Ausschnitt aus: Die Folt em Monted. Berlin
vom:
2501 11975
=Theater und Musik.
„Komödie der Worte.“
(Lessing=Theater.)
Die drei Einakter, die AxthurSchitzler hier nter
einem Titel vereinigt, sind Varsalionen uner bal#nhdu
Thema Ehebruch. Der erste, „Stunde des Erkennens“, zeigt die
Abrechnung bei einem bürgerlich ehrbar gealterten Paare. Zehn
Jahre zurück liegt der ganz heimliche Seitensprung des haus¬
mütterlich soliden Weibchens, als nach Verheiratung der einzigen
Tochter der Ehemann zu erkennen gibt, daß er „damals“ allzu¬
gut sah und er nun kaltlächelnd die Ehegesponsin aus dem Hause
weist. Es hilft der bestürzten Gattin nicht einmal etwas, daß
sein Verdacht den falschen Liebhaber trifft; den Fehltritt an sich
hat sie leider gleich im ersten Schreck eingestanden. Und sie geht.
Im zweiten Stück, „Große Szene“ ist das ehebrechende
Karnickel der Ehemann, ein primadonnenhafter Schauspieler,
dessen rücksichtslose Abenteuersucht und unverschämte Verlogenheit
ein Brautpaar ins Unglück, die Gattin aber zur Verzweiflung
und Abkehr von ihm treibt, bis sie erkennt, daß er im Grunde ein
großes Kind ist, und daß sie, nach der er schreit, ihn nicht verlassen
darf, ohne der Kunst einen schweren Verlust zuzufügen. — Das
britte Stück, „Das Bacchusfest“ zeigt mit gefälliger Ironie, wie ein
betrogener Ehemann von geistigen Oualitäten einen bei seiner
Frau in schwacher Stunde siegreichen Trottel aus dem Sattel
hebt. ihn zum beschleunigten Verduften zwingend.
Kein Mensch wird von Schnitzler erwarten, daß er diesen gewiß
nicht originellen Konflikten ernsthaft zu Leibe geht. Immerhin
verhalf uns seine geschliffene dramatische Technil zu einem
amüsanten Abend. Bassermann, Träger der Hauptrolle in
allen drei Fällen, fand besonders in der „Großen Szene“ einen
willkommenen Schlager. Sein Schauspieler Herbot ist eine
prächtig temperamentvolle Leistung, allerdings in üppiger Fülle
Gelegenheit zu mancherlei erheiternden Mätzchen bietend, die der
Dichter selbst sich in dem Theatermilieu der Szene natürlich auch
nicht entgehen läßt. Neben Bassermann war im ersten Stück
Lina Lossen eine gut kultivierte Bürgerfrau, nur für das
Ehebruchgeständnis von viel zu edler Linie.: Das zwischen Ver¬
zweifeln und Verstehen schwankende Schauspielerweibchen gab klug
und nett Else Bassermann, trefflich akkompagniert von
Carl Forest, in der Rolle des aus brennenden Kassenängsten
heraus andauernd begütigenden Theaterdirektors. Das verirrte
Eheschäfchen im Bachusfest spielt Traute Dumcke=Carlsen
recht drollig.
Das Haus rief besonders nach dem zweiten Einakter stürmisch
nach Schnitzler und Bassermann, welch letzterer sein
Gastspiel=Repertoir= um eine Bombennummer bereichert sieht.
Nicht zuletzt triumphierte Barnowskys tüchtige Regie.
—.
„Wenn zwei Hochzeit machen.“
(Berliner Theater.)
Wenn zwei Hochzeit machen wollen und der angeheiterte Ver¬
to#ter diis Standesbeamten statt des Namens der Boaut den
iheer Mutter in die Liste einträgt, muß — nach der Possenmoral
der Herren Rudolf Bernauer und Rudolp’h Schanzer
der nichtsehnende Bräutigam seine liebestrunkene Schwieger¬
mama, wenn sie auch Strohwitwe ist, vom Fleck weg heiraten.
