26.1. Konoedie der Norte zyklus box 32/2
fahrelang einander getäuscht, absichtlich und unab¬
der Nerven nottut. Seine Dramen regen nicht auf,
äichtlich, sie haben unter Irrtümern miteinanden
seine Erstaufführungen rufen nicht die literarischen
verkehrt, als Freunde und Ehegatten, sich gegen¬
Parteien auf zu großen Demonstrationen für und
seitig ihre Worte und Handlungen falsch ausge¬
wider. Man ist bei Schnitzler wie auf wirklich
legt und sich selbst am tiefsten betrogen. Durch
neutralem Boden zu Gast. Er versteht uns alle,
Worte gibt es keinen Weg zur Wahrheit, und auch
und er kann zu jedem von uns reden, wenn er bei
Taten lügen. In feinem Kammerspieltor wurde
1 Laune ist, zum Herzen reden, und wenn wir auch
das tief in den Geheimnissen des Lebens schürfende
nie ganz mit ihm einig und eins werden, so fühlen
Stück gespielt. Maria Leiko, Willy Schröder
wir doch, daß wir uns mit ihm nicht zanken dürfen.
und Eugen Klöpfer sicherten der zartnervigen
Und wenn Schnitzler nicht die Gabe hat, uns mit
Dichtung den Bühnenerfolg.
sich fortzureißen, wie der jeweilige Dichter, der uns
Leichter war bei dem zweiten Stück von dorn¬
der Liebste ist, der Größte scheint, der Dichter, an
herein auf den Beifall des Publikums zu rechnen.
den wir mit Hingebung glauben (oder glaubten,
Obwohl der Dichter auch hier nicht darauf ver¬
solange unsere Seele noch jung war), wenn Schnitz¬
zichtet, geheimnisvollstes Seelenleben an's Licht zu
ler uns nicht über uns selbst hinaushebt, so ehren
ziehen, bietet „Die große Szene“ doch den Schau¬
wir ihn doch höher als andere Geister, die uns ein¬
spielern Gelegenheit, aus dem Vollen zu schöpfen.
mal vielleicht mächtiger ergriffen, aber dann wieder
Herr Willy Schröder, der gestern zum erstenmal
abgestoßen haben. Würde im deutschen Sprach¬
im Neuen Theater auftrat, führte die Hauptrolle
gebiet eine Abstimmung unter den Li#eraturkennern
mit maßvoller Kraft durch und erntete neben Poldi
veranstaltet werden, um die Namen der größten
Sangora, die als eine herzlich liebe brave Frau
dramatischen Dichter der Gegenwart festzustellen:
erschien und Alois Großmann als geriebenen
ich glaube, es würden nur wenige Stimmen Schnitz¬
Theaterdirektor und witzigen Seelenbändiger großen
meuangsbe ohne Gewähr.)
ler den ersten Platz zu erkennen, aber eine große
Applaus.
Frankfurter Nachrichten
Lehrheit würde ihn an zweiter Stelle nennen.
Das letzte Stück „Das Bacchusfest“ i
Einen schönen genuhreichen Abend gewährte uns
aus: und Iitelligenz Blatt
leichte Komödie. Ein origineller Ort der Hand¬
der Dichter nun wieder mit seinem neuesten Werk,
lung — Bahnhofhaue mit Restauration — gab dem
Frankfurt a. M.
wozu der besondere Reiz der Uraufführung kam.
70.1915
umsichtigen Regisseur (Direktor Hellmer) die Mög¬
Es sind drei Einakter, die Schnitzler unter dem
—
lichkeit, Leben und Farbe auf die Bühne zu bringen.
diesmal wirklich vielsagenden Titel „Komödie der
K. v. Möllendorf, Olga Fuchs und wiederum
Worte“ zusammenfaßt. Aber Einakter behandeln
Willy Schröder sorgten ihrerseits für eine mun¬
ensunntenenesnete
nicht notwendig leichte Stoffe; hier wenigstens
tere Darstellung der etwas blassen dichterischen Ge¬
drängt sich in jedem viel Schicksal zusammen und
„Komödie der Worte“.
stalten. Hier besteht die Komödie allzu offensicht¬
wir blicken darin auf lange bunte krausgeschlungene
lich nur aus Worten, und alle Worte wiederum sind
Drei Einakter von Arthax Sculßler.
###enhwege. Besonders der erste Akt „Stunde des
nur Komödie. Immerhin gewährt auch dieser Akt
Erkennens“ ist überreich. Seelenbeziehungen von
Aufführungen Schnitzlerscher Bühnenwerke sind
angenehme Unterhaltung, und ganz ohne Vorteil
angemeiner Kompliziertheit enthüllen sich in einer
mir in diesem Theaterkriegsjahr in besonderer
hört man es nicht zu Ende. Im ganzen betrachtet
kurzen Teestunde. Drei Menschen find's, die lange
Weise lieb geworden. Einmal weil geistig anregende,
aber bot der Abend einen großen Genuß und mie
miteinander gelebt, die einst einander geliebt haben,
zeitgenössische Dichter überhaupt seltener als früher
dem Dichter müssen wir dafür auch der erfreulich
die in letzter Stunde, wo der eine von ihren Ab¬
in den Theatern erschienen. Dann aber, weil der
Pr. S.
talentvollen Darstellung danken.
schied nimmt, wahrscheinlich für immer, ihr wahres
Geist Schnitzlers so etwas abgeklärtes, ruhevolles
hat, wie es uns in dieser Zeit zur Ausspannung! Verhältnis zueinander,feststellen wollen. Sie haben!
