II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 456

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Einakter von Schnitzler.
Akademiethealek¬
Sie sind in unserer Erinnerung seltsam verblaßt,
diese drei Einakter, die Artur Schnitzler unter dem
Gesamtnamen „Komödie der Worte“ zusammen¬
faßte. Da wir sie nun in einer Neustudierung der Burg!
im Akademietheater wiedersehen, haben sie den etwas
traurigen Duft und die vergilbten Farben längst ver¬
trockneter Blumen. Sie werden unter der Regie Herte¬
richs, die ja stets so sorgsam und mit so treuer Be¬
mühung zu Werke geht, im Kostüm der Zeit gespielt, in
der sie entstanden. Um etwa ein Vierteljahrhundert waren
wir damals noch jünger, als heute. Solches „Zurück¬
spielen“, wie man in der Theatersprache sagt, mag ja
gerade bei Schnitzler seine Berechtigung haben, denn seine
Gestalten tragen, soweit sie nicht früheren historischen
Epochen angehören, immer das Profil einer bestimmten
wienerischen Zeit, eben jener Zeit um die Jahrhundert¬
wende. Nicht zu verkennen aber ist, daß sie dadurch
unserem Gefühl noch weiter entrückt werden, noch
unlebendiger wirken und wie aus einem Panoptikum auf
die Bühne kommen.
Am lebendigsten spricht uns der mittlere dieser drei
Akte an: „Große Szene“ Ein Bravourstück, wie da
ein Schauspieler dem jungen Manne, dessen Braut er ver¬
führte und der nun von ihm Rechenschaft fordert, eine
große und pathetische Komödie vorspielt und seinen Ver¬
dacht beschwichtigt. Er berauscht sich schließlich selber sosehr
an seinem eigenen Wortschwall, daß er alle die Lügen,
mit denen er den anderen betört, beinahe selber glaubt.
Seine Gattin aber, die im Nebenraume Ohrenzeugin
dieser Szene ist, sieht alle Hoffnung zerstört, daß aus
diesem sosehr und aus Passion und sozusagen beruflich
verlogenen Manne jemals wieder ein ehrlicher Mensch
werden könne. Hier steht neben der Komödie der Worte
die Tragödie einer zu ständigem Leid verurteilten Frau.
Minder klar und schicksalhaft die „Stunde des Er¬
skennens“, Abrechnung zwischen den Gatten, die bisher
dem Kinde zuliebe schwiegen und Frieden wahrten, aber
nun, da das Mädchen verheiratet ist, jählings übereinan¬
der herfallen, als wären sie nicht von Schnitzler, sondern
von Strindberg. „Das Bacchusfest“ macht den
Schluß. In der Bahnhofshalle holt sich der Gatte die
Frau zurück, die eben mit einem anderen durchgehen will.
In einer Viertelstunde hat er die Schwankende wieder¬
erobert und jener andere, der Entführer, zieht beschämt
ab. In allen drei Akten also: Verratene, verirrte Liebe,
gebrochene Ehe. Beliebtes Schnitzlerthema, darum nicht
erquicklicher, weil der Dichter tot ist und wir dem An¬
denken des Mannes, dem wir den „Jungen Medardus“
verdanken, verpflichtet sind.
Die drei Einakter, recht verschieden in ihrem
Unterhaltungswerte, wurden vom Publikum nicht mit
gleichem Vergnügen aufgenommen. „Große Szene“
schlug am stärksten ein, doch zeigte die Heiterkeit, die
sich hier kundtat, daß der ernstere Hintergrund dieses
Spasses übersehen wurde. In allen drei Akten stand
Balser als Ehemann auf der Bühne, bald ein Be¬
trüger, bald ein Betrogener. Er bewältigte alle drei
Rollen, so verschieden auch diese drei Aufgaben sein
mögen, in virtuosem Stile. Das Wienerische aber, das
hier vonnöten wäre, fehlt ihm gänzlich, und wenn er es
anstrebt, so wirkt das wie ein Witz. Die drei Frauen
heißen: Pünkösdy, Mayen und Wagener. Drei
gute Besetzungen. Immer ist die jeweilige Charakter¬
tönung, auf die es ankommt, ausgezeichnet getroffen.
Herr Höbling, Herr Bettac, Schmidt, Zeska
betreuen mit künstlerischem Ernste ihre Rollen in diesen
kleinen, wortreichen und handlungsarmen Komödien,
b
deren Wiederauffuyrung nicht eben zu den dringendsten
B.
Aufgaben des Burgtheaters zählte.
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Im Akademietheater spielt man nach Jahren wieder
die „Komödie der Worte“ von Artur Schnitzler und das Wien
von damals wird plötzlich wieder sichtbar als das Wien der
Vorkriegssorgen, die, wie man jetzt konstatieren kann, keine
eigentlichen Sorgen gewesen sind! Bel Schnitßler geht es 1##
Innenleben des Menschen hoch her. Geistig unterhaltsam ge¬
führte Debatten über Zufälligkeit der Liebe, Spaß der Treue,
Reiz des Betrügens und Betrogenwerdens, Wehmut eines
Abschieds und Freude einer neuen Begegnung stehen un¬
verwelkt, aber doch einigermaßen historisch geworden im
Raum seiner Stücke, an die man wie an eine Maifahrt in
den Prater denkt, mit Fiakern und vierspännig.
Es sind schöne Erinnerungen, die Schauspieler des
Burgtheaters nehmen sich ihrer an und so wird es ein kleines,
herzliches Fest zu Artur Schnitzlers Ehren. Ewald Balser ist
hier der Schauspieler dreier Rollen, die verschiedenartig im
Charaktereologisch en und in den Physiognomien, doch das
Spielerische der Schnitzler-Menschen gemeinsam haben. Er
gibt sie alle drei ausgezeichnet, vielleicht zu gründlich, mit
zuviel Handwerkskenntnis und zu wenig Ahnung von den
Luftverhältnisgen bei Artur Schnitzler. So bringt er die
berühmte „große Szene“ in der er einen Mimen darstellt,
eine Welt der Lüge aufbauend, beinahe an die Grenzen, wo
der. Schwank beginnt und die Komödie lange zu Ende ist.
Richtig im Athmosphärischen der kleinen Stücke stehen Hilde
Wagener als eine Schriftstellersfrau, die nicht weiß, wer ihr
langweiliger ist, der Mann oder der Liebhaber, und Maria
Mayen als des großen Schauspielers Gattin, die das Kind,
das jeder Schauspieler im Grunde ist, richtig erkennend,
dankbar seiner Seele und seines Körpers Launen hinnimmt.