7as geschieht in diesem „Scherzspiel“. Aber die Verfertiger sind
Hexenmeister und wissen, den schnell geschürzten Knoten auf die
einfachste Possenart zu lösen. Begehre niemand, die verzwickte
Geschichte und ihre Lösung ausführlich zu hören! Denn sie ist
nebensächlich. Das sinnbetörende, glitzernde Drum und Dran ist
die Hauptsache in allen Kapiteln, die — nach Bänkelsängerart —
allerliebst betitelt sind: 1. Bild: „Das vierblättrige Kleeblatt",
2. Bild: „Er kann nicht nein sagen“, 3. Bild: „Der selige Sauer¬
zapf“ und 4. Bild: „Eine fürchterliche Rache". In allen vier Bil¬
ldern jagt natürlich ein Tanz den andern, ein Lied das andere.!
Die zum Teil recht melodiöse Musik rührt von Walter Kollo
und Willy Bredschneider. Des ersteren Duett: „Alle
Englein lachen...
wird voraussichtlich den Weltkrieg über¬
dauern. Sven Gades Ausstattungsentwürfe sind nicht min¬
der geschmackvoll als Ferry Sigmunds Tanzanordnungen.
Und mit der anmutigen Lisa Weise, die sich von Jahr zu
Jahr verjüngt, vertreten Josefine Dora und Oskar
Sabo siegreich den Humor. Ein Charakteristiker, zu Höherem
geboren, ist Hermann Picha.
Wagner im Walhalla=Theater.
Gastspiel: Deutsche Volksoper.
Die am Eröffnungstage mehrfach mißglückte Vorstellung des
„Tannhäuser“ erschien am Sonnabend in wesentlich kor¬
rigierter Auflage. Den Musikern leuchtsten jetzt die schönsten
Glühbirnen, so daß ein Doppelschlag von einer Zuckerbrezel wohl
zu unterscheiden war. Ein ähnliches Licht ist vielleicht inzwischen
auch dem Vertreter der Titelrolle. Dr. Nordeck, aufgegangen;
denn mir gesiel er. Stimme und Gesang berührten mich durchaus
wohlig. Frau Fürst als Venus bot ehre äußerst schwierige Partie
aller Wertschätzung wert, und auch Frl. Ziekow=Junge war
eine Elisabeth besserer Qualität. Wie es kommt, daß Kammer=
sänger Rains (Landgraf) und van der del! (Wolkt
er Murgenpest, Berlin
Ausschnitt aus:
250111915
vom:
Schnitzlers „Komädie der Worle.
Die Aufführung des Lessingtheaters.
Der neue Einakter=Zyklus, den Arthur
Schnitzler drei Jahre nach dem „Professor Bern¬
hardi“ den Bühnen übergeben hat, erinnert mit
seinem Haupttitel und in seiner bald schatten¬
dunklen, bald witzig=heiteren Skepsis an die
„Lebendigen Stunden“. Damals folgte auf drei
ernste Dramen das Satyrspiel „Literatur“. Jetzt
heißt die burleske Abwandlung des gemeinsamen
Motivs „Große Szene“. Aber sie steht nicht
am letzten Platz, sondern in der Mitte zwischen
zwei Stücken, die, gegen dieses formvolle, reizende
Werk gehalten, blaß und erklügelt sind.
Die „Stunde des Erkennens“, die den
Anfang macht, berührt sich mit der „Gefährtin“
(aus dem Zyklus „Der grüne Kakadu“). Wiederum
das grausame Finale einer Ehe, Wahrheit nach
langen Jahren des Schweigens; die Schuld der
Frau, die nur treulos aus seelischer Einsamkeit
schien, vertieft zu einer Treulosigkeit der heischen¬
den Sinne. Nichts ist so schnitzlerisch wie dieser
Abschiedston, doch überspitzt und durch eine un¬
sichtbare vierte Person belastet ist der von dem
kleinen Schauspiel vorausgesetzte Konflikt. Den
Achtungserfolg, den es im Lessingtheater hatte,
dankt es seiner Stimmung und dankt es der
Wiedergabe. Bassermann stellt den unver¬
söhnlichen Ehegatten dar, den Arzt Dr. Eckold,
der, als die Tochter das Haus verlassen hat, der
„Gefährtin“ seinen bisher verborgenen Haß ins
Antlitz schreit; und schon durch seine Maske, durch
seinen starren, bösen Blick übt er eine zwingende
Suggestion aus. Seine Partnerin ist Fräulein
Lossen, die die Wiener Bürgersfrau, die
„große Liebende“ zu einer schmerzbewegten
Rebekka West vergeistigt.
