W
26. 1
Konoedie der örte VKIS
n, weil sich soviel gute
regiert alle drei Stunden. Er ist in allen Stücken der Ehemonn, ist
Ein Untergrund von
Arzt, Schauspieler, Schriftsteller, und wirtschaftet aus dem Vollen
ustig nimmt. Wenn er
und Vollsten. Manchmal scheint es, als ob es nicht nur Temperament
st stets ein Lächeln der
wäre, was so überstark aus ihm herausprasselt. Es ist, als ob er
Prade dann blüht alles
der natürlichen Kraft, die in ihm ist, nicht genügend vertraute.
ann steht seine Sprach¬
Welch' ein Irrtum! Er soll ihr nur vertrauen, und nicht alles
it, und er entwickelt
zweimal, dreimal, sechsmal sagen und agieren. Die drei Frauen
allen Zügen, daß wir
sind Lina Lossen, voll von feinsten Schwingungen, wenn sie
orte“ vor uns zu
auch das mehr menschliche als darstellerische Glück genießt, daß man
ihr nie eine Eheirrung zutrauen kann — Else Bassarmann, die
Einaktern „Großo
das bürgerlich=täubchenhafte gut brachte — und Traute
Hier empfanden wir
Dumcke=Carlsen mit hübscher Drolligkeit. Max Landa,
Beifall für alle, der
Theodor Loos, Karl Forest, in einer kleinen Rolle
rsteller, war besonders
Sybille Binder und Kurt Götz spielten besten Schnitzler¬
Ton.
Wir sahen hier in
Fritz Engel.
t wird, um zu halten,
ist der große Schau¬
Zu Beginn des zweiten Stückes gab es eine kleine Unter¬
eucheln von sich stößt,
brechung. Es wurden Geräusche hörbar, die auf ausströmende Dämpfe
von neuem an sich zu oder niederfallende Wasserstrahlen schließen ließen. Der Vorhang fiel.
wir kennen ihn durch
Nach einigen Augenblicken erschien ein Feuerwehrmann und erklärte,
der „Letzten Masken“.
daß sich an der Dampfheizung ein Schaden ergeben habe. Kurz darauf
ührung als ein Kind,
wurde das Spiel wieder ausgenommen. Das Publikum hatte sich im
ierten Egoisten, dem
allgemeinen ruhig auf den Plätzen gehalten.
en Menschen,
eine Rolle
ann. In
chnitzler
alt, dem
keit e
Dr. Max Goldschmict
Bureau für Zeitung-aus eir Site
Theate
f. 4
BERL
Telefen Norden 5051.
als ein
—11
Aussengitt-e
Auch
fühlt
griff ist, ihm
Gte Derne XS
gibt er nicht
Dumme wird aufs
mehrt Schnitzler die
Theater und Mustt.
sinnvolles Kapitel,
Lessing=Theater.
ast hervorblitzt.
„Stunde des Er¬
Schnitzler, „Komödie der Worte“.
Szene“ im wesent¬
ohmen. Barnowskys
Die uralt=ewige Pilatusfrage: Was ist Wahrheit?, in
t Bassermann
drei Einaktern mit geistreich=resigniertem Plauderton an
drei Ehebrüchen abgehandelt, das ist der Ertrag des ge¬
strigen Abends. Es ist nicht viel. Gewiß, manche amüsante
Stelle, manches feingeschliffene Wort bleibt in der Er¬
innerung. Aber im ganzen gibt's keine nachhaltige Wir¬
kung: „Komödie der Worte“.
Der Arzt Dr. Eckold hat gewartet, bis seine Tochter ver¬
sorgt ist. Da erst, in zehn Jahre lang aufgespeicherter und
aufgesammelter Rachbegierde, weist er seine Frau aus dem
Hause wegen eines Ehebruches mit seinem auch beruflich
glücklicheren Nebenbuhler. Mit dem aber ist die Frau nicht
schuldig geworden. Ein anderer war's. Doch sie läßt ihn
dabei und geht fort in dieser „Stunde des Erkennens“
da sich ihres Gatten Wesen und zehnjährige Lüge ihr offen¬
bart.