fahrelang einander getäuscht, absichtlich und unab¬
der Nerven nottut. Seine Dramen regen nicht auf,
äichtlich, sie haben unter Irrtümern miteinanden
seine Erstaufführungen rufen nicht die literarischen
verkehrt, als Freunde und Ehegatten, sich gegen¬
Parteien auf zu großen Demonstrationen für und
seitig ihre Worte und Handlungen falsch ausge¬
wider. Man ist bei Schnitzler wie auf wirklich
legt und sich selbst am tiefsten betrogen. Durch
neutralem Boden zu Gast. Er versteht uns alle,
Worte gibt es keinen Weg zur Wahrheit, und auch
und er kann zu jedem von uns reden, wenn er bei
Taten lügen. In feinem Kammerspieltor wurde
1 Laune ist, zum Herzen reden, und wenn wir auch
das tief in den Geheimnissen des Lebens schürfende
nie ganz mit ihm einig und eins werden, so fühlen
Stück gespielt. Maria Leiko, Willy Schröder
wir doch, daß wir uns mit ihm nicht zanken dürfen.
und Eugen Klöpfer sicherten der zartnervigen
Und wenn Schnitzler nicht die Gabe hat, uns mit
Dichtung den Bühnenerfolg.
sich fortzureißen, wie der jeweilige Dichter, der uns
Leichter war bei dem zweiten Stück von dorn¬
der Liebste ist, der Größte scheint, der Dichter, an
herein auf den Beifall des Publikums zu rechnen.
den wir mit Hingebung glauben (oder glaubten,
Obwohl der Dichter auch hier nicht darauf ver¬
solange unsere Seele noch jung war), wenn Schnitz¬
zichtet, geheimnisvollstes Seelenleben an's Licht zu
ler uns nicht über uns selbst hinaushebt, so ehren
ziehen, bietet „Die große Szene“ doch den Schau¬
wir ihn doch höher als andere Geister, die uns ein¬
spielern Gelegenheit, aus dem Vollen zu schöpfen.
mal vielleicht mächtiger ergriffen, aber dann wieder
Herr Willy Schröder, der gestern zum erstenmal
abgestoßen haben. Würde im deutschen Sprach¬
im Neuen Theater auftrat, führte die Hauptrolle
gebiet eine Abstimmung unter den Li#eraturkennern
mit maßvoller Kraft durch und erntete neben Poldi
veranstaltet werden, um die Namen der größten
Sangora, die als eine herzlich liebe brave Frau
dramatischen Dichter der Gegenwart festzustellen:
erschien und Alois Großmann als geriebenen
ich glaube, es würden nur wenige Stimmen Schnitz¬
Theaterdirektor und witzigen Seelenbändiger großen
meuangsbe ohne Gewähr.)
ler den ersten Platz zu erkennen, aber eine große
Applaus.
Frankfurter Nachrichten
Lehrheit würde ihn an zweiter Stelle nennen.
Das letzte Stück „Das Bacchusfest“ i
Einen schönen genuhreichen Abend gewährte uns
aus: und Iitelligenz Blatt
leichte Komödie. Ein origineller Ort der Hand¬
der Dichter nun wieder mit seinem neuesten Werk,
lung — Bahnhofhaue mit Restauration — gab dem
Frankfurt a. M.
wozu der besondere Reiz der Uraufführung kam.
70.1915
umsichtigen Regisseur (Direktor Hellmer) die Mög¬
Es sind drei Einakter, die Schnitzler unter dem
—
lichkeit, Leben und Farbe auf die Bühne zu bringen.
diesmal wirklich vielsagenden Titel „Komödie der
K. v. Möllendorf, Olga Fuchs und wiederum
Worte“ zusammenfaßt. Aber Einakter behandeln
Willy Schröder sorgten ihrerseits für eine mun¬
ensunntenenesnete
nicht notwendig leichte Stoffe; hier wenigstens
tere Darstellung der etwas blassen dichterischen Ge¬
drängt sich in jedem viel Schicksal zusammen und
„Komödie der Worte“.
stalten. Hier besteht die Komödie allzu offensicht¬
wir blicken darin auf lange bunte krausgeschlungene
lich nur aus Worten, und alle Worte wiederum sind
Drei Einakter von Arthax Sculßler.
###enhwege. Besonders der erste Akt „Stunde des
nur Komödie. Immerhin gewährt auch dieser Akt
Erkennens“ ist überreich. Seelenbeziehungen von
Aufführungen Schnitzlerscher Bühnenwerke sind
angenehme Unterhaltung, und ganz ohne Vorteil
angemeiner Kompliziertheit enthüllen sich in einer
mir in diesem Theaterkriegsjahr in besonderer
hört man es nicht zu Ende. Im ganzen betrachtet
kurzen Teestunde. Drei Menschen find's, die lange
Weise lieb geworden. Einmal weil geistig anregende,
aber bot der Abend einen großen Genuß und mie
miteinander gelebt, die einst einander geliebt haben,
zeitgenössische Dichter überhaupt seltener als früher
dem Dichter müssen wir dafür auch der erfreulich
die in letzter Stunde, wo der eine von ihren Ab¬
in den Theatern erschienen. Dann aber, weil der
Pr. S.
talentvollen Darstellung danken.
schied nimmt, wahrscheinlich für immer, ihr wahres
Geist Schnitzlers so etwas abgeklärtes, ruhevolles
hat, wie es uns in dieser Zeit zur Ausspannung! Verhältnis zueinander,feststellen wollen. Sie haben!