühend, mit Anmut und Virtuosität ver¬
möglichkeiten dieser ins Uebermenschliche verbitter¬
körperte. Innig und herb zugleich war Lotte Medelsky,
ten Existenz versuchte Walden ins Mögliche zu
bärenhaft sympathisch Herr Tiedtke als Theaterdirektor,
meistern. Und es war erfreulich, wie weit er es
und in lleinen Rollen Fräuiein Kutschera und Herr
Frank sympathisch. Das beste der drei Stücke, und zwar
darin mit den Fähigkeiten seines Küstlertums
prächtig gerundet, durchleuchtet von weisem Humor und einer
brachte.
Philosophie, die aller Schwere entkleidet scheint, ist „Das
Der zweite Einakter „Die große Szene.“ So#
Bacchusfest“. Harry Walden, Susanne v. Osten, Eugen
groß, daß Schnitzler ganz klein wird. Harry Wal¬
Frank, nicht zu vergessen in einer ganz kleinen Rolle Herrn
Strebinger, verhalfen der graziösen Komödie zu ver¬
den als Schauspieler Herbot suchte die Unhaltbar¬
dientem Erfolg, an dem es übrigens auch nach den beiden
keit dieser Person mit Humor und Anmut zu über¬
anderen Stücken, der prächtigen Leistung Herrn Waldens im
spielen. Sehr fein in ihrer herben Zurückhaltung
„ zweiten zumal, nicht gefehlt hatte.
— In der morgen. Dienstaa, im Lustspieltheater¬
war Lotte Medelsky, Herr Tiedtke als Theater¬
direktor ungemein erquickend.
„Das Bachusfest“ ist der letzte Einakter.
Harry Walden, Susanne von Osten, Engen Stre¬
binger leisteten ihr Bestes.
Das Publikum spendete reichen Beifall. 4e.