Der berühmte Schauspieler Herbot hat Edgar Gleys
Braut verführt. Als der kommt, ihn zur Rechenschaft zu
ziehen, spielt der große Mime ihm eine „große Szene“ vor
und berauscht sich selost so sehr an seinem Spiel, daß Wahr¬
heit und Lüge ihm verschwimmt. Seine Frau, die ihn um
dieses Seitensprunges willen auf kurze Zeit seinerzeit ver¬
lassen und ihn jetzt belauscht hat,ist angewidert von der inneren
Unwahrhaftigkeit dieses großen Kindes und Egoisten, aber
als er umstrahlt von Ruhm im Hamletkostüm vor ihr steht,
fehlt ihr doch die Kraft. und sie bleibt allzugern.
Das „Bacchusfest“ gab einst für eine Nacht völlige Frei¬
heit und das, was in ihr geschehen war, blieb vergessen.
So holt auch der Schriftsteller Staufner in dem Wartesaal
einer österreichischen Gebirgsstadt sein Frauchen von einer
Extratour mit einem etwas törichten Chemiker sich wieder
zurück, ohne dessen, was dazwischen liegt, gedenken zu
wollen.
Drei magere, zum Teil auch etwas unwahrscheinliche
Fabeln. Aber nicht das Aeußere und Stoffliche ist es, was
Schnitzler interessiert, sondern mit kühler Gelassenheit will
er nur die Seelen seiner Figuren analysieren, das Spiel
von Wahrheit und Lüge, die Verquickung von Schein und
Sein aufzeisen. Darum sind die drei Einakter, in denen
das gleiche Thema erst ernst und schwer, dann heiter und
launig, schließlich grotesk=ironisch abgehandelt wird, drei
echte Schnitzler; sie lassen letzten Endes unbefriedigt und
gleichgültig.
box 32/3
Die tragenden Rollen spielte Bassermann mit
merkwürdigen Masken und sorgsamstem, ja übertriebenem
Unterstreichen jedes Wortes im ersten und dritten Stück.
Trotzdem ließ er hier im allgemeinen kalt. Aber in dem
zweiten Stück der „Großen Szene“ riß seine ungebundene,
ausgelassene Munterkeit alles mit sich fort. Sein Herbot
ist wirklich der große egoistische Junge, dem man trotz aller
Lüge und Häßlichkeit im Gründe nicht böse sein kann. Die
drei Frauen waren bei Lina Lossen, Else Basser¬
mann, Traute Dumke=Carlsen (namentlich bei der
ersten) in den besten Händen. Karl Forest bot mit seinem
Theaterdirektor in seinem selbstironisierenden Spiel eine
vorzügliche Episodenfigur.
Der Beifall war groß, namentlich nach dem zweiten
Stück, trotzdem es vorher fast eine kleine Panik gegeben
hatte. Ein Schaden im Heizrohr hatte das Publikum in
Unruhe gebracht. Das Spiel mußte unterbrochen werden
und die Feuerwehr vor dem gesunkenen Vorhang erst#
trösten: „Es ist nichts!“ Die Zuhörer und Spieler fanden
sich jedoch bald wieder in den Zusammenhang zurück. —
Eine Anmerkung: Ist es nicht merkwürdig, vielleicht
auch ein wenig beschämend, daß einer der nahmhaftesten
Vertreter des deutschen Schrifttums im Jahre des großen
Krieges Zeit und Muße findet, geistreichen Ehebruchs¬
analysen nachzugeben? Oder darf man hoffen und sagen, es
ist das letzte Anklingen der Dekadenz, mit dem die gewal¬
tige Gegenwart auch auf dem Gebiete der Kunst aufräumen
wird?
Dr. Kastner.