Im „Bacchusfest“ das den Zyklus ab¬
schließt, handelt es sich um die Ehe eines Drama¬
tikers. Irgend einen jungen Mann hat seine
kleine Frau, die Abwechslung ersehnte, ihm vor¬
gezogen. Im Wartesan: des Salzburger Bahn¬
hofs erreicht er das Pärchen. Die kleine Frau,
die ihren berühmten Dichter noch immer liebt,
sieht mit Aerge., dann mit Genugtuung, wie der
junge Mann, verlegen stotternd, nach einem schüch¬
ternen Versuch, energisch zu werden, seine neuen
Rechte preisgibt. Ihr legitimer Besitzer erzählt
hierbei vom Stoff seines neuen Dramas, vom
griechischen Bacchusfest, von der kurzen Ge¬
schlechterfreiheit, deren Mißbrauch über die
heilige Nacht hinaus mit dem Tod bestraft wor¬
den sei. Ein anspruchsloses Lustspiel, zu dem
der allegorische Putz nicht passen will; und der
augenwälzende Dichter=Pascha ist für Basser¬
mann undankbar, weil auch hiet, in einen
scherzhaften Dialog, die wütende Nachsucht des
Cckold sich eindrängt.
Die „Große Szene“ wird für Bassermann
werden, was der gefeierte Mime in Bahrs „Gelber
Nachtigall“ hatte sein sollen: die Paraderolle,
die ihm erlaubt, sich auszutoben. Er ist hier der
selbstherrliche Tragöde, um den sich der lite¬
rarische Direktor reißt, der vor dem „Hamlet“
lärmend durch das Hotelzimmer wandert, dem
die Bühnenkandidatinnen nachlaufen und die
jungen Bräute, und der, als „Hamlet“ kostümiert,
noch einmal aus der Garderobe zurückkehrt, um
seine schmollende Frau persönlich wegzutragen.
Aber nicht nur die äußere Umwelt des Theaters
zeichnet Schnitzler; er faßt den Menschentypus,
das sellsame Durcheinander von Lüge und Wirk¬
lichkeit, das schon in den „Letzten Masken“ uns
erschreckte, und das für ihn das furchtbare oder
lächerliche Geheimnis jeder Kunst ist. Basser¬
manns strahlender Uebermut, Bassermanns
Freude an diesem Schauspiel im Schauspiel sind
vom:
2501 11975
=Theater und Musik.
„Komödie der Worte.“
(Lessing=Theater.)
Die drei Einakter, die AxthurSchitzler hier nter
einem Titel vereinigt, sind Varsalionen uner bal#nhdu
Thema Ehebruch. Der erste, „Stunde des Erkennens“, zeigt die
Abrechnung bei einem bürgerlich ehrbar gealterten Paare. Zehn
Jahre zurück liegt der ganz heimliche Seitensprung des haus¬
mütterlich soliden Weibchens, als nach Verheiratung der einzigen
Tochter der Ehemann zu erkennen gibt, daß er „damals“ allzu¬
gut sah und er nun kaltlächelnd die Ehegesponsin aus dem Hause
weist. Es hilft der bestürzten Gattin nicht einmal etwas, daß
sein Verdacht den falschen Liebhaber trifft; den Fehltritt an sich
hat sie leider gleich im ersten Schreck eingestanden. Und sie geht.
Im zweiten Stück, „Große Szene“ ist das ehebrechende
Karnickel der Ehemann, ein primadonnenhafter Schauspieler,
dessen rücksichtslose Abenteuersucht und unverschämte Verlogenheit
ein Brautpaar ins Unglück, die Gattin aber zur Verzweiflung
und Abkehr von ihm treibt, bis sie erkennt, daß er im Grunde ein
großes Kind ist, und daß sie, nach der er schreit, ihn nicht verlassen
darf, ohne der Kunst einen schweren Verlust zuzufügen. — Das
britte Stück, „Das Bacchusfest“ zeigt mit gefälliger Ironie, wie ein
betrogener Ehemann von geistigen Oualitäten einen bei seiner
Frau in schwacher Stunde siegreichen Trottel aus dem Sattel
hebt. ihn zum beschleunigten Verduften zwingend.
