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O M C
26.1 Kdie der Norte—zyklus
Bähne und Welt.
* R.u G
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Rundse
mühenden Seelenanalyse fehlt, ist trotz aller
missen läßt? Herr Mann soll aus Galizien
Nachahmung Ibsens der Lebensnerv, die
stammen, das ist ein versöhnender Zug, aber
innere Wahrheit.
unversöhnlich mit dem Wesen Parsifals und
Mag der Seelenarzt
dem Geist deutscher Sprache ist und bleibt
Schnitzler sein Gesicht noch so mühsam in
schuh dem Feministen Ibsen zu. Die Lehre
die Falten des ernsten Diagnostikers legen,
seine fremdartige Behandlung deutscher
der „Nora“ von dem unbedingten Rechte der
ich sehe überall nur Künstlei und Spielerei,
Laute. (Der Vorstellung, in der ein an¬
Persönlichkeit, auch der weiblichen, meinte
geheime oder keck sich vordrängende Frivo¬
derer, Herr Gloherger, den Parsifal gab,
er zu widerlegen, indem er den Handlungs¬
lität, lüsterne Sinnlichkeit und bedenkliche
konnte ich nicht beiwohnen, da ein Platz
grundriß des Ibsenschen Schauspiels unge¬
Erotik, eine Mischung, mit der alles bla¬
nicht mehr zur Verfügung stand.) Von den
fähr nachzeichnete. Doch hätte Strindberg
anderen Darstellern verdienen vor allem die
sierte Philosophieren, gemildert durch Sen¬
Herren Stephanie (Gournemanz) und
auch nicht kurioserweise das moderne Pro¬
timentaliät, mich nicht aussöhnen kann;
auch nicht das ausgezeichnete Spiel, mit der
Schützendorf (Klingsor), auch Frau Schel¬
blem ins geschichtliche Zeitalter der Refor¬
die Künstler des Hoftheaters den Einaktern
per (Kundry) genannt zu werden.
mation verlegt, wodurch die Oberflächlichen
zum Erfolge zu verhelfen suchten.
zu einem: „Ja, damals .. .!“ einigermaßen
Auf dem Gebiete des Schauspiels wäre
Dr. Karl, Bergir,
gereizt wurden — bewiesen hätte Strindberg
als glückliches Ereignis die Aufführung von
ere
Shakespeares „Coriolan“ zu ver¬
so wenig gegen Ibsen, wie Ibsen etwa gegen
zeichnen, wohlgemerkt auch eine Erstauffüh¬
Shakespeares Petrucchio. Jedes Drama hat
rung für unsere Hofbühne, rund dreihundert
am Ende seine Weisheit nur für sich selbst,
Jahre nach der Entstehung des Werkes.
seine Wahrheit und Lehre nur für die eigenen
Wenn Stimmen dahin laut werden, man
Personen. Schicksale, einander noch so ähn¬
dürfe in den schweren Zeiten dieses Welt¬
lich, unterscheiden sich im tiefen Grunde in
krieges Werke von „feindlichen Ausländern“
den Charakteren derer, die sie erleben. Be¬
auf unseren Bühnen nicht dulden, so ge¬
wiesen hat also Strindberg höchstens für
bührt der Hoftheaterleitung für die Dar¬
Herrn und Frau Bengt, daß sie über den
bietung des stolzen Werkes ein besonderes
Lob. Die tragische Größe des hochsinnigen,
Riß ihrer Ehe, hervorgerufen durch den
leidenschaftlichen Römers fand in Hans
Mangel gegenseitigen Vertrauens hinweg¬
Baumeister einen verständnisinnigen Dar¬
kommen mußten, weil ihr Ehesinn der Be¬
steller. — Eine andere Erstaufführung, die
lehrung fähig war. Man mag ohne weiteres
des „Komödie“ benannten, nicht einmal
bekennen, daß der psychologische Beweis
recht possenhaften Schmarren „Der gut¬
im festumschriebenen Falle überraschend ge¬
sitzende Frack“ von Gabriel Dre¬
lungen ist. Strindberg zwischen den Polen
gely führt in Tiefen unseres Bühnen¬
menschlicher Erkenntnis mit immer aufrich¬
wesens, wo mit der Kunst auch die „Moral“
aufhört. Wieder aufwarts dagegen reißt
tigen, immer gegensätzlichen Bekenntnissen
uns Max Halbes theatralisch wirk¬
schwankend, hat in diesem Schauspiel der
sames, aufregendes Drama „Der
von ihm so oft grimmig verdammten Ehe
Strom“ das man nach mehrjähriger
Lob gesungen!