26. 1
Konoedie der örte VKIS
n, weil sich soviel gute
regiert alle drei Stunden. Er ist in allen Stücken der Ehemonn, ist
Ein Untergrund von
Arzt, Schauspieler, Schriftsteller, und wirtschaftet aus dem Vollen
ustig nimmt. Wenn er
und Vollsten. Manchmal scheint es, als ob es nicht nur Temperament
st stets ein Lächeln der
wäre, was so überstark aus ihm herausprasselt. Es ist, als ob er
Prade dann blüht alles
der natürlichen Kraft, die in ihm ist, nicht genügend vertraute.
ann steht seine Sprach¬
Welch' ein Irrtum! Er soll ihr nur vertrauen, und nicht alles
it, und er entwickelt
zweimal, dreimal, sechsmal sagen und agieren. Die drei Frauen
allen Zügen, daß wir
sind Lina Lossen, voll von feinsten Schwingungen, wenn sie
orte“ vor uns zu
auch das mehr menschliche als darstellerische Glück genießt, daß man
ihr nie eine Eheirrung zutrauen kann — Else Bassarmann, die
Einaktern „Großo
das bürgerlich=täubchenhafte gut brachte — und Traute
Hier empfanden wir
Dumcke=Carlsen mit hübscher Drolligkeit. Max Landa,
Beifall für alle, der
Theodor Loos, Karl Forest, in einer kleinen Rolle
rsteller, war besonders
Sybille Binder und Kurt Götz spielten besten Schnitzler¬
Ton.
Wir sahen hier in
Fritz Engel.
t wird, um zu halten,
ist der große Schau¬
Zu Beginn des zweiten Stückes gab es eine kleine Unter¬
eucheln von sich stößt,
brechung. Es wurden Geräusche hörbar, die auf ausströmende Dämpfe
von neuem an sich zu oder niederfallende Wasserstrahlen schließen ließen. Der Vorhang fiel.
wir kennen ihn durch
Nach einigen Augenblicken erschien ein Feuerwehrmann und erklärte,
der „Letzten Masken“.
daß sich an der Dampfheizung ein Schaden ergeben habe. Kurz darauf
ührung als ein Kind,
wurde das Spiel wieder ausgenommen. Das Publikum hatte sich im
ierten Egoisten, dem
allgemeinen ruhig auf den Plätzen gehalten.
en Menschen,
eine Rolle
ann. In
chnitzler
alt, dem
keit e
Dr. Max Goldschmict
Bureau für Zeitung-aus eir Site
Theate
f. 4
BERL
Telefen Norden 5051.
als ein
—11
Aussengitt-e
Auch
fühlt
griff ist, ihm
Gte Derne XS
gibt er nicht
Dumme wird aufs
mehrt Schnitzler die
Theater und Mustt.
sinnvolles Kapitel,
Lessing=Theater.
ast hervorblitzt.
„Stunde des Er¬
Schnitzler, „Komödie der Worte“.
Szene“ im wesent¬
ohmen. Barnowskys
Die uralt=ewige Pilatusfrage: Was ist Wahrheit?, in
t Bassermann
drei Einaktern mit geistreich=resigniertem Plauderton an
drei Ehebrüchen abgehandelt, das ist der Ertrag des ge¬
strigen Abends. Es ist nicht viel. Gewiß, manche amüsante
Stelle, manches feingeschliffene Wort bleibt in der Er¬
innerung. Aber im ganzen gibt's keine nachhaltige Wir¬
kung: „Komödie der Worte“.
Der Arzt Dr. Eckold hat gewartet, bis seine Tochter ver¬
sorgt ist. Da erst, in zehn Jahre lang aufgespeicherter und
aufgesammelter Rachbegierde, weist er seine Frau aus dem
Hause wegen eines Ehebruches mit seinem auch beruflich
glücklicheren Nebenbuhler. Mit dem aber ist die Frau nicht
schuldig geworden. Ein anderer war's. Doch sie läßt ihn
dabei und geht fort in dieser „Stunde des Erkennens“
da sich ihres Gatten Wesen und zehnjährige Lüge ihr offen¬
bart.
