II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 379

26.1. Kongedie der Norte ZukIus
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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Bearbeitet die deutsche und ausländische Presse auch auf Inserate.
Lietert Listen über geplante Bauten aller Art. Geschäftseröffnungen.
Pestlichkeiten usw.
Berliner Morgenpost
Berlin SW. 10
Ausschnitt aus der Nummer vom:
3 • MAl W24
Theater=Kunst
Wissenschaft
„Komödie der Worse“.
Bassermann in den Kammerspielen.
Die drei Einakter, die Arthur Schnitz¬
ler unter diesem Titel zusammenfaßte, und die
schon vor neun Jahren im Lessing=Theater ge¬
spielt wurden, muten heute wie Zeugnisse einer
vergangenen und mitunter etwas müden Kunst
an, aber sie haben doch noch fließendes Bühnen¬
blut, wenn ein Genje wie Bassermann über
sie kommt.
Wirkliche Kraft und hegenwärtige Wirkung
steckt freilich im Grunde nur in der „Großen
Szene“. Ein berühmter Schauspieler, ver¬
wöhnter Liebling des Glücks, des Publikums,
der Weiber, lügt sich aus der Fülle der Aben¬
teuer wieder zu der kleinen Frau zurück, die er
eigentlich doch nur allein liebt. Das ist etwas
für Bassermann. Er strahlt nur so vor Lebens¬
frische, von lässiger Eleganz, von kindlicher Ver¬
antwortungslosigkeit, der man nicht böse sein
kann. Die Szene, wie er sich dem Bräutigam sei¬
ner letzten Geliebten gegenüber mit hundert'
neuen Einfällen der Erfindung durchschwindelt,
ist ein kleines Meisterstück des Dichters — sie
wird in dieser Aufführung ein doppeltes Meister¬
stück durch die hinreißende, von innen leuch¬
tende Grazie des Darstellers. Kostbar, wie hier
der Mime im Leben Theater macht und dem ge¬
foppten Konkurrenten einen kolossalen Bären
aufbindet, den er so sorgsam ausmalt, daß er
schließlich glaubt, er habe die Wahrheit ge¬
sprochen. Der Scherz ist mehr als ein Scherz;
es verbirgt sich darin Schnitzlers tiefsinnige Auf¬
fassung von unserem sonderbaren Lebensspiel, in
dem wir oft selbst nicht mehr Wahrheit und Be¬
trug unterscheiden können.
In der „Stunde des Erkennens“ hat
Bassermann das Ekel von Ehemann zu spielen,
der die Entdeckung des Betruges seiner Frau
zehn Jahre mit sich herumträgt, um spät seine
kalte Rache zu genießen. In dem „Bacchus¬
fest“ wieder ist er der Gatte, der mit leichter
Mühe sein entlaufenes blondes Frauchen wie¬
der einfängt und dem Amoroso den Laufpaß gibt.
Hier wie dort weiß Schnitzler seine kultivierte
Art der Menschenschilderung aus dem Kreis der
bürgerlichen Gesellschaft des alten Oesterreich
glünzen zu lassen, aber die Fabeln sind doch so
gewaltsam konstruiert, die Entwickelung der
Pointen so kühl und bewußt berechnet, daß wir
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heute recht unbeteiligt gusehen. Immerhin macht
es Spaß, zu beobachten, wie Bassermann, der
Unverwüstliche, die Rollen abhebt, in Erschei¬
nung, Maske, Redeweise, in jeder Bewegung jedem
Blick der durchgefühlten Figuren. Man fühlt,
welche Freude es ihm ist, an einem Abend drei
Menschen mit der ganzen Luftschicht, in der sie
stehen, überrumpelnb lebendig zu machen. Das
Publikum hatte recht, entzückt zu sein.
Die Mitspieler können sich nur zum Teil in
respektvoller Entfernung neben dem wunder¬
vollen Matadoe halten. So Julia Serda und
Paul Bildt in der grauen Atmosphäre der
späten Ehe=Abrechnung, Sigmund Nunberg
als gewandter Theaterdirektor und die hübsche
Anni Mewes in der Rolle jenes blonden
Frauchens, das seiner Sinne so wenig gewiß ist.
Nicht vergessen möchte ich Herrn Sauter¬
Sarto, der einen dicken Bahnhofsportier aus
einst habsburgischen Gebirgsgegenden so behag¬
lich gab, daß ich mir sagte: Das möchte ich auch
spielen.
Max Osborn.