II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 316

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26.1. Konoedie der Norte zuklus
AusschnitGszer Volkeblat:
vom: öft3.1375
an
Theater, Kunst und Musik.
Schauspielhaus.
Schnißlers Kam### der Worte“.
Die christlichsoziale Wiener „Reichspost“ führt einen
erbitterten Kampf gegen die derzeitige Leitung des Burg¬
theaters, gegen das Repertoire, das in dieser schicksalsschweren
Zeit alles eher als ethischen oder nationalen vaterländischen
Aufschwung bekundet. Über Schnitzlers dichterische Offen¬
barung im Weltkriege schrieb sie: „Wir wollen dieser Komödie
(Ouellenangabe Sune Gewant..
der ohnedies allzuvielen Worte nicht viele Worte der Kritik
widmen. Der Raum ist kostbar in diesen Tagen großer Er¬
Ausschnitt aus: Ipräger Taghiat,
eignisse. Kurz und glatt: Dummes, widerliches Geschwätz.
Leipzig
Geschwätz von anrüchigen Weiberaffären, von verluderten
vom:
ERRR
Frauen, von betrügerischen Freunden des Ehemannes, Ver¬
fall der Sitte, Verseuchung aller Reinheit, Verneinung aller
Aus den Wiesbadener Theatern
Sugend, Betrug an jedem Glauben, Bruch an jeder Treue,
Aus Wiesbaden wird uns geschrieben: Das König¬
ein Faustschlag in das Antlitz aller Wahrheiten. Und alles dies
liche Theaker brachte die Erstaufführung von Ibsens vier¬
unter dem Deckmantel einer melancholisch=weltmännischen Geste
aktigem Schauspiel „Helden auf Helgoland' (Nordische
der Noblesse, unter dem schwärmerischen Augenaufschlag be¬
Heerfahrt). Dieses frühe Werk Ibsens, dem jedoch nichts von
sonderer Kultiviertheit. Zugegeben: Diese Sprache klingt
einem Erstlingswerk anhaftet, so klar und machkvoll entrollt es
wohlgefeilt, schön, glänzt und sprüht von scheinbarem Geist.
sich, so gewandt ist die Bühnentechnik, wurde hier vor gut be¬
suchtem Hause, sehr beifällig ausgenommen. Die Darstellerin der
Aber so wenig gepflegte Fingernägel einen seelisch verluder¬
Hjördis spielte Fräulein Helene Senken aus Frankfurt a. M.,
ten Menschen rein machen können, eben so wenig macht diese
die besonders im zweiten und dritten Akt eine prächtige, über¬
rein äußerliche Kultur einen Dichter. Wir sind nun einmal
ragende Leistung bok. Herr Everth war ihr ein ebenbürtiger
so altmodisch gründlich, allen Dingen auf den Kern zu gehen
Partner. Herr Legal führte umsichtig die Spielleitung und schuf
und uns durch keinen komödiantischen Schein betören zu
im Verein mit den Malern Geyer und Schleim künstlerisch
lassen. Der Kern fast aller Schnitzlerschen Dichtungen aber ist:
schöne Bühnenbilder.
Tiefernste Wurmstichigkeit. Wollen wir wirklich an deutschem
Das Residenz-Theater arbeitet eben wieder recht gut.
Meist gibt es volle Häuser, und die Jubiläumsvorstellungen häufen
Wesen genesen, so werden wir diesen angeblich deutschen
sich. So hai der Schwank „Herrschaftlicher Diener ge¬
Dichter mundtot machen müssen.“ Schnitzler, der deutsche
jucht“ die 25. Aufführungsziffer längst überschritten. Dres¬
Lieblingsdichter des „neutralen“ Amerika, ist tatsächlich auch
selige Exzellenz'
3 feinkomisches Lustspiel
b
im Weltkrieg derselbe internationale Allerweltsdichter ge¬
steuert schnell auf diese Zahl zu. Und als drittes im Bunde wäre
blieben. Das mag Ursache sein, daß seine „Komödie der
noch Schniklers „Komödie der Worte“ zu nennen, das
der Worte“ auch in nationalen Zeitschriften, wie Thürmer,
immer volle Häuser bringt. Die starken Erfolge der drei ge¬
Kunstwart, Tal, schärfste Ablehnung erfuhr. Der stark in pro¬
nannken Stücke sind dem Schauspieler Werner Hollmann zu
verdanken, der besonders als Schauspieler in dem zweiten Ein¬
testantischem Freisinn arbeitende Eugen Diederichs (Jena)
akter der „Komödie der Worte', „Die griße Szene einen un¬
zum Beispiel sieht in Schnitzlers Komödie „Die Leugnung
gewöhnlichen Erfolg errang. Von den jungen talentvollen“
der germanischen Auffassung von der Heiligkeit des Lebens
N.
Künstler läßt sich noch viel erwarken.
und der Tragik, die die Verletzung seiner Gesetze nach sich
Gastid. Onssib.
zieht. Gut, mag ein negierender Geist auftreten wo er will,
warum lehnen ihn aber die Germanen, die im Zuschauer¬
raum sitzen, nicht ab?“ Graz hat Schnitzler nie, auch diesmal
nicht, abgelehnt. Sind zu wenig Germanen da? Derzeit viel¬
leicht, aber auch früher — das vollbesetzte Haus war im Banne
der wohlgepflegten Worte, der eleganten Gesellschaftskultur,
die über alle sittlichen Begriffe, die uns Philistern aus reli¬
giösen oder nationalen Gründen noch heilig sind, dahingaukeln.
War im Banne der prachtvollen Darstellung Harry Wal¬
dens, der in allen drei Stücken den betrogenen und betrü¬
genden Ehemann gab. Er kand in unseren Darstellern würdige
Partner, in den Damen Schuhert, Kögl, Schürmann
in den Herren Großmann, Kainz, Beraun. Herr
Mödlinger gab im Berliner Theater=Direktor und im Sta¬
tionsschaffner zwei ganz entgegengesetzte, aber beide charak¬
teristisch humorvolle Gestalten.
S.