Kein Mensch wird von Schnitzler erwarten, daß er diesen gewiß
nicht originellen Konflikten ernsthaft zu Leibe geht. Immerhin
verhalf uns seine geschliffene dramatische Technil zu einem
amüsanten Abend. Bassermann, Träger der Hauptrolle in
allen drei Fällen, fand besonders in der „Großen Szene“ einen
willkommenen Schlager. Sein Schauspieler Herbot ist eine
prächtig temperamentvolle Leistung, allerdings in üppiger Fülle
Gelegenheit zu mancherlei erheiternden Mätzchen bietend, die der
Dichter selbst sich in dem Theatermilieu der Szene natürlich auch
nicht entgehen läßt. Neben Bassermann war im ersten Stück
Lina Lossen eine gut kultivierte Bürgerfrau, nur für das
Ehebruchgeständnis von viel zu edler Linie.: Das zwischen Ver¬
zweifeln und Verstehen schwankende Schauspielerweibchen gab klug
und nett Else Bassermann, trefflich akkompagniert von
Carl Forest, in der Rolle des aus brennenden Kassenängsten
heraus andauernd begütigenden Theaterdirektors. Das verirrte
Eheschäfchen im Bachusfest spielt Traute Dumcke=Carlsen
recht drollig.
Das Haus rief besonders nach dem zweiten Einakter stürmisch
nach Schnitzler und Bassermann, welch letzterer sein
Gastspiel=Repertoir= um eine Bombennummer bereichert sieht.
Nicht zuletzt triumphierte Barnowskys tüchtige Regie.
—.
„Wenn zwei Hochzeit machen.“
(Berliner Theater.)
Wenn zwei Hochzeit machen wollen und der angeheiterte Ver¬
to#ter diis Standesbeamten statt des Namens der Boaut den
iheer Mutter in die Liste einträgt, muß — nach der Possenmoral
der Herren Rudolf Bernauer und Rudolp’h Schanzer
der nichtsehnende Bräutigam seine liebestrunkene Schwieger¬
mama, wenn sie auch Strohwitwe ist, vom Fleck weg heiraten.
7as geschieht in diesem „Scherzspiel“. Aber die Verfertiger sind
Hexenmeister und wissen, den schnell geschürzten Knoten auf die
einfachste Possenart zu lösen. Begehre niemand, die verzwickte
Geschichte und ihre Lösung ausführlich zu hören! Denn sie ist
nebensächlich. Das sinnbetörende, glitzernde Drum und Dran ist
die Hauptsache in allen Kapiteln, die — nach Bänkelsängerart —
allerliebst betitelt sind: 1. Bild: „Das vierblättrige Kleeblatt",
2. Bild: „Er kann nicht nein sagen“, 3. Bild: „Der selige Sauer¬
zapf“ und 4. Bild: „Eine fürchterliche Rache". In allen vier Bil¬
ldern jagt natürlich ein Tanz den andern, ein Lied das andere.!
Die zum Teil recht melodiöse Musik rührt von Walter Kollo
und Willy Bredschneider. Des ersteren Duett: „Alle
Englein lachen...
wird voraussichtlich den Weltkrieg über¬
dauern. Sven Gades Ausstattungsentwürfe sind nicht min¬
der geschmackvoll als Ferry Sigmunds Tanzanordnungen.
Und mit der anmutigen Lisa Weise, die sich von Jahr zu
Jahr verjüngt, vertreten Josefine Dora und Oskar
Sabo siegreich den Humor. Ein Charakteristiker, zu Höherem
geboren, ist Hermann Picha.
Wagner im Walhalla=Theater.
Gastspiel: Deutsche Volksoper.
Die am Eröffnungstage mehrfach mißglückte Vorstellung des
„Tannhäuser“ erschien am Sonnabend in wesentlich kor¬
rigierter Auflage. Den Musikern leuchtsten jetzt die schönsten
Glühbirnen, so daß ein Doppelschlag von einer Zuckerbrezel wohl
zu unterscheiden war. Ein ähnliches Licht ist vielleicht inzwischen
auch dem Vertreter der Titelrolle. Dr. Nordeck, aufgegangen;
denn mir gesiel er. Stimme und Gesang berührten mich durchaus
wohlig. Frau Fürst als Venus bot ehre äußerst schwierige Partie
aller Wertschätzung wert, und auch Frl. Ziekow=Junge war
eine Elisabeth besserer Qualität. Wie es kommt, daß Kammer=
sänger Rains (Landgraf) und van der del! (Wolkt
er Murgenpest, Berlin
Ausschnitt aus:
250111915
vom:
Schnitzlers „Komädie der Worle.
Die Aufführung des Lessingtheaters.
