II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 349

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Reichenberger StadtthedBr.
Komödie der Worte.
Wrei Emnalter von Arthur Schnißier.
Arther Schnitzler ist neben Bahr von den
Jung=Wien Poeten der Bringer der Literatur¬
moden. Die aus seinen früheren Werken be¬
kannten Eigenarken treten auch in den drei Ein¬
aktern zutage, die der Dichter unter dem Titel
„Komodie der Worte“ zusammengefaßt hat,
wenn ihnen auch die alte drametische Krazt
nicht mehr inezüwohnen scheint. Sicherlich aber
zeichnen sich diese lünstlerich mit leichter Hand hin¬
geworfenen Sützzen ducch einen feinen, zwangos
natür ichen und geistvollen Dialog aus. Beson¬
ders versteht es Schnitzter auch hier, durch die
psychische Ausgestaltung seiner Charaktere den
Zuhörer zu fesse.n.
In der „Stunde der Erkenntnis“ löst
Dr. Eckod die eheliche Gemeinschaft mit seiner
Gattin K.ara, weil er des Glaubens ist,
daaß
diese vor zehn Jahren ein Liebesverhältnis mit
Professor Ormin Unterhalten habe, einem Manne,
dem das Schalsal alles gegeben, was ihm selbst
##t
versagt worden war. Zehn lange Jahre
Eckold seines Kindes wegen geschwiegen, nun
aber, da dieses verheiratet ist, schlägt für ihn
die Stunde der Erkenntns. Jetzt gesteht er seinem
Weibe, daß seine Zartichleiten seit jenem Treu¬
bruche nichts anderes gewesen seien, als der
Gefühlsausdruck eines Mannes zu einer Dirne.
Kara, die damals nicht mit Ormin, sondern mit
dem Schöngeiste Flöding ihren Gatten vernach¬
lässigt hatte, läßt diesen in seinem Irrtum
und ver äßt für immer das Haus
(ie „Große Szene“ spielt der flatterhafte
Schaussieler Herbot dem jungen Edgar Gley vor,
indem er ihm durrch einen Brief mit gesä'schtem
Tatum klarmacht, daß Detsh, die Blaut Edgars,
nemals mit ihm ein Verhältnis gehabt habe.
Die Frau Herbots, Sophie, welche eben wegen des
Treubruches mit Duisy ihren Mann ver assen
hatte, und nun, da sie ihm verzeihen will,
Zeuge dieser Szene wird, wirk, durch die lügen¬
haften Worte; von der Unveröesser ihleit Her¬
bots überze gt, abermas von dannen gelin, doch
als dieser von der Theatergarderobe als Hiam¬
tet zu ihr hereinstürzt und sie in glühenden
Worten seiner Liebe versichert, fällt sie ihm ver¬
zethend in die Arme.
Im „Bachusfest“ wil sich Frau Agnes
von ihrem Manne, dem Schriftsteller Felix Stauf¬
ner, scheiden assen, weil dieser im Stabaital
mit einem Fräulein Walther eine Bekanntschaft
angelnüpft hat, und den um sie werbenden Dr.
Wernig zu heiraten. Wie Agnes nun mit Dr. Wer¬
nig ihrem Gatten nach dessen Zurückkunft aus
der Sommerfrische von ihrem Entschlusse Mittei¬
lung machen will, versteht es Felir, die ganze
Angelegenheit mit Zuhilfenahme des Inhaltes sei¬
nes neuen Drämas „Das Bacchusfest“ so zu seinen
Gunsten zu drehen, daß Dr. Wernig auf die
Hand Agnes' für immer vertzichten muß. Felix
giöt nun seinerseits die Belanntschaft aus dem
Stubaitalk preis und lebt wieder ganz für seine
Die Aufführung der drei Komidien war
im allgemeinen eine gute, wenn auch das
Tempo zeitwei ig etwas schleppend war. Beson¬
dere Anerkennung verdient vor allem Wilhelm
Doin, der in den Rollen des Dr. Eckold, des
Schaufpielers Herbot und des Schriftstellers
Stäufner gleich vorzügliche Leistungen bot. Am
besten gesiel er in der „Großen Szene“. Als
Klara zeigte Alma Sorel in Spiel und Sprache
feinste Printierung. C.la Swoboda war als
Sophie ein reizend schmollendes F.auchen, Maria
Jaghas Agnes war in der Sprache zu farblos.
Lobende Erwähnung verdienen noch Pani Hoppe
(Professor Ormin), Eduard Gebhard (Edgar
Gley und Dr. Wernig) und Leopold Brandt
(Dr. Falk). Letzterer zeichnete auch für die Spiel¬
leitung. Das Theater war ausverkauft.
P.
27 3fl. 1919
Marienbnder Zeitung
Marie
Theater und Musk.

— Usmödie des Worte.
6e
(Einakterzyklus: „Stunde des Erkennens“, „Die gro
Szene“, „Das Bacchusfest“.) Von Arthur Schnitzler.
Ueber den Inhalt dieser drei geistreichen¬
Stücke könnte man ein ganzes Buch schreiben.
Schnitzler wirft hier Probleme auf, die des
Nachdenkens wert sind und die, in Buchform
behandelt, stets das Interesse des Lefers finden
werden. Auf der Bühne wirken sie weniger, denn
es fehlt ihnen die Handlung; es bedurfte der
großen Bühnentechnik Schnitziers, um sie über= I##
haupt aufführungsfähig zu machen. Für die
große Masse sind sie gewöhnlich zu schwere Kost.
Daß diese Stücke bei uns so gute Aufnahme
fanden, stellt unserem Theaterpublikum ein gutes
Zeugnis aus.
Die Aufführung ist bei solchen Stücken die
Hauptsache. In dieser Hinsicht ist vor allem
die Leistung des Herrn Lichtenberg zu erwähnen,
der in allen drei Stücken der Träger der
Hauptrolle war. Sowohl als Eckold, wie als
Herbot und Staufner war er gleich gut. Das
ist eine Leistung, die vollste Anerkennung ver¬
dient. Das gleiche gilt für Frl. Fabri als Klara,
Sophie und Agnes. Sehr gut gefielen auch die
Herren Hofmann, Steinherr und Mittler. Dank
dem vorzüglichen Spiel dieser fünf gediegenen
Darsteller und der guten Regie des Herrn Nasch
kam der Gehalt der drei Stücke voll zur Geltung.
Es war eine gute Aufführung, die noch bessere
in sichere Aussicht stellt.
Das Publikum unterhielt sich denn auch am
Samstag abends ausgezeichnet und spendete den
J. u.

Hauptdarstellern reichen Beifall.