Verbannung von unserem Spielplan in
Die Zeitgenossenschaft war auf den
dankenswerter Weise wieder ausgenommen
Bühnen Berlins durch Arthur Schnitzler,
hat. Vermag Halbe auch nicht zur großen
Georg Hermann, Walter Harlan und Otto
Tragödie durchzudringen, so bietet er doch
Falckenberg ernsthaft vertreten. Im Lessing¬
im einzelnen mancherlei Feines und Gutes,
theater fand sich zu Schnitzlers Einakter¬
zeigt er doch wahrhaft künstlerischen
0
Ernst, auch da, wo ihm die Kraft, das Kön¬
zyklus „Komödie der Worle h eine
nen versagen. Wenn Virtuosität, raffiuiert
Gemeinde von Feinschmeckern, die sich gerne
geschickte Mache gleichbedeutend mit Kunst
in das selbstironische Spiel der Worte verlor.
und künstlerischem Schaffen wäre, müßte
Bassermann trug den bescheidenen Erfolg des
Schnitzler als ein Großer
Abends, der nur nach des Dichters und des „
Arthn## drei Einakter,
gelten.
Schauspielers Virtuosenleistung im Mittep“
„Stunde des Erkennens“, „Das
stück („Die große Szene“) ein wenig lebhafter
Bacchusfest“ „Große Szene“, die
wurde.
hier und gleichzeitig auch in Frankfurt a. M.
Georg Hermann hat seinem reizvollen
und in Wien ihre Uraufführung erlebten,
zeigen ihn als den längst bekannten müden,
Doppelroman aus dem biedermeierischen
ironischen Skeptiker, dem jeder Schwung
Judentum Berlins nun auch noch den letzten
und-alle-Begeisterungsfähigkeit fehit. Der
Tropfen für die dramatisierte Fortsetzung von
Mittelpunkt dieser unter dem Titel „Ko¬
„Jettchen Gebert“ ausgepreßt und mit dem
mödie der Worte“ zusammengefaßten
unvergleichlich undramatischen Schauspiel
Einakterfolge ist wieder das Weib, die „bes¬
„Henriette Jacoby“ neuerdings und erheblich
sere Dirne“ oder auch, wie im „Bacchus¬
fest“ eine reichlich dumme Gans, die Haupt¬
sache ist eine mehr oder wenig tief genom¬
„Österreichische Rur
mene Liebelei; die Form die geistreiche oder
Redaktionsschluß am 11. Januar 191.
geistreich tuende Plauderei. Was dieser
Herausgeber: Leopold Freiherr
wichtig sich gebärenden psychologischen Tif¬
Dr. Felix Freiherr von Opf
telei, dieser unscheinbar tiefe Rätsel sich be¬1
Chefredakteur: Dr. Glossy. Verantwortlicher
Papier: Steyrermühl. — Buchdruckerei Carl Fi
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Bähne und Welt.
* R.u G
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Rundse
mühenden Seelenanalyse fehlt, ist trotz aller
missen läßt? Herr Mann soll aus Galizien
Nachahmung Ibsens der Lebensnerv, die
stammen, das ist ein versöhnender Zug, aber
innere Wahrheit.
unversöhnlich mit dem Wesen Parsifals und
Mag der Seelenarzt
dem Geist deutscher Sprache ist und bleibt
Schnitzler sein Gesicht noch so mühsam in
schuh dem Feministen Ibsen zu. Die Lehre
die Falten des ernsten Diagnostikers legen,
seine fremdartige Behandlung deutscher
der „Nora“ von dem unbedingten Rechte der
ich sehe überall nur Künstlei und Spielerei,
Laute. (Der Vorstellung, in der ein an¬
Persönlichkeit, auch der weiblichen, meinte
geheime oder keck sich vordrängende Frivo¬
derer, Herr Gloherger, den Parsifal gab,
er zu widerlegen, indem er den Handlungs¬
lität, lüsterne Sinnlichkeit und bedenkliche
konnte ich nicht beiwohnen, da ein Platz
grundriß des Ibsenschen Schauspiels unge¬
Erotik, eine Mischung, mit der alles bla¬
nicht mehr zur Verfügung stand.) Von den
fähr nachzeichnete. Doch hätte Strindberg
anderen Darstellern verdienen vor allem die
sierte Philosophieren, gemildert durch Sen¬
Herren Stephanie (Gournemanz) und
auch nicht kurioserweise das moderne Pro¬
timentaliät, mich nicht aussöhnen kann;
auch nicht das ausgezeichnete Spiel, mit der
Schützendorf (Klingsor), auch Frau Schel¬
blem ins geschichtliche Zeitalter der Refor¬
die Künstler des Hoftheaters den Einaktern
per (Kundry) genannt zu werden.
