26. 1
box 32/6
N
KoWKus
Dr. Max Goldschmiet
Büro für Zeitungsausschnitte
Teleion: Norden 3051
BERLIN N 4
Nusschnitt aus:
Hunburger Fremdenblatt
10 Ko, 12h.
Thealer, Kunst und Wissenschaft.
Hamburger Kammerspiele.
Gastspiel Albert und Else Bassermann.
Der Titel „Komödie der Worte“
unter dem Schnitzler seine drei Einakter
zusammenfaßt,
die kreffendste Charakterisie¬
rung. Es sind kleine Komödien, in denen die
Worte ein=, zwei=, zehnmal umgedreht werden,
bis sich ihr verschleierter Sinn langsam ent¬
hüllt und bis hinter den Masken die Menschen
auftauchen, die mit dem Leben ein teils über¬
legenes, teils frevelhaftes Spiel treiben. Ein
Arzt bekennt mit boshafter Dialektik, daß er
die Untreue seiner Frau, die ihm im tieferen
Sinne trotzdem treu geblieben ist, schon vor
zehn Jahren erkannt hat (Stunde des Er¬
kennens“), ein großer Komödiant spielt
virtuos mit Wahrheit und Lüge, bis sie sich
ihm selber verwischen („Große Szene“), und
ein Dichter gewinnt die Frau, die ihm zu ent¬
gleiten droht, durch eine souveräne Komödie
Das
der Worte zurück („Das Bacchusfest“)
setzte der drei Stücklein ist das sympathischste,
weit hier aus Gauklertum aus einem Bewußt¬
ein von Wer und Unwert kommt. Deshalk,
auch war Albert Bassermann in dieser
letzten Rolle weitaus am stärksten. Es ist une
vergleichlich, wie er in beiläufig hingeworfenen
Reden letzte Entscheidung fällt, vor denen der
Partner, der zum Zwerge zusammenschrumpft,
sich zuletzt nur noch mit einer bekleckerten Ver¬
beugung empfehlen kann. Er läßt die Worte
mit lässigen Gebärden wie Perlen von einer?
Schnur fallen, er streichelt sie, glättet sie, wirst:
sie plötzlich wie Knallerbsen und wie Hand¬
granaten und sagt dann am Ende das Letzte
und Wichtigste mit einem rauhen, abgebrochenen;
Wort und einer abgebrochenen Geste. Alle die
vielen Einzelzüge der Darstellung sind in einen
zwingenden Umriß zusammengefaßt.
Die „Große Szene“ scheint bei oberflächlicher
Betrachtung dankbarere Motive zu bieten, weil
sie das Virtnosentum eines Stars in den
Mittelpunkt stellt. Aber hier entging auch
Bassermann nicht der Gefahr, zu vergröbern
und mit einer ausgelassenen Pathetik auf Reißer
hinzuspielen. In den Augenblicken des Ueber¬
muts entfaltete er ein bezauberndes Tempe¬
rament, und doch blieb die Gesamtleistung
zurück.
Der Sinn dieses Einakters liegt ja
gerade darin, daß das Theater, das Konrad“
Herbot spielt,
e unverfälschte Farbe des
Lebens trägt; bei Bassermann blieb es Theater.
In der „Stunde des Erkennens“ gab Basser¬
mann nur eine kleine Probe seines Könnens.
Die Rolle des Arztes ist zu konstruiert und so
durchdringend unsympathisch, daß sie sich einer
belebten Abrundung entzieht.
Die Frau des Schauspielers im Mittelakt
gab
e Bassermann. Ihre sym¬
pathische, aber etwas blasse Darstellung wurde
durch die leichte Selbsiverständlichkeit des Zu¬
sammenspiels mit ihrem Gatten wesentlich ge¬
stützt.
In anderen Rollen spielten Anni
Reiter, Herta Windschild, Walther Reuschle,
Gustaf Gründgens, Fritz Eßler und Paul Kemp
saubere Komödie. Der starke Beifall hatte den
Klang der Herzlichkeit, mit der man einem seit
Jahrzehnten verehrten Namen huldigt.