Der berühmte Schauspieler Herbot hat Edgar Gleys
Braut verführt. Als der kommt, ihn zur Rechenschaft zu
ziehen, spielt der große Mime ihm eine „große Szene“ vor
und berauscht sich selost so sehr an seinem Spiel, daß Wahr¬
heit und Lüge ihm verschwimmt. Seine Frau, die ihn um
dieses Seitensprunges willen auf kurze Zeit seinerzeit ver¬
lassen und ihn jetzt belauscht hat,ist angewidert von der inneren
Unwahrhaftigkeit dieses großen Kindes und Egoisten, aber
als er umstrahlt von Ruhm im Hamletkostüm vor ihr steht,
fehlt ihr doch die Kraft. und sie bleibt allzugern.
Das „Bacchusfest“ gab einst für eine Nacht völlige Frei¬
heit und das, was in ihr geschehen war, blieb vergessen.
So holt auch der Schriftsteller Staufner in dem Wartesaal
einer österreichischen Gebirgsstadt sein Frauchen von einer
Extratour mit einem etwas törichten Chemiker sich wieder
zurück, ohne dessen, was dazwischen liegt, gedenken zu
wollen.
Drei magere, zum Teil auch etwas unwahrscheinliche
Fabeln. Aber nicht das Aeußere und Stoffliche ist es, was
Schnitzler interessiert, sondern mit kühler Gelassenheit will
er nur die Seelen seiner Figuren analysieren, das Spiel
von Wahrheit und Lüge, die Verquickung von Schein und
Sein aufzeisen. Darum sind die drei Einakter, in denen
das gleiche Thema erst ernst und schwer, dann heiter und
launig, schließlich grotesk=ironisch abgehandelt wird, drei
echte Schnitzler; sie lassen letzten Endes unbefriedigt und
gleichgültig.
box 32/3
Die tragenden Rollen spielte Bassermann mit
merkwürdigen Masken und sorgsamstem, ja übertriebenem
Unterstreichen jedes Wortes im ersten und dritten Stück.
Trotzdem ließ er hier im allgemeinen kalt. Aber in dem
zweiten Stück der „Großen Szene“ riß seine ungebundene,
ausgelassene Munterkeit alles mit sich fort. Sein Herbot
ist wirklich der große egoistische Junge, dem man trotz aller
Lüge und Häßlichkeit im Gründe nicht böse sein kann. Die
drei Frauen waren bei Lina Lossen, Else Basser¬
mann, Traute Dumke=Carlsen (namentlich bei der
ersten) in den besten Händen. Karl Forest bot mit seinem
Theaterdirektor in seinem selbstironisierenden Spiel eine
vorzügliche Episodenfigur.
Der Beifall war groß, namentlich nach dem zweiten
Stück, trotzdem es vorher fast eine kleine Panik gegeben
hatte. Ein Schaden im Heizrohr hatte das Publikum in
Unruhe gebracht. Das Spiel mußte unterbrochen werden
und die Feuerwehr vor dem gesunkenen Vorhang erst#
trösten: „Es ist nichts!“ Die Zuhörer und Spieler fanden
sich jedoch bald wieder in den Zusammenhang zurück. —
Eine Anmerkung: Ist es nicht merkwürdig, vielleicht
auch ein wenig beschämend, daß einer der nahmhaftesten
Vertreter des deutschen Schrifttums im Jahre des großen
Krieges Zeit und Muße findet, geistreichen Ehebruchs¬
analysen nachzugeben? Oder darf man hoffen und sagen, es
ist das letzte Anklingen der Dekadenz, mit dem die gewal¬
tige Gegenwart auch auf dem Gebiete der Kunst aufräumen
wird?
Dr. Kastner.