mation verlegt, wodurch die Oberflächlichen
zum Erfolge zu verhelfen suchten.
zu einem: „Ja, damals .. .!“ einigermaßen
Auf dem Gebiete des Schauspiels wäre
Dr. Karl, Bergir,
gereizt wurden — bewiesen hätte Strindberg
als glückliches Ereignis die Aufführung von
ere
Shakespeares „Coriolan“ zu ver¬
so wenig gegen Ibsen, wie Ibsen etwa gegen
zeichnen, wohlgemerkt auch eine Erstauffüh¬
Shakespeares Petrucchio. Jedes Drama hat
rung für unsere Hofbühne, rund dreihundert
am Ende seine Weisheit nur für sich selbst,
Jahre nach der Entstehung des Werkes.
seine Wahrheit und Lehre nur für die eigenen
Wenn Stimmen dahin laut werden, man
Personen. Schicksale, einander noch so ähn¬
dürfe in den schweren Zeiten dieses Welt¬
lich, unterscheiden sich im tiefen Grunde in
krieges Werke von „feindlichen Ausländern“
den Charakteren derer, die sie erleben. Be¬
auf unseren Bühnen nicht dulden, so ge¬
wiesen hat also Strindberg höchstens für
bührt der Hoftheaterleitung für die Dar¬
Herrn und Frau Bengt, daß sie über den
bietung des stolzen Werkes ein besonderes
Lob. Die tragische Größe des hochsinnigen,
Riß ihrer Ehe, hervorgerufen durch den
leidenschaftlichen Römers fand in Hans
Mangel gegenseitigen Vertrauens hinweg¬
Baumeister einen verständnisinnigen Dar¬
kommen mußten, weil ihr Ehesinn der Be¬
steller. — Eine andere Erstaufführung, die
lehrung fähig war. Man mag ohne weiteres
des „Komödie“ benannten, nicht einmal
bekennen, daß der psychologische Beweis
recht possenhaften Schmarren „Der gut¬
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sitzende Frack“ von Gabriel Dre¬
lungen ist. Strindberg zwischen den Polen
gely führt in Tiefen unseres Bühnen¬
menschlicher Erkenntnis mit immer aufrich¬
wesens, wo mit der Kunst auch die „Moral“
aufhört. Wieder aufwarts dagegen reißt
tigen, immer gegensätzlichen Bekenntnissen
uns Max Halbes theatralisch wirk¬
schwankend, hat in diesem Schauspiel der
sames, aufregendes Drama „Der
von ihm so oft grimmig verdammten Ehe
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Die Zeitgenossenschaft war auf den
dankenswerter Weise wieder ausgenommen
Bühnen Berlins durch Arthur Schnitzler,
hat. Vermag Halbe auch nicht zur großen
Georg Hermann, Walter Harlan und Otto
Tragödie durchzudringen, so bietet er doch
Falckenberg ernsthaft vertreten. Im Lessing¬
im einzelnen mancherlei Feines und Gutes,
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zeigt er doch wahrhaft künstlerischen
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Ernst, auch da, wo ihm die Kraft, das Kön¬
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Gemeinde von Feinschmeckern, die sich gerne
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und künstlerischem Schaffen wäre, müßte
Bassermann trug den bescheidenen Erfolg des
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Schauspielers Virtuosenleistung im Mittep“
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hier und gleichzeitig auch in Frankfurt a. M.
Georg Hermann hat seinem reizvollen
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zeigen ihn als den längst bekannten müden,
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geistreich tuende Plauderei. Was dieser
Herausgeber: Leopold Freiherr
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Dr. Felix Freiherr von Opf
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Chefredakteur: Dr. Glossy. Verantwortlicher
Papier: Steyrermühl. — Buchdruckerei Carl Fi