Der neue Einakter=Zyklus, den Arthur
Schnitzler drei Jahre nach dem „Professor Bern¬
hardi“ den Bühnen übergeben hat, erinnert mit
seinem Haupttitel und in seiner bald schatten¬
dunklen, bald witzig=heiteren Skepsis an die
„Lebendigen Stunden“. Damals folgte auf drei
ernste Dramen das Satyrspiel „Literatur“. Jetzt
heißt die burleske Abwandlung des gemeinsamen
Motivs „Große Szene“. Aber sie steht nicht
am letzten Platz, sondern in der Mitte zwischen
zwei Stücken, die, gegen dieses formvolle, reizende
Werk gehalten, blaß und erklügelt sind.
Die „Stunde des Erkennens“, die den
Anfang macht, berührt sich mit der „Gefährtin“
(aus dem Zyklus „Der grüne Kakadu“). Wiederum
das grausame Finale einer Ehe, Wahrheit nach
langen Jahren des Schweigens; die Schuld der
Frau, die nur treulos aus seelischer Einsamkeit
schien, vertieft zu einer Treulosigkeit der heischen¬
den Sinne. Nichts ist so schnitzlerisch wie dieser
Abschiedston, doch überspitzt und durch eine un¬
sichtbare vierte Person belastet ist der von dem
kleinen Schauspiel vorausgesetzte Konflikt. Den
Achtungserfolg, den es im Lessingtheater hatte,
dankt es seiner Stimmung und dankt es der
Wiedergabe. Bassermann stellt den unver¬
söhnlichen Ehegatten dar, den Arzt Dr. Eckold,
der, als die Tochter das Haus verlassen hat, der
„Gefährtin“ seinen bisher verborgenen Haß ins
Antlitz schreit; und schon durch seine Maske, durch
seinen starren, bösen Blick übt er eine zwingende
Suggestion aus. Seine Partnerin ist Fräulein
Lossen, die die Wiener Bürgersfrau, die
„große Liebende“ zu einer schmerzbewegten
Rebekka West vergeistigt.
Im „Bacchusfest“ das den Zyklus ab¬
schließt, handelt es sich um die Ehe eines Drama¬
tikers. Irgend einen jungen Mann hat seine
kleine Frau, die Abwechslung ersehnte, ihm vor¬
gezogen. Im Wartesan: des Salzburger Bahn¬
hofs erreicht er das Pärchen. Die kleine Frau,
die ihren berühmten Dichter noch immer liebt,
sieht mit Aerge., dann mit Genugtuung, wie der
junge Mann, verlegen stotternd, nach einem schüch¬
ternen Versuch, energisch zu werden, seine neuen
Rechte preisgibt. Ihr legitimer Besitzer erzählt
hierbei vom Stoff seines neuen Dramas, vom
griechischen Bacchusfest, von der kurzen Ge¬
schlechterfreiheit, deren Mißbrauch über die
heilige Nacht hinaus mit dem Tod bestraft wor¬
den sei. Ein anspruchsloses Lustspiel, zu dem
der allegorische Putz nicht passen will; und der
augenwälzende Dichter=Pascha ist für Basser¬
mann undankbar, weil auch hiet, in einen
scherzhaften Dialog, die wütende Nachsucht des
Cckold sich eindrängt.
Die „Große Szene“ wird für Bassermann
werden, was der gefeierte Mime in Bahrs „Gelber
Nachtigall“ hatte sein sollen: die Paraderolle,
die ihm erlaubt, sich auszutoben. Er ist hier der
selbstherrliche Tragöde, um den sich der lite¬
rarische Direktor reißt, der vor dem „Hamlet“
lärmend durch das Hotelzimmer wandert, dem
die Bühnenkandidatinnen nachlaufen und die
jungen Bräute, und der, als „Hamlet“ kostümiert,
noch einmal aus der Garderobe zurückkehrt, um
seine schmollende Frau persönlich wegzutragen.
Aber nicht nur die äußere Umwelt des Theaters
zeichnet Schnitzler; er faßt den Menschentypus,
das sellsame Durcheinander von Lüge und Wirk¬
lichkeit, das schon in den „Letzten Masken“ uns
erschreckte, und das für ihn das furchtbare oder
lächerliche Geheimnis jeder Kunst ist. Basser¬
manns strahlender Uebermut, Bassermanns
Freude an diesem Schauspiel im Schauspiel sind