A. 1.
K
box 32/6
N
KoWKus
Dr. Max Goldschmiet
Büro für Zeitungsausschnitte
Teleion: Norden 3051
BERLIN N 4
Nusschnitt aus:
Hunburger Fremdenblatt
10 Ko, 12h.
Thealer, Kunst und Wissenschaft.
Hamburger Kammerspiele.
Gastspiel Albert und Else Bassermann.
Der Titel „Komödie der Worte“
unter dem Schnitzler seine drei Einakter
zusammenfaßt,
die kreffendste Charakterisie¬
rung. Es sind kleine Komödien, in denen die
Worte ein=, zwei=, zehnmal umgedreht werden,
bis sich ihr verschleierter Sinn langsam ent¬
hüllt und bis hinter den Masken die Menschen
auftauchen, die mit dem Leben ein teils über¬
legenes, teils frevelhaftes Spiel treiben. Ein
Arzt bekennt mit boshafter Dialektik, daß er
die Untreue seiner Frau, die ihm im tieferen
Sinne trotzdem treu geblieben ist, schon vor
zehn Jahren erkannt hat (Stunde des Er¬
kennens“), ein großer Komödiant spielt
virtuos mit Wahrheit und Lüge, bis sie sich
ihm selber verwischen („Große Szene“), und
ein Dichter gewinnt die Frau, die ihm zu ent¬
gleiten droht, durch eine souveräne Komödie
Das
der Worte zurück („Das Bacchusfest“)
setzte der drei Stücklein ist das sympathischste,
weit hier aus Gauklertum aus einem Bewußt¬
ein von Wer und Unwert kommt. Deshalk,
auch war Albert Bassermann in dieser
letzten Rolle weitaus am stärksten. Es ist une
vergleichlich, wie er in beiläufig hingeworfenen
Reden letzte Entscheidung fällt, vor denen der
Partner, der zum Zwerge zusammenschrumpft,
sich zuletzt nur noch mit einer bekleckerten Ver¬
beugung empfehlen kann. Er läßt die Worte
mit lässigen Gebärden wie Perlen von einer?
Schnur fallen, er streichelt sie, glättet sie, wirst:
sie plötzlich wie Knallerbsen und wie Hand¬
granaten und sagt dann am Ende das Letzte
und Wichtigste mit einem rauhen, abgebrochenen;
Wort und einer abgebrochenen Geste. Alle die
vielen Einzelzüge der Darstellung sind in einen
zwingenden Umriß zusammengefaßt.
Die „Große Szene“ scheint bei oberflächlicher
Betrachtung dankbarere Motive zu bieten, weil
sie das Virtnosentum eines Stars in den
Mittelpunkt stellt. Aber hier entging auch
Bassermann nicht der Gefahr, zu vergröbern
und mit einer ausgelassenen Pathetik auf Reißer
hinzuspielen. In den Augenblicken des Ueber¬
muts entfaltete er ein bezauberndes Tempe¬
rament, und doch blieb die Gesamtleistung
zurück.
Der Sinn dieses Einakters liegt ja
gerade darin, daß das Theater, das Konrad“
Herbot spielt,
e unverfälschte Farbe des
Lebens trägt; bei Bassermann blieb es Theater.
In der „Stunde des Erkennens“ gab Basser¬
mann nur eine kleine Probe seines Könnens.
Die Rolle des Arztes ist zu konstruiert und so
durchdringend unsympathisch, daß sie sich einer
belebten Abrundung entzieht.
Die Frau des Schauspielers im Mittelakt
gab
e Bassermann. Ihre sym¬
pathische, aber etwas blasse Darstellung wurde
durch die leichte Selbsiverständlichkeit des Zu¬
sammenspiels mit ihrem Gatten wesentlich ge¬
stützt.
In anderen Rollen spielten Anni
Reiter, Herta Windschild, Walther Reuschle,
Gustaf Gründgens, Fritz Eßler und Paul Kemp
saubere Komödie. Der starke Beifall hatte den
Klang der Herzlichkeit, mit der man einem seit
Jahrzehnten verehrten Namen huldigt.
A. 1.
K